Kapitel 23

2.7K 209 3
                                    

Damian ließ sich wieder auf den Hocker fallen und seuftzte frustriert auf, während er die Arme auf seine Arme stützte und die Hände in den Haaren vergrub.
Und ich stand einfach nur da und versuchte mich zu sammeln.
Wer war das?

Meine Augen flakerten langsam zu Damian. Er sah so traurig aus. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und er rieb sich immer wieder mit der Hand über die linke Brust. Plötzlich stand er wieder auf, trat einen Schritt vor und wieder zurück und sah mich verzweifelt an. Warscheinlich, suchte er grade nach einer Erklärung für mich.

Ohne zu überlegen, was ich tat, ging ich auf ihn zu und legte meine Arme um seinen Hals. Er musste mir nichts erklären, wenn er es nicht wollte. Natürlich war ich neugierig, aber ich wollte, dass er es mir aus freiem Willen erzählte, was los war und nicht, weil er sich dazu verflichtet fühlte.

Damian versteifte sich. Ich konnte die Anspannung deutlich spüren, als er regungslos dastand.
Und als ich nach etlichen Minuten schon dachte, ich hatte etwas falsches getan, legte sich ein Arm um meine Taile, gefolgt vom zweiten und sein Kopf sank auf meine Schulter.

Ich konnte das Lächeln nicht aufhalten und das leichte Flattern in mir vergrößerte sich aufs Unermessliche. Gott, ich hätte nie erwartet, dass sich eine Umarmung so gut anfühlen konnte.

Ich konnte seinen Atem auf meinem Nacken spüren, wie sich seine Brust hob und senkte und ich atmete seinen Geruch ein, den ich zuvor noch nie so wahrgenommen hatte.

Kurz zog er mich noch näher an sich heran, ließ dann aber von mir ab und trat einen Schritt nach hinten. Wir sagten beide nichts, starrten uns einfach nur an und hatten wahrscheinlich beide das beste Pokerface aufgesetzt, das wir besaßen.

,,Das war meine Mutter."unterbrach er die Stille dann leise. Ich versuchte mein ausdruckloses Gesicht beizubehalten, um ihn nicht zu zeigen, wie schockiert ich war. ,,Seit dem Tod meines Vaters ist sie so."

Da ich nichts erwiderte, umschloss er sanft meinen Unterarm und zog mich zum Sofa, auf das wir uns setzten. ,,Sie kann uns ohnehin nicht in die Augen sehen. Wir sehen ihm zu ähnlich und jetzt bin ich auch noch so doof und spiele sein Lieblingsstück."

Reue spiegelte sich in seinen Augen wider. Ein Gefühl, das er meiner Meinung nach nicht fühlen sollte. ,,Du wusstest doch nicht, dass sie hier ist."versuchte ich ihn zu trösten. Außerdem erschien es mir, als würde hinter dieser Reue nicht nur das Klavierstück stecken, sondern viel mehr.

Wieder rieb er sich mit der Hand über die Brust. ,,Damian."sagte ich, legte meine Hand auf seine Schulter und versuchte seinen Blick einzufangen. Doch er sah mich nicht an. ,,Du bist nicht Schuld an dem Unfall."

,,Ich weiß! Aber ich bin immer noch hier, in diesem Haus. Meine Mutter will mich nicht sehen. Ich mache ihr den Verlust nur noch schwerer."
platzte es aus ihm heraus.

Und warum hasst sie uns jetzt so sehr? Sollte nicht grade sie für uns da sein? Sollten wir uns nicht gegenseitig stützen? Damit wir nicht alle komplett zerbrechen?

Elenas Worte tauchten in meinem Gedächnis auf. Langsam verstand ich den Brief. Stück für Stück konnte ich alles entziffern.

