Schlaflos

5 1 0
                                    

Er kam immer schneller auf sie zu. Ihre Fersen kamen dem Abgrund immer näher. Sie schrie, er lief noch schneller. Sie versucht auszuweichen, doch sie taumelte nur, immer weiter in Richtung Abgrund. Seine Waffe war auf ihre Stirn gerichtet, der rote Punkt tänzelt auf ihrer schweißüberströmten Haut. Es ging schnell, der Schuss war kaum zu hören, dann war da nur noch Stille um sie herum. Nichts als Stille und Dunkelheit. Der Aufprall war ohrenbetäubend.                                                                                           

Jamie richtete sich vor Schreck so schnell auf, das ihr schwindelig wurde. Alles drehte sich. Der Schweiß lief an ihrer Stirn runter und tropfte von ihrer Nasenspitze. Sie schaute auf die Uhr. 3:26 Uhr. Draußen war es windig und der Regen peitschte gegen ihr Dachfenster. Sie schaltete das Nachtlicht auf ihrem Tisch an und blickte sich um. Neben der Lampe stand immer noch das Bild ihrer Familie. Sie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Sie wollte das Bild längst wegwerfen, doch irgendwas hinderte sie andauernd daran. Voller Wut pfefferte sie das Bild gegen ihre Wand, das Glas des Bilderrahmens zersprang und bohrte ein Loch in das Bild. Der Boden war voller Glasscherben, die würde sie morgen aufräumen. Jamie blickte in Richtung Schreibtisch. Überall diese schmerzvollen Erinnerungen an die Zeit, in der noch niemand was von der Affäre ihrer Mutter wusste. An die Zeit, in der sie noch glücklich waren. Seit der Trennung ihrer Eltern wollte Jamie eine Veränderung, ihr Zimmer neu renovieren, doch bis jetzt war sie nicht weit gekommen. Sie entschloss sich, es noch einmal zu probieren, nochmal einschlafen. Sie nahm ihr Handy und ihre Kopfhörer mit ins Bett und so ging es einfacher. Diese Nacht hatte sie etwas mehr Schlaf als sonst.

Beep. Beep. Beep. Jamie schlug sich ihr zweites Kissen über ihr Gesicht und probierte damit den Wecker einfach zu überhören, doch nach kurzer Zeit gab sie auf. Verschlafen rieb sie ihre Augen und blickte in das Chaos, welches sie gestern gemacht hat. Die Glasscherben lagen immer noch überall verteilt, doch am Schlimmsten war das Bild. Das Bild, was jetzt zerstört ist. Wütend stand sie auf und lief zum Bild um es in den Mülleimer zu werfen, während sie versuchte nicht in die Scherben zu treten. Die Scherben die ihre Mutter hinterließ. Verletzt zog sie sich an, auf schminken verzichtete sie heute. Sie kämmte ihre Haare, während sie sich im Spiegel an sah. Sie sieht ihrer Mutter verdammt ähnlich. Sie hätte sich selbst für diesen Gedanken schlagen können. Sie darf nicht mehr an sie denken, muss sie vergessen. Sie lief die Treppe runter und stieß fast mit Daniel zusammen, der auch auf dem Weg zum Frühstück war. Sie redeten kaum ein Wort, als Jamie fertig war packte sie ihre Tasche und ging zur Bushaltestelle. Heute wartete sie nicht auf Colin. Es gab nur eine Person mit der sie jetzt Reden will, und die ist eh immer schon früh in der Schule. Camryn. Der Bus kam heute zur Abwechslung mal Pünktlich und Sitzplätze gab es in Überzahl. Als Jamie in der Schule ankam, saß Camryn wie gewohnt schon auf der Treppe und trank ihren Tee. Alles wie immer. Als Camryn sie erblickte, sprang sie auf und lief zu ihr.  ,,Was ist los Maus, du siehst nicht gerade gut aus. Keine gute Nacht gehabt?" ,,Alles okay, mach dir keine Gedanken. Ich wollte nur heute mal früher her, dann können wir mal mehr reden. Wie war dein Turnier gestern? Und wie lief es mit Tyler?"  ,,Okay okay, ganz ruhig. Das Turnier war...naja...Ethan war besser als ich. Und Tyler hat nur gefragt ob wir uns morgen treffen wollen. Ich hab natürlich ja gesagt, aber ich weiß nicht so recht. Ich hatte gestern noch eine riesigen Streit mit Nica, du weißt ja, sie steht auch auf ihn."  ,,Das mit dem Turnier tut mir leid. Ach, das mit Tyler wird schon, mach dir nicht so viele Gedanken drüber. Das mit dir und Nica kann nicht so weiter gehen. Sie ist deine kleine Schwester und sie sollte das akzeptieren, du bist doch fast mit ihm zusammen, das weiß sie doch."  ,,Ja schon, aber irgendwie...ich weiß nicht." ,,Das wird schon. Komm, wir müssen glaub ich rein. Wenn wir nach Mrs. Petterson den Raum betreten müssen wir für die nächste beiden Jahre die Cafeteria putzen."  Die Mädchen betraten den Raum noch vor ihrer Lehrerin und hatten noch genug Zeit, sich über Klamotten eines Mädchens namens Kyra lustig zumachen. Dann betrat Mrs. Petterson den Raum und alle Gespräche wurden sofort eingestellt. Der Geschichtsunterricht langweilte die beiden Mädchen sehr, was man ihnen anmerkte, was wiederum zu mehreren Ermahnungen führte. 

Nach der Stunde lief in der Klasse noch eine große Diskussion, was das Ziel der Klassenfahrt in einem Monat werden soll. Ein paar waren für London, der Großteil jedoch war für Liverpool. Als Mr. Albert Liverpool zum festen Ziel der Klassenfahrt machte, beschwerten sich ein paar, doch Jamie war das im Moment relativ egal. Sie wollte nach Hause, und am Liebsten nicht mit auf die Klassenfahrt, doch Camryn war davon überzeugt das Abstand ihr gut täte, also stimmte sie zu. Sie wollte sie nicht im Stich lassen.

WhistleWhere stories live. Discover now