Freunde (Rumtreiber)

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Freunde

Winter,1976

Es war ein besonders kalter Dezembermorgen; auf der Wiese war eine dicke Reifschicht zu sehen, der große See wirkte dunkel und eisig. Die peitschende Weide hatte bereits all ihre Blätter abgeworfen und stand nun vollkommen still in der kalten Winterluft. Doch plötzlich, ohne erkennbaren Grund, ohne Anzeichen irgendeiner Veränderung in ihrer Nähe, begannen die langen Zweige sich zu regen, erst langsam, dann schneller. Als hätte sie etwas gespürt, begann sie auf einmal um sich zu schlagen; groß, kräftig, bedrohlich. Jeder Hieb auf den Boden ließ die Erde drum herum erzittern; Hiebe die Knochen brechen, Haut zerreißen könnten. Immer wieder prallten die schweren Zweige auf den gefrorenen Grund, ließen Kiesel hüpfen und schlugen feine Furchen in das Gras.

Eine kleine Bewegung am Fuße des gewaltigen Baums, von niemandem zu sehen außer den aufmerksamsten Beobachtern, schien die Schläge plötzlich zu stoppen. Ein kleines Wesen, ein pelziges Etwas, aus der Distanz kaum zu erkennen, ließ sich auf den Wurzeln der Weide nieder und sorgte dafür das sie wieder ruhig und still dastand, als wäre gar nichts geschehen. Noch ein Moment einsamer Stille verging und ein weiteres Wesen stahl sich aus einem Hohlraum unter ihr davon; ein großes, zottiges Tier mit schwarzem Fell und ein Weiteres folgte, ein großes Geweih kam unter den Wurzeln hervor. Der prachtvolle Hirsch folgte dem schwarzen Hund und ihnen hinterher lief das Etwas, das den Baum gestoppt hatte, eine kleine, farblose Ratte. Gemeinsam verschwanden die drei ungleichen Freunde in Richtung des düsteren Waldes, unbemerkt in den frühen Morgenstunden.

Die Stunden vergingen und der Baum verharrte in stiller Ruhe. Die Vögel, die zuvor aus seiner Nähe geflohen waren, kehren zurück und begannen am frostigen Boden nach Nahrung zu scharren. Die Sonne stieg immer weiter am Himmel empor und tauchte das Schloss und die Ländereien in helles Licht. Der Reif glitzerte auf dem dunklen Gras und verlieh ihm einen märchenhaften Schimmer.

Eine Frau mittleren Alters machte sich, noch bevor die anderen Bewohner des Schlosses erwachten, auf den Weg über die Ländereien zur Peitschenden Weide. Zielstrebig schritt sie darauf zu und ließ die zitternden Äste mit einem Schwung ihres Zauberstabes sofort wieder ersterben. Sie verschwand an der Stelle, an der kurz zuvor der Hund, der Hirsch und die Ratte aus den Untiefen unter den Wurzeln aufgetaucht waren und kehrte einige Zeit später mit einem blassen, hageren jungen Mann zurück. Seine hellbraunen Haare waren zerzaust und unter seinen Augen waren dunkle Schatten zu erkennen. Herzhaft gähnte er in seine Hand als er ihr, müde und erschöpft hinterher trottend, zu dem altehrwürdigen Mauern hinauf folgte. Es würde ein kurzer Tag für ihn sein. Er würde schlafen, solange seine Freunde im Unterricht waren und sich dann über ihren Besuch freuen, solange bis sie ihm seine Hausaufgaben überreichten, die ihm, aufgrund seines schwachen Zustandes und trotz seines Talentes und des wachen Geistes, einiges an Mühe und Kraft abverlangen würden. Doch zunächst ergab er sich all dem und sehnte sich nur nach etwas Schlaf. Alles andere würde warten müssen.

Unweit entfernt, durch einige Bäume vor neugierigen Blicken geschützt, standen drei großgewachsene Jungen und spähten an den Stämmen vorbei zum Schloss hinauf. „Ist die Luft rein?", piepste der Kleinste von ihnen ängstlich. Er hatte feines, helles Haar und wirkte blass. Ein anderer drehte sich schwungvoll zu ihm um. Langes, schwarzes Haar umrahmte sein hübsches, doch genervt verzogenes Gesicht. „Kannst du nicht still sein, Wurmschwanz?!" Der Kleinere wich erschrocken zurück. Nun drehte sich auch der Dritte um. „Schon gut, Tatze. Es ist keiner weiter da. Wir können, glaube ich, hoch gehen." Tatze wand ihm sein Gesicht zu und spähte dann noch einmal zwischen den Bäumen hindurch. „Sicher, Krone?" Krone fuhr sich mit einer Hand durch die störrischen Haare und stieß Tatze in die Seite. Dieser drehte sich um, erschrocken. „Ganz sicher! Los jetzt!" Gemeinsam machten die Drei sich auf den Weg, den Hügel hinauf und durch das große Eichentor.

Der Tag verging nur langsam. Der blasse, müde Junge, der zuletzt aus den Wurzeln der Weide hervor gekrochen war, lag in einem der vielen Betten im Krankenflügel und trotz großer Erschöpfung fand er keinen Schlaf. Müde drehte er sich hin und her. Seine Glieder schmerzten und sein Kopf dröhnte.Immer wieder hörte er Türen knallen, klapperndes Glas, wenn Madam Pomfrey mit Flaschen hantierte, und das schmerzliche Stöhnen von dem Jungen im Bett gegenüber. Er spürte den Ärger wie einen glühenden Stein in seinem Magen. Als ob der wüsste, was Schmerzen sind, dachte er finster und bedachte den Anderen mit einem abwertenden Blick. Seine Augen brannten und seine Zunge klebte am Gaumen, doch die Bewegung, die nötig gewesen wäre, um an ein Glas Wasser zu kommen,war gerade zu viel und seine Arme zu schwer.

Immer wieder musste er sich zwingen tief durch zu atmen, um seinen Kopf von der Erinnerung an die schmerzhafte Verwandlung zu befreien, die er immer wieder, Monat für Monat zu durchleiden hatte. Er legte eine Hand auf seinen Brustkorb und übte sanft Druck aus. Ein stechender Schmerz durchzuckte seinen Körper. Madam Pomfrey blickte besorgt zu ihm hinüber. „Mr Lupin? Was ist passiert?" Leise stöhnend antwortete er: „Ich glaube, ich habe mir letzte Na... Ich glaube ich habe mir eine Rippe gebrochen."

Der Knochenbruch war schnell repariert, doch die Zeit verlief weiterhin schleppend langsam und noch immer war kein Schlaf möglich. Er sehnte sich danach bei seinen Freunden zu sein, am Unterricht teilnehmen zu können, wie ein ganz normaler Schüler, ohne Ausnahmeregelungen, ohne regelmäßige Krankentage, ohne den Fluch, der auf ihm lastete und ihm einen großen Teil seiner Jugend raubte. Die Einzigen, bei denen er nicht aufpassen musste, sich verhalten und frei sprechen konnte, wie er wollte und keine Tarnung, kein Versteckspiel brauchte, waren Tatze, Krone und Wurmschwanz. Manchmal konnte er kaum glauben, was für ein Glück erhatte, so wunderbare Freunde zu haben, die ihm halfen wo sie konnten und ihn mochten, trotz dieser Bürde, die ihm auferlegt war.

Als hätten sie seine Gedanken vernommen, standen sie kurz darauf in der Tür zum Krankensaal.„Moony!", rief Tatze fröhlich und drängte sich hinter Krone und Wurmschwanz in den Raum. Sofort waren sie an seinem Bett und zum ersten Mal an diesem Tag, zeigte sich ein Lächeln auf MoonysGesicht. „Leute!" „Schhhhh!", machte es plötzlich vom anderen Ende des Raumes. Madam Pomfrey schritt mit schnellen Schritten und sehr ernstem Gesicht zu ihnen hinüber. „Werden Sie wohl still sein!", fauchte sie, „Und überhaupt, raus hier! Sie haben hier nichts verloren!" „Wir wollten nur, Remus besuchen, Madam Pomfrey." Der Junge namens Krone versuchte es mit einem charmanten Lächeln, doch konnte er die Heilerin nicht erweichen. "Nein, Mr Potter. Sie haben hier nichts zu suchen. Sie können wieder kommen wenn sie krank oder verletzt sind." Ein Moment der Stille folgte und Remus ahnte bereits, was nun passieren würde. Krone und Tatze sahen sich an, hoben ihre Zauberstäbe und zielten aufeinander. „Zählst du, James?" „Na klar.", antwortete Krone, „Eins...zwei..." „STOPP!" Der Ruf der Heilerin unterbrach ihr Tun. „Nicht schon wieder!", rief sie empört, „Na gut. Sie können bleiben. Aber nur zwanzig Minuten, dann gehen Sie!" Sie ließ die drei Jungen bei ihrem Freund zurück und alle grinsten amüsiert. Die Drei setzten sich um das Bett ihres Freundes. „Hättet ihr euch wirklich gegenseitig angegriffen?", fragte Moony mit gerunzelter Stirn, doch noch immer lächelnd. „Klar.", Tatze grinste, „Wir haben extra Brandzauber geübt!" Alle vier lachten.

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Das war die erste Kurzgeschichte. Ich hoffe, sie hat euch gefallen. :)
Schreibt mir gerne in den Reviews oder als Mail, wie ihr sie fandet und gerne auch Wünsche für weitere Geschichten oder Vorschläge, um welche Charaktere es das nächste Mal gehen soll.
Ich weiß noch nicht in welchem Rhythmus ich die Geschichten hochladen werde, aber ich werde mir Mühe geben, euch nicht zu lange warten zu lassen. ;)

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