Ein Echo von Anfang und Ende

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Ilwyd spürte harten Felsen unter seinem zerschundenen Körper. Hustend richtete er sich auf, spuckte auf den Boden und strich sich das feuchte Haar aus dem Gesicht.

Es war düster um ihn herum, und nahezu unbewusst ließ er eine Lichtkugel über sich erscheinen. Eine große, weitreichende Höhle eröffnete sich dem Magier, dessen Decke und Wände in Dunkelheit lagen.

Mit leichter Panik sprang er auf die Beine und betastete seinen Körper. Ein paar Kratzer an seinen Armen, eine Schürfwunde im Gesicht aber ansonsten... nichts.

Hatte ihn jemand gefunden und versorgt? Hatte er sich selbst geheilt? Aber wie hätte das funktionieren sollen, er hatte auf seiner Flucht die letzten Reserven seiner Magie angekratzt. So schnell war es einfach nicht möglich, dass sich seine Kräfte regenerierten.

Ilwyd schaute sich verwundert um. Er war definitiv unter Tage. Der raue Fels unter seinen Füßen war glitschig und nicht weit weg ließ sich das rauschende Wasser vernehmen. Behutsam trat er ein paar Schritte nach vorne, die Lichtkugel ließ er weiter nach oben gleiten und sie heller strahlen. Nein, er spürte nichts mehr von seinem Kampf in den Knochen. Als hätte er diesen Wald nie betreten. Als wären das Knochengesicht und die anderen Wesen ... nur Einbildung gewesen.

Erkennend schnaufte der Magier und sein Mundwinkel zuckte kurz. Es würde ihn fast schon belustigen, dass er nicht gemerkt hatte, wie der giftige Nebel ihm langsam die Sinne geraubt hatte – wenn er wüsste, wohin der reißende Strom, in den er gefallen war, ihn getragen hätte.

Als er sich umdrehte, stand er zwei riesigen Steinsäulen gegenüber. Sie wirkten verwittert, der Stein war an einigen Stellen eingerissen und alte Symbole zogen sich über die einst glatte Oberfläche. Zwischen ihnen zog sich ein steinerner Steg in die Dunkelheit und Ilwyd erkannte, dass der glitschige Fels einer Treppe ähnlich war.

Eine verlassene Zwergenstadt.

Das Schicksal hatte ihn direkt an sein Ziel getragen...

Aufgeregt wandte er sich von dem Steg ab und als wäre ein Schleier gefallen bemerkte er nun die Reste der alten, verfallen Bauwerke.

Die verzierten Bögen an den Wänden, die verborgenen Balkone und die Ruinen der Hafengebäude. Sein Licht stieg immer höher und leuchtete so intensiv, als wäre die Sonne unter dem Berge aufgegangen.

Es schien, als hätte ein Feuer gewütet und sich durch die Felsen gefressen. Doch keine Flamme vermochte heiß genug zu werden, um so einen unermesslichen Schaden im Zwergenstein zu hinterlassen. Nein, dachte Ilwyd. Zumindest keine irdische Flamme.

Er stieß weiter vor, bahnte sich seinen Weg durch die Ruinen einer Stadt, die einst reich und prachtvoll gewesen sein musste. Die Höhle wurde schmaler und vor ihm eröffnete sich eine Schlucht überspannt von einer gigantischen Brücke. Eine Gänsehaut zog sich über seine Arme, er hob die rechte Hand und kleine Lichtfunken trennten sich von ihrer Quelle. Die Pfeiler waren breiter als die alten Bäume des Nebelwaldes, gigantisch und in Form ihrer Erbauer geschlagen. Ilwyd sah den Lichtfunken nach und er kreuzte den Blick einer der Statuen, einem alten, grimmig wirkenden Zwergenmeisters. Die Magie, die dieses Bauwerk durchdrang um es vor Verwitterung zu schützen, war klar zu spüren. Die Luft vibrierte und surrte unaufhörlich.

Ein Torbogen markierte den Übergang zur Brücke und um die Runen erkennen zu können, musste er den Kopf in den Nacken legen. Konzentriert starrte er auf die in Stein gemeißelten Zeichen, rätselte und grübelte. Sie ergaben keinen Sinn, er war nicht in der Lage sie zu lesen. Sie waren... unbekannt. Und doch verspürte Ilwyd bei ihrem Anblick dieses Gefühl etwas bekanntem, etwas aus seinem alten Leben gegenüberzustehen. Doch war es ihm verwehrt, verschlossen tief in der Leere seines Geistes.

Der letzte GottWo Geschichten leben. Entdecke jetzt