Kapitel XIII

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Etwas desorientiert schreckte Severus am nächsten Morgen auf und sah sich zuerst im noch dunklen Raum um. Mit seinen langen Fingern tastete er auf dem Nachttisch nach seinem Zauberstab. Als er ihm endlich gefunden hatte, ließ er sich die Uhrzeit anzeigen.

5 Uhr.

Eigentlich keine ungewöhnliche Zeit um aufzuwachen, oder wie sonst von Wimmern und Weinen aufgeweckt zu werden. Als er merkte, dass das fehlte, lief er zu Hermines Bett, um nach ihr zu sehen - doch es war leer.

Etwas verwirrt überlegte er, wo sie denn um diese Uhrzeit sein könnte. Er suchte ihre gesamte kleine Wohnung ab, ohne Erfolg. Anschließend sah er kurz nach den Kindern, die zum Glück noch fest schliefen, und lief dann zum Gemeinschaftsraum in der Hoffnung, dass sie dort am Feuer sitzen würde.

Seine Hoffnungen jedoch wurden enttäuscht, als er in den Gemeinschaftsraum trat und das Feuer im Herd längst erloschen war.

Frustriert lief er zurück zu den Räumen, die er mit ihr und den Kindern momentan teilte. Einerseits wollte er nichts lieber, als sie suchen zu gehen, andererseits konnte er die Kleinen wohl kaum allein lassen.

Tief seufzend setzte er sich in seinen mittlerweile angestammten Sessel, entzündete magisch ein Feuer und fing an, in dem Buch zu lesen, welches sie ihm am Abend zuvor anvertraute.

Einige Zeit später wurde sein Lesen vom Schrei eines Kindes unterbrochen. Schnell positionierte er sein Lesezeichen und stand auf, um zu sehen, was los war. Noch nicht einmal bei den Krippen angekommen, sah er schon einen Schopf schwarzen unbändigen Haares.

Der kleine Junge mit den stechend grünen Augen stand in der weißen Krippe und sah ihn nun stumm an.

Der sonst so stille und eher mürrische Mann bückte sich und nahm den kleinen Jungen auf den Arm.

"Hey, du bist ja schon wieder schwerer geworden. Wenn das so weiter geht mit dir, dann hebe ich dich bald nicht mehr so schnell hoch. Was hast du denn, Harry?" fragte er scherzend.

Harry hingegen schaute traurig nach unten, zeigte auf seinen Bauch und fragte leise: "Essen?"

Severus musste daraufhin leicht lachen und erwiderte: "Mhm, ist es denn schon wieder Zeit für Frühstück, junger Mann?"

Als Harry in Antwort langsam nickte, lachte der schwarzhaarige Mann leise auf und nahm den Jungen mit ins Badezimmer, um ihn für den Tag anzuziehen, bevor er sich um seinen Patensohn kümmern würde.

Wenig später saßen beide Jungen fertig angezogen auf Hermines Bett und seufzend ließ sich Severus erneut die Uhrzeit anzeigen.

7 Uhr. Es waren zwei Stunden vergangen und sie war immer noch nicht zurückgekehrt.

So langsam fing er wirklich an, sich Sorgen zu machen, doch es half ja alles nichts. Vielleicht saß sie auch einfach in der Bibliothek und zum Frühstück würde sie auftauchen, da war er sich sicher.

Mit beiden Jungen auf dem Arm machte er sich auf den Weg zum Frühstück in der Großen Halle.

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In der Großen Halle angekommen lief Severus geradewegs zum Lehrertisch und nahm mit den Kindern Platz. Auf jedem Knie balancierte er einen der Jungen und versuchte, sich eine Tasse Kaffee einzugießen. 

"Guten Morgen, Severus. Du brauchst nicht zufälligerweise etwas Hilfe?" sagte die Schulleiterin mit unterdrücktem Grinsen. 

Severus hingegen antwortete nur: "Wenn du dann bald mit Lachen fertig bist, dann wäre etwas Hilfe gar nicht verkehrt."

