Kapitel 20

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Agathe

Die Geburtstagsfeier für die kleine Rosina war im vollen Gange. Die Gäste feierten, während die Kleine in den Armen ihrer Mutter schlief und ihr Bruder sich darüber wunderte, warum all die Gäste nicht für ihn da waren.

Agathe hatte sich in den Schlossgarten zurückgezogen, welcher an den Ballsaal grenzte. Laternen erleuchteten den geometrisch angelegten Garten, zu welchem Gläserne Türen und eine prächtige Terrasse führten. Es war dunkel, doch sie konnte nur wenige Sterne sehen. Friedrich unterhielt sich im Ballsaal mit Torsten. Die beiden verstanden sich gut. Sehr zu ihrem Missfallen. Doch noch mehr missfiel ihr die neuste Entwicklung.

„Majestät!" Marlon kam auf sie zu. Der Prinz trug einen silbernen Anzug. Etwas Blut klebte am Kragen seines weißen Hemds.

„Prinz Marlon. Was verleiht mir die Ehre Eurer Gesellschaft?"

„Ihr saht einsam aus." Er zwinkerte ihr zu.

„Und Ihr wollt dies ändern? Entzückend!" Sie klang mehr als nur sarkastisch, doch den Prinzen schien dies nicht zu stören.

„Euch ist sicher die kleine, entzückende Coralie aufgefallen?", fragte er mit einer wahren Unschuldsmiene.

Agathe schnaubte. „Allerdings. Worauf willst du hinaus? Junge?"

„Ihr seid sicher verärgert... Aber ich habe einen Vorschlag, welcher Euch gefallen könnte."

„Einen Vorschlag?" Das machte sie neugierig. Die beiden setzten sich auf eine Bank, die vor einem schlichten Springbrunnen stand. Das Wasser plätscherte leise. Agathe strich den Stoff ihres roten Kleids glatt und betrachtete den jungen Prinzen interessiert.

„Nun. Ich will den Thron."

„Und ich soll dir dabei helfen? Was hätte ich davon?"

„Auch. Aber nein, darum geht es nicht. Was haltet Ihr davon, unsere Königreiche zu verbinden?"

Agathe zog die Augenbrauen hoch und lachte ungläubig. „Inwiefern? Unsere Königreiche haben bereits eine Verbindung. Und ich bin verheiratet."

„Seid Ihr das noch lange? Ich habe gesehen, wie Ihr Euren Mann anseht."

Tatsächlich plante Agathe, Friedrich für seinen Fehler zur Rechenschaft zu ziehen. Eine Scheidung genügte ihr nicht. „Ist das ein Heiratsantrag? Was hätte mein Königreich davon?"

Marlon lehnte sich an die Bank und strich sich nachdenklich ein paar blonde Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Unsere Ressourcen. Vampire sind stark. Unsere Armee ist nicht so groß wie die Eure und auch unser Land ist klein, aber fruchtbar. Hier regnet es häufig und unsere Bauern erzielen fast immer gute Ernten. Zugegebenermaßen ist die letzte Ernte etwas geringer ausgefallen, aber es würde für uns alle reichen. Wenig Regen ist hier eine wahre Seltenheit. Ich hörte, dass Eurem Volk eine weitere Hungersnot bevorstehen könnte?"

Agathe nickte. Der Vorschlag des Jungen war nicht schlecht. Sie könnte so ihr Land vergrößern und eine Hungersnot abwenden.

„Natürlich erwarte ich, dass Vampire in Freiheit leben", fuhr Marlon fort. „Ich regiere als Euer Ehemann über das Sumpfland und ihr behaltet die alleinige Macht über Euer Land. Jeder hat seinen Teil. Ich plane, meine Eltern vom Thron zu stoßen. Schon bald."

„Ich teile Macht nicht gerne", wand Agathe ein. „Und was hält mich davon ab, mir dein Land einfach zu nehmen?"

„So wie ich das sehe, versucht Ihr derzeit alles, um einen Krieg zu verhindern. Eine gute Entscheidung, mit all den Dingen, die derzeit vor sich gehen. Eine Hungersnot? Eine gefährliche Krankheit? Aufruhr im Volk? Warum solltet Ihr das plötzlich ändern? Ein Krieg, jetzt, täte weder Euch noch Eurem Volk gut. Mein Volk wird Euch als Königin verehren. Wir regieren gemeinsam. Aber ich erhebe keinerlei Anspruch, über Eurer Land bestimmen zu können. Nur über die Vampire. Nur über mein Volk. Mein Land, dass bald unser Land sein könnte. Und gemeinsam könnten wir die Steppe erobern. Sobald das Problem einer nahenden Hungersnot abgewendet ist..."

Hexe - Die KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt