Kapitel 21

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Belle

Nach dem Essen, holte Jack mich ab und wir liefen wieder durch die Straßen. Ich versuchte unauffällig zu erfahren, wer diese Elizabeth, zu der er mich wieder brachte, war. Er schmunzelte leicht über meinen schlechten Versuch Informationen zu ergattern, aber antwortete schließlich auf die Frage. Es war nicht seine Großmutter, so wie ich es vermutet hatte, sondern Drakes. Mehr traute ich mich nicht zu fragen.

Als er mich also bei Drakes Großmutter absetzte, pflanzte er einen anderen Mann vor die Tür und verschwand wieder ohne mir weiter Beachtung zu schenken. Das war mir nur recht. Ich ließ mich auf die Couch nieder, Elizabeth war anderweitig beschäftigt. Sie hatte Gartenarbeit, meinte sie. Und ich war hier, um ihr dabei zu helfen. Auch wenn der Mond bereits am wolkenlosen Himmel hell erstrahlte.

Doch sie bemerkte meine Müdigkeit, sagte Jack nichts und genehmigte mir heimlich, mich im Wohnzimmer ein wenig auszuruhen.

Während sie also beschäftigt war, stand ich auf und nutzte die alleinige Zeit ein wenig aus, um mich umzusehen. Eigentlich war das Rumschnüffeln in fremden Häusern äußerst unhöflich - lehrte mich meine Mutter - aber diese Situation empfand ich als eine Ausnahme und überlebenswichtig. Umso mehr ich über die Personen, die mich gefangen hielten, wusste, umso mehr Schwachstellen kannte ich vielleicht.

Ich öffnete die erste Schublade in der kleinen Kommode an der gegenüberliegenden Wand, natürlich erst als ich mich vergewissert hatte, dass mich niemand sehen konnte, und entdeckte nur lauter Krimskrams. Dann machte ich mich an die zweite, welche sich unter dem Fensterbrett befand. Darin fand ich alte Fotos, ich zog sie neugierig heraus. Auf dem ersten Foto bildeten sich eine Frau mittleren Alters und zwei kleine Kinder ab. Es waren zwei Jungs, wenn ich mich nicht täuschte.

Ich fragte mich, wer sie waren und ob ich sie hier schon gesehen hatte. Die Kinder waren nicht älter als fünf. Im Hintergrund erkannte ich... Beth's Haus. Das Foto wurde in ihrem kleinen Vorgarten geschossen. Und, wenn ich genauer hinsah, konnte ich Beths Gesichtszüge klarer erkennen. Wow. Das musste sie in ihren jüngeren Jahren sein. Das Foto wurde, laut Jahresangabe, vor sechzehn Jahren geschossen. So lange lebten diese Menschen also schon hier? Und so lange war Beth schon farblos? War das überhaupt möglich?

Konnten die Kinder auf dem Bild vielleicht Jack und Drake sein? Ihre Gesichtszüge sprachen dafür.

Gerade wollte ich mir die anderen Fotos unter die Lupe nehmen, da hörte ich die Haustür knarren. Schnell schleuderte ich die Fotos zurück und schloss die Schublade. Zu meinem Pech flog eins der Fotos zu Boden und ich musste mich regelrecht auf sie schmeißen bevor Beth den Raum betrat und mich bäuchlings auf dem Boden entdeckte.

»Und 11«, atmete ich betont außer Puste aus während ich meine Ellbogen streckte und so tat als hätte ich eben Liegestützen gemacht. »Ich kann nicht mehr, huch!« Mit meiner linken Hand, schob ich das Foto in meine Hosentasche. Ohne dass es Elizabeth bemerkte.

»Was machst du da?«, fragte sie sichtlich irritiert und beobachtete mich skeptisch beim Aufstehen - mit dem Foto sicher in der Hosentasche verstaut.

Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich antwortete: »Sport«

Unglaubwürdig wandte sie den Blick von mir ab und sah sich im Raum um. Schnell fügte ich hinzu: »Nun, das habe ich zuhause in meiner Freizeit sehr gerne gemacht.«

Zögerlich nickte sie. »Ich wollte fragen ob du was brauchst?«

Gespielt lässig klopfte ich den Staub von meiner Hose und meinem Oberteil. »Nein, danke«, rang ich mir ein halbherziges Lächeln ab und hoffte inständig, dass sie wieder ging damit ich das fehlende Foto zurücklegen konnte.

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWhere stories live. Discover now