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Der Dämon begann, vor den Trümmern hin und her zu laufen. Sein Schwanz drückte immer mehr zu und Elias hatte Probleme zu atmen. Er packte den schuppigen Schwanz dieses Exemplars und versuchte seine Hände darunter zu schieben, während der Dämon auf die Trümmer der anderen Seite sprang. Die Schwanzspitze bohrte sich in Elias Haut, Blut lief ihm am Hals herab. Der Dämon fuhr herum, die roten Pupillen fixierten ihn. Aus dem Maul fuhr seine Zunge und leckte es ab. »Hm, lecker.«

Angewidert versuchte Elias zurück zu weichen, aber gegen die Kraft der Kreatur war er machtlos. Die Augen des Dämons leuchteten unheilvoll auf, seine langen Zähne schimmerten im Mondlicht. Noch immer kämpfte die Sonne um die Oberhand. Mach schneller!, fuhr Elias sie in Gedanken an, aber das nützte gar nichts.

Klauen griffen nach seinen Armen. Knochen knirschten unter dem unnachgiebigen Griff. Die Daunenjacke riss auf, als der Schwanz sich zurückzog, nur um an seinem Bauch anzusetzen. Die stahlharte Spitze bohrte sich kurz über dem Bauchnabel in das Fleisch. Etwas riss, Blut tropfte auf den Boden.

»Scheiße!«, schrie Elias. Diesmal flüsterte er nicht, die Schmerzen waren zu viel. Zu groß, niemand konnte das aushalten, selbst er nicht. Er schrie bis er schmerzhaft auf dem Boden aufkam. Den Blick in den Himmel gerichtet beobachtete er, wie jemand dem Dämon auf dem Rücken hockte. Stahl blitzte auf und der Dämon verlor seinen Kopf.

»Wurde... auch Zeit... Lukas.« Elias zog sich an einem verbeulten Mülleimer auf die Beine. Ächzend zog er die Reste der Daunenjacke aus und presste sie auf seinen Bauch. Die Wunde sah schlimmer aus, als sie war, wahrscheinlich musste er nicht mal genäht werden. Humpelt bahnte er sich einen Weg zurück zu Laden.

»Ben?«, rief er flüsternd. Bitte, Gott, oder wer auch immer da oben noch da ist, nicht auch noch Ben. »Benjamin?« Elias musste sich an der Wand abstützen, er keuchte und war viel zu laut.

»Hier Boss«, kam es aus dem Laden. Ben kroch auf allen Vieren heraus, Spinnenweben bedeckten ihn und er wischte sich mehrmals über das Gesicht. »Hab mich in den Keller verzogen, als das Vieh mit dir abgehoben ist. Sorry Boss«, Ben schluckte. »Ich hab dich hängen lassen, ich hab Nick ...« Lautlose Schluchzer schüttelten ihn. Der Schmerz fraß sich in seine Seele und würde nie wieder weichen. Elias wusste, was Ben durchmachte, aber er konnte ihm nicht helfen. Je mehr Schmerz in Ben war, desto besser würde er hier draußen überleben.

»Komm, erledigen wir, wozu wir hergekommen sind. Wo ist Lukas?«

Zwei Schritte, drei Schritte, dann war Ben da und schob seinen Arm unter Elias Schulter durch, als dieser gerade zusammensank. Gemeinsam arbeiteten sie sich hinter den Tresen.

»Lukas hat's nicht geschafft. Hab ihm hinterm Haus gefunden.« Noch einmal räusperte sich Ben, dann verschwand er hinter der Tür, die in den Keller führte. Elias hörte eine kurze Zeit nichts. Draußen war es still, die Sonne ging nun endgültig auf und das Licht wurde besser. Die Bauchwunde blutete nicht mehr, aber morgen würde wohl jeder verdammte Knochen in seinem Körper schmerzen. Zwei Tote in einer Nacht, das war eine miese Quote. Wenigstens hatte Lukas das Mistvieh erledigt, bevor es ihn hatte erledigen können.

»Boss, hier ist zu viel. Wir müssen noch mal kommen.« Ben hatte dem Anschein nach eine alte Tischdecke zu zusammen gebunden, dass er sie sich auf den Rücken binden konnte. Sie beulte aus und nach der Größe zu urteilen, hatte er sehr viel Gepäck zu schleppen. Wieder ein paar Tage Überleben gesichert.

»Nicht schlecht.«

Zusammen schlichen sie an den Ausgang des Ladens. Es war nun so hell, dass Elias alles klar und deutlich erkennen konnte. Nick lag direkt vor dem Laden und sah noch schlimmer aus, als vorhin. Fliegen summten über ihn hinweg und die ersten Ratten zerrten an ihm herum. Der Dämon lag über einem Trümmerhaufen, Kopflos und schlaff. Seine schwarze Haut wurde grau. Die Stellen, auf denen die Sonne schien rauchten schwach.

»Ich hab noch nie gesehen, was die Sonne mit den Jungen macht«, sagte Ben und sah fasziniert auf den schwellenden Dämonenkörper.

Elias zog ihn weiter. »Das möchtest du auch nicht. Wenigstens konnte Lukas ihn noch erledigen, das war ein wirklich Großer.«

Sie liefen schweigend weiter. Kämpften mit der Sonne um die letzten Schatten, während diese wiederum mit den Wolken kämpfte, die dunkel aufstiegen und den Tag mit Dämmerlicht straften. Wieder kein heller Tag, dachte Elias und schritt noch schneller aus. Die kurze Zeit des Sonnenaufgangs war die ruhigste, danach kamen die Wolken und die Dämonen trauten sich wieder aus ihren Löchern.

»Boss. Was meintest du damit, Lukas konnte den Dämon erledigen?«

Elias atmete tief ein. »Ich hab gesehen, wie er ihm auf den Rücken sprang und mit seinem Messer den Kopf abschnitt.«

Ben blieb stehen und sah Elias mit gerunzelter Stirn an. »Das kann nicht sein, Boss. Ich hab Lukas Messer, er hatte gar keins mit. Außerdem lag er hinter dem Haus, kalt. Das war eine verdammte Falle, wir haben es nur nicht gemerkt.«

Die letzten Meter ins Versteck rannten sie mehr oder weniger. Das halb eingestürzte Schulgebäude wurde kurz von der Sonne angestrahlt, bevor diese endgültig hinter den dichten, dunklen Wolken verschwand. Bevor er in den Untergrund kroch, drehte sich Elias noch einmal um. Rauchsäulen stiegen über der Stadt auf. Der Dämonenberg thronte über alldem Schutt und der Zerstörung. Noch immer fragte sich Elias, wie so ein riesiger Berg mitten auf dem Markt wie aus dem Nichts aus der Erde schießen können. Das war ein Rätsel, was wohl nie jemand würde lösen können.

»Boss, merkst du es auch?« Ben rieb sich über die Arme, sein Atem bildete kleine Wölkchen.

Elias nickte. »Es wird kälter.« Er klopfte Ben auf den Rücken. »Komm, lass uns reingehen.«




DämonentanzWhere stories live. Discover now