,,Damian."flüsterte ich leise, weil ich nicht wusste, was ich sagen soll.
,,Verstehst du jetzt, warum mir diese Noten so wichtig sind? Ich muss nach dem Abi so schnell wie möglich einen gut bezahlten Job finden, damit ich hier weg kann."erklärte er mir.

Mein Herz wurde schwer bei dem Gedanken, was Damian seit dem Tod seines Vaters alles durchgemacht haben muss. Und jetzt ist auch noch seine Schwester weg.

Mein Kopf kreiste, versuchte vergeblich alles in die richtige Schubladen zu stecken.
Und ja, ich konnte ihn verstehen.
,,Du kriegst das hin."flüsterte ich. Damian sah mich an. Ich legte einen Arm von Hinten um ihn und die andere auf seine Schulter. ,,Das  Lernen hilft doch. Wir kriegen das hin!"

Sein Blick glitt langsam über mein Gesicht. Und für einen kurzen Augenblick, den ich glaubte mir eingebildet zu haben, blieb er an meinen Lippen hängen.

,,Danke."flüsterte er ganz leise. Er brauchte sich nicht zu bedanken. Was sollte ich denn sonst tun, außer ihm zu helfen? Ich sah doch, wie es ihm hier ging. Ich lächelte nur, denn ich fand ein 'Bitte' unpassend. Dafür war das Schweigen zwischen uns viel zu schön. Als würden wir uns auch so verstehen.

,,Damian."holte uns eine Stimme wieder in die Realität. Wir drehten uns wieder zur Tür. Lena kam langsam auf und zu und schien abzuschätzen, ob sie wohl grade störte. ,,Mach dir keine Sorgen."sagte sie sanft und setzte sich auf das rechte Sofateil.

,,Es geht ihr gut. Es ist nicht so schlimm, wie letztes mal."versicherte sie ihm. Damian nickte, mehr oder weniger erleichtert. ,,Natalia, willst du noch zum Essen bleiben?"fragte sie dann mich. Ich wollte schon ablehnen, doch dann begegnete ich Damians Blick, den ich schwer deuten konnte.

Normalerweise hätte er schon längst für mich geatwortet. Ich hatte auch nie was dagegen, weil ich wusste, dass er es nicht mochte, wen ich bei ihm Zuhause war.

,,Bleib doch, wenn du Zeit hast."sagte er dann. Nachdem ich das Erstaunen überwunden hatte, wog ich meine Optionen ab. Zuhause waren meine Eltern mit ihren Freunden und hier, naja hier war eben Damian.

,,Klar, wieso nicht?"stimmte ich zu. Lena stand lächelnd auf und ging in die Küche. Wärend wir warteten, bis das Essen fertig war, wollten wir noch ein bisschen lernen. Doch irgendwie waren wir beide nicht so ganz bei der Sache.

,,Das Essen ist fertig."gab sie uns nach einiger Zeit Bescheid. Wir folgten ihr in die Küche und setzten uns an den Tisch, als sie schon dabei war die Teller zu füllen.

,,Hallo Damian."begrüßte ihn eine Männerstimme und kurz darauf stand ein Mann bei Lena und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Dann erst bemerkte er mich. ,,Oh hallo, ich bin Tobias."stellte er sich vor und streckte mir die Hand entgegen. Möglichst freundlich ergriff ich sie. ,,Hallo. Ich bin Natalia."

Wir setzten uns alle an den Tisch. Nur seine Mutter war nicht dabei. ,,Und ihr..."fing Tobias an.
,,Nein."unterbrach Damian ihn sofort. Dabei wusste ich noch nicht einmal, was er sagen wollte. ,,Sie leitet das Theaterstück. Du weißt schon. Ich hab dir davon erzählt."erklärte er.

Tobias fing an zu grinsen und wärend dem weitern  Essen brachte er mich nicht nur einmal zum Lachen.

Talia tröstet Damian. Wer weiß, vielleicht wird es bald ja andersrum sein...

Damn actingOnde as histórias ganham vida. Descobre agora