* NEWT'S SICHT *
Wir Lichter saßen oder standen verstreut im Zimmer und redeten durcheinander, oder blieben stumm. Ich war einer von denen, die still seine Gedanken nach hingen und ich seufzte laut auf. Meine Gedanken kreisten nur um Katie. Sie war der Mittelpunkt meines Lebens. Sie war mein Rettungsring und ich ein Ertrinkender, der mit jeder Sekunde tiefer im Meer ertrank. Alles lief auf sie zu. Jede einzelne Berührung, Gedanke und gar meine Atmungen. Einfach alles deutete auf Katie.
Doch sie war nicht mehr da. Sie war wie von Erdboden verschluckt und hatte kein Lebenszeichen hinterlassen. Ich lehnte verzweifelt mein Kopf gegen die Wand und zog meine Beine an mein Körper, wobei ich meine Arme um meine Knie schlang und wie ein elender nasser Sack auf dem Boden saß. Wann würde diese leere enden ? Ich fühlte mich komplett leer und schutzlos. Wie eine Hülle. Als hätte Katie mein Herz aus meinem Brust gerissen und wäre damit verschwunden.
Es wird besser...nach einer Zeit, flüsterte Aris.
Meine Augen streiften das Zimmer und blieben am Ende an ihm hängen. Unsere Blicke verankerten sich miteinander und ich schüttelte matt meinen Kopf. Es wird nicht besser werden. Rein gar nichts. Auch Aris wusste es. Ich hörte wie er Log, um mir einen kleinen Hoffnungsschimmer zu verleihen.
Wie hälst du es aus, ohne deine beste Freundin ?, wollte ich hilflos wissen.
Gar nicht, antwortete diese und er wendete sein Blick von mir ab. Ich sah wie er sein Kopf in seine Hände vergrub und anfing zu zittern. Ich öffnete mein Mund um etwas zu sagen, als plötzlich ein schriller Ton den Raum erfüllte. Erschrocken sprang ich auf. Dieses Geräusch kam mir bekannt vor. Es war der Alarm, dass immer erschien, wenn ein neuer Frischling zu uns auf die Lichtung kam. Alle Lichter sahen geschockt und verwirrt durch die Gegend und standen auf.
Erkennst du dieses Geräusch wieder ?,wisperte Aris. Der Alarm verschlang seine Stimme und ich warf ihm einen unwissenden Blick zu.
Natürlich ! Denkst du wir kriegen einen Frischling ?, wollte ich wissen und drückte meine Hände an meine Ohren und ich taumelte zu der Tür, an dem sich fast die Hälfte der Lichter versammelt hatten. Jeder rannte im Raum herum und suchten nach der Alarmanlage.
,,Nein ! Wir müssen von hier raus !",schrie Bratpfanne über den Lärm hinweg. James schüttelte panisch seinen Kopf.
,,Was ist, wenn gerade etwas schlimmes passiert und deshalb den Alarm ausgelöst haben ?",rief er zurück und er blickte ehrfürchtig auf die noch geschlossene Tür.
,,Deswegen müssen wir hier aus raus !". Bratpfanne rüttelte panisch an den Knauf, doch es bewegte sich kein Millimeter.
,,So ein Klonk ! Du hast die Klinke abgebrochen",brüllte er nun Minho an, der seelenruhig da stand und nichts erwiderte. Winston fing an heftig gegen die Tür zu hämmern und rüttelte wild an den Knauf. Doch es brachte nichts. Der Alarm wurde immer lauter und es fühlte sich an, als würde mein Kopf jeden Augenblick explodieren. Mein Sicht verschwamm und ich stolperte rückwärts, wobei mir schwindelig wurde.
,,Newt, alles gut bei dir ?",fragte Thomas besorgt. Ich schüttelte mein Kopf und massierte meine Schläfe, währenddessen der Alarm immer lauter wurde und in mein Kopf hallte.
,,Mir ist schwindelig",antwortete ich. Augenblicklich ertönte ein dumpfes Geräusch, das sich gegen den Alarm ankämpfte und wir alle wirbelten herum. Teresa lag bewegungslos auf den Boden.
,,Teresa !",brüllte Thomas auf und rannte zu ihr. Er schüttelte sie an ihren Schultern und versuchte ihre Augen zu öffnen. Seine Hände erfühlten ihren Hals, um sich zu vergewissern, dass sie noch ein Herzschlag hatte.
,,Sie lebt. Aber wie-",seine Stimme brach ab und er fiel leblos auf Teresa. Urplötzlich fingen an alle Lichter umzuklappen. Sie klappten wie Leichen auf den Boden und rührten sich nicht mehr.
,,Was ist los ?",schrie ich hastig zu James, der noch stand. Er zuckte mit sein Schultern und sah mich ängstlich an.
,,Ich glaube das ist der Alarm",brüllte er zurück. Unerwartet verdrehten sich seine Augen, bis man nur das Weise sah. James stürzte auf seine Knie, bevor er auf sein Gesicht landete.
,,Was ist verdammt nochmal los ?",brüllte ich ängstlich. Ein stechen machte sich in mein Kopf bemerkbar und ich fasste erschöpft mein Kopf. Ich fing an zu zittern und meine Beine knickten unter meiner Last zusammen. Meine Hände fingen mich auf und ich hustete krampfhaft. Schwarze bedrohliche Punkte machten sich bemerkbar. Ein quietschendes Geräusch lenkte mein Aufmerksamkeit auf die Tür. Es öffnete sich bedrohlich langsam und eine Silhouette kam zum Vorschein. Die Lichter hinter der Tür blendete mich.
