Love Beyond Worlds: Una und Nolan (Leseprobe)

Kapitel 1

Jeden Moment würde es soweit sein. Jeden Moment würde

der Prinz sich umdrehen und sie küssen.

Una musste dem Impuls widerstehen, sich über die Lippen

zu lecken. Ihr ganzer Körper war angespannt. Vor ihr wanderte

Prinz Finley selbstsicher in seinem Schlafgemach umher.

»Das alte Ding kann ich nicht mehr sehen«, meinte er mit

einer wegwerfenden Geste zum Bett. Es war ein Ungetüm von

einem Möbel. Riesengroß, aus dunklem Holz geschnitzt, mit

vier kunstvoll verzierten Bettpfosten und zurückgeschlagenen

Vorhängen aus schwerem Samt. An einem Pfosten konnte

Una ein Seil aus feiner schwarzer Seide sehen. Sie holte tief

Luft. Die Gerüchte stimmten also. Der Prinz liebte es anscheinend,

mit seinen Auserkorenen besondere Spiele zu spielen.

Ob sie diese Kordel nachher noch brauchen könnte? Nein, sie

war zu dünn, zu kurz. Una ließ ihren Blick durch das Zimmer

streifen und entdeckte die schweren Vorhangkordeln am

Fenster. Ein leises Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Genau

das, wonach sie gesucht hatte.

»Und dieser Spiegel, grässlich!«, lamentierte der Prinz weiter.

»Aber meine Mutter besteht darauf, dass er hier bleibt. Ein

altes Erbstück oder sowas. Den schlechten Geschmack hat sie

gleich mitgeerbt. Wer hängt sich denn bitte einen Spiegel auf,

in dem eine große Ecke fehlt? Ich kann es kaum erwarten,

endlich den Thron für mich zu haben und dieses zugige

Schloss neu einzurichten.«

Una konnte erkennen, wie Prinz Finley sich in dem alten,

angelaufenen Spiegel betrachtete. Seine grünen Augen stachen

aus dem blassen Gesicht hervor. Das Haar fiel ihm in

weißblonden Locken bis zur Schulter herab. Es war ein wenig

zerzaust. Die meisten edlen Herren am Hof der Daoine Sìth,

des Feenvolks, trugen ihr Haar in Zöpfen zurückgebunden,

aber Prinz Finley hatte sich noch nie an Regeln gehalten. Zufrieden

grinste er sich selbst im Spiegel an und ließ zwei Reihen

makelloser weißer Zähne blitzen. Sein Blick wanderte weiter