84 - Delirium

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Im Delirium war sie nur noch ein Bündel aus Schmerz.

Ihre Arme, ihr Brustkorb.

Jedes Mal, wenn eine Windböe Cress Körper zur Seite drückte, verspannte sich jeder zitternde Muskel noch mehr.

Ihre Augen waren geschlossen, die blutigen Hände immer noch um die Rolle geklammert.

Ire Gedanken hatten sich abgeschaltet, da war Nichts mehr als Stille.

Und dann wieder Panik, gefolgt von Stille. Ihr Kopf sank in den Nacken.

Die Schmerzen, oh Sterne, die Schmerzen.

„Es wird alles gut", flüsterte sie sich selbst zu, so leise, dass sie es kaum hörte.

Ein Windstoß.

Die Diebin stöhnte auf vor Qual, wollte schreien, wollte um sich schlagen. Aber sie konnte sich nicht mehr bewegen.

Ihre Gliedmaßen fühlten sich an wie Stein, das Atmen wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer, bis sie nicht mehr wusste, was los war, woher sie kam und wer sie war.

„Nicht weinen. Nicht. Weinen.", murmelte sie durch zusammengepresste Zähne.

Sie keuchte, weinte, murmelte und betete.

Hilflos ohne ihre Flügel, halbtot, während der Nebel immer dichter wurde. Irgendwann flehte sie darum, endlich fallen zu dürfen. Sie hatte Nichts, an dem sie sich festhalten konnte.

Sie war allein.

Ausgestoßen.

Sie wusste nicht einmal selbst, wer sie war.

Farblos.

Cress driftete ab, sah Jahre später ihre Knochen über dem Abgrund zwischen den Hochhäusern im Wind schwankten.

Sie vergrub sich in ihr selbst, suchte nach etwas, an dem sie sich festhalten konnte. Und fand nichts außer den knochentiefen Schmerzen.

Ihre Schultern, ihr Rücken, ihr Nacken.

Sie japste nach Luft, atmete nur Nebel ein.

So lange, bis sie gnädige Dunkelheit umfing und eine Tür ganz hinten in ihrem Kopf aufging.

Ein letztes Mal erlebte sie die Schrecken ihres letzten Tags als Bürgerin der Stadt. Ein letztes Mal sah sie ihre Eltern, ihren Bruder.

Es war ihre Schuld.

Sie hatte das hier verdient.

Und als die Dunkelheit kam, empfing Cress sie mit offenen Armen.

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