Freya
Die nächsten Tage verstrichen langsam.
Daniel war beschäftigter als sonst, er ging zu früh und kam zu spät. Aber ich war ihm dankbar für diese Einsamkeit, die er mir verschaffte. Es gab mir Zeit zu überlegen was da letztens passiert war.
Hatte ich geträumt? Oder war es das Gift? War das, was ich gehört hatte, real? War Lars real? Und wenn ja, wieso erschien er mir?
Inzwischen durfte ich wieder laufen, aber die Reaper hatten mir verboten mit zu üben, da ich anscheinend noch zu schwach war. Mich störte das nicht mehr sonderlich, ich übte mit meiner Familie und jagte Kleintier vor dem Dorf.
Heute hatte ich mich entschlossen etwas durchs Dorf zu streifen, in der Stillen Hoffnung ich würde Lars erneut sehen.
Heute war auch der letzte Tage von den drei Tagen, die die Stimmen erwähnt hatten.
Es war regnerisch und die Wolken hingen tief über dem Blätterdach, als drohten sie jeden Moment auf uns nieder zu schlagen.
Meine Familie jagte vor dem Dorf, wo ich sie verlassen hatte, als ich mich ins Dorf begeben hatte.
Im Moment streifte ich durch eine Seitenstraße, neben mir nur einer meiner Brüder. Seine Schnauze streifte immer wieder gegen mein Bein und übte eine beruhigende Wirkung auf meinen verspannten Körper aus.
Wir erreichten gerade eine kleine Kreuzung, an der ich nach rechts gehen wollte, da es nur noch ein Haus gab, bevor der Wald erneut begann, als ich Lars sah.
Er stand vor der Tür und hatte die Schulter gegen den Rahmen gelehnt. Er sah wieder normal aus, aber es war, als würde das Lichtverhältnis sich nicht auf ihn ausüben. Er warf weder einen Schatten, noch passten die Schatten, die seinen Körper bedeckten, zu die einzelnen Sonnenstrahlen, die durch die Wipfel fielen.
Abrupt blieb ich stehen und starrte ihn an.
Er erwiderte meinen Blick, grinste mich an, so das seine Grübchen sichtbar wurden, bevor er im Eingang der Hütte, die Halb aus Zelt und Halb aus der Ruine eines Hauses bestand, verschwand.
Ohne zu zögern folgte ich.
Im Haus roch es nach Salbei und anderen verbrannten Kräutern. Der Duft einer alten Person mischte sich darunter, fast schon unbemerkt.
Dies schien das Zuhause von Jemanden zu sein und tatsächlich vernahm ich plötzlich Schritte.
"Ich spüre das ein Geist mit dir dieses Haus betreten hat, Wolf.", vernahm ich die Stimme von einer alten Frau.
Ich fuhr herum und mein Wolfsbruder knurrte den Neuankömmling an.
"Ich bedroh euch nicht.", sagte die alte Frau. Sie sah aus als hätte sie den Anfang der Halfbreeds miterlebt, so alt war sie. Ihre Haut war dünn und ledrig, ihre Augen eingesunken und das eine blind. Ihre Haare waren weiß, lang und zu einem Zopf geflochten, der ihr über den Rücken fiel. Sie war vielleicht 1,50 m und sah aus als hätte sie im Leben viel gelacht.
"Wer bist du?", fragte ich sie, meine Stimme kratzig, aber ruhig.
"Sollte ich dich das nicht fragen? Du stehst schließlich in meinem Haus.", konterte sie, lächelte dabei aber.
"Du spürst ihn.", stellte ich fest. Sie spürte Lars, sie sah ihn aber nicht.
"Und du siehst ihn. Weißt du, dass überrascht mich nicht sonderlich. Die Menschen haben Mutter Natur vor langer Zeit aus dem Konzept gebracht und als sie begonnen haben, unsere Seelen zu spalten, haben sie auch den natürlichen Verlauf vom Seelenübergang gestört. Jetzt kommt es auf sie zurück.", grinste die alte Dame.