Mich verließ die Kraft und ich lehnte mein Kopf auf den kühlen eisigen Boden. Ich hielt nur mühsam meine Augen offen und sah der Person zu, wie sie zögerlich in den Raum tritt. Ihre braunen welligen Haare umschmeichelten ihr Gesicht. Sie trug ein weißes reines sanft flatterndes Kleid und sie blickte schuldbewusst zu mir runter. Der Engel, der vor mir stand kniete sich hin und suchten meine Augen. Ihre blau-grünen Augen trafen meine und ich sah sie überrascht und erschrocken an. Ihre Lippen waren zu einem dünnen Strich verzogen und ihre glanzlosen Augen verharrten auf meine.
Sie strich mir durch meine Haare und das altbekannte kribbeln in meinem Bauch. Die abgestorbenen Schmetterlinge gebärten wieder und ich keuchte, als ihre Finger zärtlich meine Gesichtszüge nach fuhren. Ihre Haare kitzelten mich und je näher sie mir kam, desto mehr sah ich die Wunden. Ihre Hände suchten mein Nacken und sie hob mein Kopf sachte hoch. Ihre Lippen zitterten und sie presste sie auf meine. Ich stöhnte erlöst in ihrem Mund und krallte mich kraftlos in ihren Arm. Sie bewegte ihre Lippen gegen meine und ich spürte, wie ich langsam nachgab. Sie musste nur eine Einbildung von mir sein.
Und doch fühlte es sich unglaublich gut an. Meine Finger lösten sich ungewollt. Ich schmeckte etwas salziges heraus,was mir signalisierte, dass sie weinte. Engel sollten nicht weinen ! Sie zog mich näher an sich, ließ mich aber langsam los. Ihr Stirn traf meine und ich wusste, dass es kein Traum von mir war. Sie war echt. Sie war hier. Ich grinste leicht. Ich fühlte wieder die Vollkommenheit. Ich spürte ihren Präsenz.
,,Katie",flüsterte ich, bevor ich abdriftete und in Ohnmacht fiel.
* KATIE'S SICHT *
Er sackte in mein Armen ein und ich versuchte die weiter aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Ich schluchzte leise und küsste immer wieder seine Lippen, Wangen und Stirn, um sie als Erinnerungen zu wahren. Er hatte mich erkannt. Mein Herz raste, als ich daran dachte wie er mich zurück küsste und in den Kuss hinein lächelte.
,,Es tut mir so wahnsinnig schrecklich leid",flüsterte ich, drückte meine Lippen auf sein Stirn und verharrte lange so. Sanft löste ich mich von ihm und rappelte mich auf. Ich lief zur Tür und strich mir währenddessen meine Tränen weg. Ich blieb an der Tür stehen und drehte mich zum letzten mal zu meiner Familie. Sie lagen übereinander, nebeneinander oder alleine. Es sah aus, als würden sie friedlich schlafen. Ich sah zu Teresa und ich atmte zittrig ein. Ich sah mir jeden einzelnen an und prägte mir ihre Gesichter in mein Gedächtnis. Sogar James lag in den Haufen und ich musste unwillkürlich lächeln. Wenigstens einer von uns hatte seinen richtigen Platz gefunden.
Seufzend drehte ich mich um und ignorierte den Süßlichen Geruch, der in der Luft lag. Ich sah mir kaum die Leichen an. Sogar Chuck hing hier in der Luft.
,,Alles sauber, Ava",schrie ich ihr herüber. Sie nickte und stellte den Alarm aus. Niedergeschlagen wühlte ich in mein Ohren nach dem Wattebausch und zog diese heraus. Alles war still und ruhig.
,,Dann an die Arbeit",schnaubte Ava und machte sich daran, die Knöpfe, die von den Wänden herausragten, wie wild zu drücken. Plötzlich bewegte sich der Dach und die Leichen waren in binnen Sekunden verschwunden. Die Blutspuren wischten die Handlanger weg.
,,Gute Arbeit, Katie",lobte mich Janson und ich sah ihn wütend an.
,,Danke, du Arschloch !",flüsterte ich aufgebracht, drehte mich auf mein Ballen um und lief in die entgegen gesetzte Richtung. Weg von meiner Familie.
* NEWT'S SICHT *
,,Newt !",rief jemand und ich wurde an mein Körper gerüttelt. Ich grunzte und stöhnte schmerz erfüllt, als das pochen meines Kopfes wieder dröhnte.
,,Newt ! Wach endlich auf",schrie mich jemand an, doch es war falsch. Wo war das vollkommene Gefühl hin ? Wieso fühlte ich mich wieder so leer. Ich riss meine Augen auf und sah hoch zu Teresa, die sich über mich beugte.
,,Alles ist verschwunden !",rief sie.
,,Was ?",fragte ich zur Sicherheit und sah zum Tür. Sie war weit geöffnet und Licht strahlte hinein. Meine Augen weiteten sich, als ich keine Leichen zu sehen bekam. Auch der süßlicher metallischer Geruch war verschwunden. Genauso wie Katie.
,,Wo ist sie ?",bellte ich panisch und hievte mich hoch. Ich rannte wankend zum Gemeinschaftssaal und suchte jeden einzelnen Winkel des verfluchten Zimmers.
,,Newt, was soll das ? Was suchst du ?",wollte Thomas wissen.
,,Katie !",schrie ich ihn aufgebracht an und setzte meine Suche fort.
,,Was ? Sie war nie hier !",warf er ein. Ich drehte hier komplett durch. Ich fiel auf meine Knie und raufte mir meine Haare.
,,Sie war hier ! Sie hat mich sogar geküsst. Ich weiß, dass sie hier war. Katie ! Wo bist du ? Gib mir ein Zeichen, dass du hier warst. Bitte !",flehte ich und brach in Tränen aus. Die Lichter sahen mir zu, wie ich in den Abgrund des Meeres stieß...