Eine weitere Minute verging, die Minerva benötigte, um sich das Lachen schlussendlich zu verklemmen. Erst dann griff sie nach dem schwarzhaarigen Jungen und setzte ihn bei sich selbst auf den Schoß. Nun konnten beide anfangen, den Kleinen etwas zu Essen zu machen. Überraschenderweise musste Severus feststellen, dass der kleine Junge sich von ihr mit kleingeschnittenem Toast mit Marmelade füttern ließ.

Severus tat es seiner Kollegin gleich und gab seinem blonden Patensohn ebenfalls etwas zu Essen. Nur kurz darauf schienen allerdings beide Jungen genug zu haben und fingen an, unruhig zu werden. Schließlich mussten die beiden Erwachsenen sie auf den Boden setzen, wo sie anfingen, miteinander zu spielen.

"Dir scheint es heute besser zu gehen", stellte Severus fest bevor er einen großen Schluck aus seiner Tasse schwarzem Kaffee trank, um wirklich wach zu werden. 

"In der Tat, und deine Auszubildende hatte daran keinen unerheblichen Anteil. Immerhin hat sie mir ja keine Ruhe gelassen. Wo wir gerade dabei sind: wo ist sie eigentlich?" 

"Ich bin heute um 5 Uhr aufgewacht, so wie mittlerweile eigentlich jeden Tag seit dem ich bei ihr wohne. Normalerweise sind ihre Albträume dann am schlimmsten und ich wecke sie sonst immer auf. Als ich heute wach geworden bin, wollte ich wie immer nach ihr sehen, doch ihr Bett war leer und die ganze Wohnung war ungewohnt still. Die Kleinen waren immer noch im Tiefschlaf, das hieß, dass sie schon eine Weile weg gewesen sein muss."

"Und warum genau sollte sie in der Mitte der Nacht aufstehen und herumwandern?"

Die Schulleiterin blickte ihn fragend und streng an, ihre Augenbrauen so hochgezogen, dass selbst Severus sich wieder wie ein Zweitklässler fühlte.

"Wir hatten Streit oder so etwas in der Art. Sie hat mir grob erzählt, was dich so beschäftigt hat und auf einmal hat sie mich nach meiner eigenen Kindheit ausgefragt. Ich habe ihr unter Umständen vielleicht gesagt, dass meine Kindheit sie nichts angeht und habe gefragt, warum sie das den interessiere. Daraufhin ist sie einfach aufgestanden, sagte irgendetwas darüber, dass sie ihre Freunde gern wirklich kennt und ist dann in das Badezimmer gegangen und hat sich da verschanzt. Ich habe gehört, wie sie Wasser in die Badewanne eingelassen hat und da war für mich klar, dass sie so schnell nicht mehr herauskommt und daher bin ich schlafen gegangen. Ich weiß nicht, ob sie irgendwann auch ins Bett gegangen ist oder ob sie sich einfach direkt herausgeschlichen hat."

Severus war sich sicher, dass er jetzt einen Vortrag über Manieren von seiner langjährigen Kollegin und Freundin erhalten würde, doch bevor sie überhaupt dazu ansetzen konnte, hörten sie kindliches Gequietsche von unter dem Tisch.

Überrascht und alarmiert sahen die beiden nach unten und sahen, dass die beiden Kleinkinder über irgendetwas beinahe hysterisch lachten. Severus kniete sich vor die Kinder um zu sehen, was genau denn so lustig war. 

"Dir ist bewusst, dass dein Unterricht sehr bald beginnt, Severus?", fragte Minerva nach einem Blick auf ihre Uhr.

"Ja und da werde ich auch hingehen, aber erst muss ich meinem Patensohn Kleidung anziehen, die ihm besser passt, als diese hier."

Er nahm den blonden Jungen auf den Arm, dessen Pullover mittlerweile gute drei Zentimeter zu kurz war, doch Severus hätte schwören können, dass der Pullover wie angegossen gepasst hat, als er ihn dem Kleinen angezogen hatte vor nicht allzu langer Zeit. In aller Eile verließ der Professor die Große Halle, nachdem die Schulleiterin ihm auch den schwarzhaarigen kleinen Jungen auf den Arm gesetzt hatte. 


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⏰ Last updated: Dec 08, 2021 ⏰

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