"Was meinst du?", fragte ich leise und beobachtete sie scharf.
"Meine Liebe, alles hatte einst seine Balance, aber dann begannen die Menschen ihre Grenzen neu zu setzen. Erst nur mit unseren Körpern und dann mit unseren Seelen. Du meine Liebe, du bist das erste balancierte Wesen das ich seit langer Zeit kennen gelernt habe. Ich spüre das du einen Menschenkörper hast, aber deine Seele, sie ist die eines Tieres. Eines Wolfes wie es scheint. Weißt du, vor vielen Jahren, da schafften es die Menschen unsere Seelen zu spalten, das was wir immer bei uns behalten. Unsere Seelen sind wir. Aber sie spalteten sie und fusionierten sie mit einer anderen. Das hat eine Kreislauf gestört, den Verkehr zwischen diesem Leben und dem nächsten. Und die Seelen stauten sich an, nicht fähig ins nächste Leben über zu treten, weil sie keinem Körper zu geteilt werden konnten. Und vor einigen Jahren explodierte das Fass. Die Seelen wurden freigesetzt und suchten sich einen Punkt, an dem sie sich orientieren könnten. Etwas, was aus balanciert war. Du. Du bist die neue Balance meine Liebe.", erzählte die Frau.
Ich war mir nicht sicher wie ernst ich ihre Worte nehmen sollte, aber dann sah ich Lars hinter ihr, wie er nickte.
Dennoch wagte ich es nicht, ihre Worte zu ernst zu nehmen. Es hatte sich bei mir noch nie als nützlich ergeben, mich auf die Worte anderer zu verlassen. Das mit Lars und ihrer Geschichte könnte ein Zufall sein.
"Du glaubst mir nicht.", stellte die alte Frau fest. Ich sagte nichts, blickte sie nur an.
"Du bist nicht dumm, Mädchen. Du strahlst vor Wissen und Kontrolle nur so, ich hab sofort gespürt, als du das Dorf betreten hast. Ich bin zum Teil Vogel. Ich habe ihren Spürsinn für Elektromagnetische Felder, weißt du. Geister und ähnliche Auren stören dieses Feld und deswegen spüre ich die Anwesenheit, des Geistes. Das Problem ist, ich finde mich kaum noch zu recht.", seufzte die Frau. Ihre dünnen Hände führen geistesabwesend über ihren langen Zopf.
"Das ganze Feld ist erschüttert und trägt Schäden von der Existenz und dem Überfluss von so vielen freigesetzten Auren und Geistern.", erklärte sie mir, inzwischen schien sie zu verstehen dass ich nicht wirklich viel redete.
"Ich weiß nicht wie lange ich noch leben werde, Mädchen. Bald bin ich auch eines der Wesen die du siehst, aber andere nicht wahrnehmen können. Vielleicht glaubst du meinem Wort dann.", grinste die Frau und wand sich ab, um zu einer Feuerstelle zu watscheln und einen Kessel aufzusetzen.
Mein Bruder knurrte sie noch einmal an, bevor wir die Ruine verließen.
Ein kalter Schauer überlief mich, als ich feststellte, wie viele mehr Menschenartige Wesen um mich standen. Sie alle waren genauso realitätsfern wie Lars.
Vielleicht hatte die Frau recht, vielleicht sollte ich das Gleichgewicht wieder erschaffen.
Vielleicht wurde ich aber auch vergiftet und halluzinierte.
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Wolfsseele
Science FictionDas Leben ist eigentlich wie ein Mensch. Manchmal ist es in guter Laune und du hast Glück und Freude, manchmal ist es neutral und dann gibt es noch die Depressionen. Seit der Apokalypse ist es meistens depressiv. Die Apokalypse waren nicht etwa Zom...