Muggle Artifact

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Ich muss eingeschlafen sein, denn als ich meine Augen wieder aufschlage, ist es bereits hell. Mein Kopf lehnt immer noch an der kühlen Fensterscheibe. Mit einem Blick nach draußen stelle ich fest, dass der Himmel grau und wolkenverhangen ist. Passend zu meiner Stimmung, die, wie ich sofort bemerke, heute nicht gerade auf Hochtouren sein wird.

Ich rümpfe die Nase und fahre mit den Fingern durch mein dichtes schwarzes Haar. Einmal tief ein- und ausatmen, dann muss ich aufstehen. Mein Nacken ist verspannt. Mit einem Schlenker meines Zauberstabs, der auf meinem Nachttisch liegt, behebe ich diese Unannehmlichkeit. Dafür habe ich keine Zeit und Lust auf Nackenschmerzen habe ich erst recht nicht. Schnell werfe ich die letzten Sachen in den Koffer.

Dann wandert mein Blick zur Badezimmertür. Kurz zögert etwas in mir, doch dann festigt sich mein Blick. Ich muss. Ich muss wirklich. Ich muss es wissen!

Schnurstracks laufe ich ins Badezimmer, entkleide mich vollständig und atme einmal tief durch, bevor ich das miese kleine Ding betrete. Es ist eine Muggelwaage. Ich habe sie gekauft, als ich vor einigen Jahren in der Winkelgasse war. Es hat bloß einen winzigen Ausflug in den Teil von London gebraucht, in den die Muggelgeschäfte lagen. Einen Elektronikladen aufgesucht, nach einer Waage gefragt und sie schließlich gefunden und gekauft. Anschließend habe ich noch Batterien besorgt und das nützliche Ding magisch verkleinert, da niemand aus meinem Umfeld einen Muggelartefakt toleriert hätte.

Ich kneife die Augen zusammen und linse dann voller Angst nach unten.

40,2kg.

Erleichtert atme ich aus. 500 Gramm weniger als gestern morgen.

Dann verkleinere ich die Waage magisch und positioniere sie in meinem Koffer, zusammen mit einem Vorrat an Batterien. Ich kann mich in Hogwarts zwar aufgrund der Schlafsäle zwar nicht täglich wiegen, aber manchmal gelingt es mir wohl.

Ich hole mein Notizbuch aus meinem Rucksack, der bereits gepackt ist, und trage das Gewicht ein, zusammen mit einem kleinen Kommentar: Ich kann froh sein, dass alles wieder rausgekommen ist. Bei dem ekelhaften Abend gestern...

Als ich zurückblättere stelle ich fest, dass es zu Anfang der Ferien noch fast 50kg gewesen sind. Bei dem Gedanken an diese Zahl kommt mir die Galle hoch, aber ich unterdrücke einen Brechreiz. Nicht jetzt. Du wirst heute Abend vermutlich genug zu tun haben.

Schnell ziehe ich mich an - nun, eigentlich sollte es schnell gehen. Die erste Jeans die ich aus dem Schrank krame, ist mir gefühlte drei Kilometer zu weit, ich würde einen Gürtel brauchen und generell macht sie mich noch fetter als ich sowieso schon bin. Die zweite Hose ist da besser. Allerdings habe ich sie in der zweiten Klasse getragen, weshalb sie mir ein wenig zu kurz ist. Also auch nicht die richtige. Letztendlich entscheide ich mich für eine einfach schwarze Thermo-Leggings, darüber einen schwarzen Rock. Dazu einen Pullover, dessen Saum ich vorn in den Rock stecke.

Jetzt, wo die Klamottenfrage geklärt ist, kämme ich mir die Haare bevor ich mich schminke. Meine Wimpern verlängere ich um wenige Millimeter und gehe dann mit Mascara darüber. Außerdem betone ich meine Augen mit einem winzigen Bisschen Eyeliner. Fertig. Noch ein letztes Mal in den Spiegel schauen, dann werfe ich mir den Rucksack auf den Rücken, was sich als schmerzhafter erweist, als gedacht, und gehe, meinen Koffer hinter mir her ziehend, aus dem Zimmer.

Unten erwartet mich einer unserer Hauselfen, Kili.

«Kommt er nicht einmal, um mich zu verabschieden?», meckere ich leise.

«Das tut Kili sehr leid, Miss, aber Mylord hat sich heute Nacht auf den Weg gemacht, Miss», quiekt Kili verlegen.

«Ist doch nicht deine Schuld, Kili.» Ich schenke dem Hauselfen ein Lächeln und meine zu erkennen, wie seine Fledermausohren ein wenig erröten.

«Wollen Sie frühstücken, Miss?», fragt Kili dann hoffnungsvoll und wippt auf seinen sehen auf und ab.

«Eine Tasse Tee käme mir sehr gelegen», erwidere ich.

Kili nickt glücklich und verschwindet auf der Stelle. Nur wenige Sekunden später taucht er wieder vor mir auf. «Kili hatte das Teewasser bereits fertig, Miss!», sagt der Elf stolz. «Er wusste, Sie würden Ihren Lieblingstee trinken wollen!»

«Das hast du gut gemacht, Kili.» Gütig lächle ich ihn an und nippe an der feinen Porzellantasse. «Und schau mal, was ich für dich habe», füge ich hinzu und ziehe einen dicken Wollschal aus meinem Rucksack heraus als ich die Tasse leer getrunken habe.

«Ein Schal, Miss!», quiekt Kili aufgeregt und sieht ein wenig so aus als fiele er gleich in Ohnmacht. «Vielen Dank, Miss!» Glücklich sieht er mir zu, wie ich ihm den Schal umlege.

«Du weißt, dass du immer noch jeder Zeit gehen kannst?», erinnere ich ihn. «Du bist frei.»

«Kili weiß das, Miss, und er weiß das auch sehr zu schätzen, aber Kili möchte hier bleiben, bei Ihnen Miss!» Erneut laufen seine Ohren rot an und ich muss grinsen.

«Aber, Miss, es ist spät! Sie müssen los, Miss!» Kili geht mit meinem schweren Koffer vor ins Wohnzimmer, wo sich der Kamin befindet. Ich greife in die goldene Schale, die auf dem Kaminsims steht und nehme eine Hand voll Flohpulver heraus.

«Bis in ein paar Monaten», verabschiede ich mich von Kili, dann steige ich mitsamt meines Koffers in den Kamin und werfe das Pulver in die grünen Flammen. «Gleis 9 3/4», sage ich klar und deutlich. Ich sehe Kili winken und dann ist um mich herum nur noch grünes Feuer.

Kamine rauschen an mir vorbei und ich klammere mich an meinen Koffer, welcher mir zu entgleiten droht. Mein Ellbogen schrabt an einer Wand entlang, dann hört es auf und lautes Stimmengewirr empfängt mich.

Slytherin SkeletonWhere stories live. Discover now