Kapitel V

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Sie läuft an ihnen vorbei, an den leblosen Körpern ihrer Freunde. Tonks und Remus liegen nebeneinander auf dem kalten Steinboden der Großen Halle, nun auf immer vereint und nie getrennt, genauso,  wie sie es sich auf ihrer Hochzeit geschworen hatten. Sie muss instinktiv an den kleinen Teddy denken. Der Kleine hatte nie eine Chance gehabt, seine Eltern kennenzulernen, so wie Harry.
Padma Patil und Lavender Brown, zwei ihrer Mitschülerinnen aus Gryffindor, mit denen sie nie sonderlich viel zu tun gehabt hat, worüber sie eigentlich ganz froh war. Dennoch hat niemand so etwas verdient.
Plötzlich beginnen grüne Lichtblitze durch die Halle zu zucken. Irgendwo beginnt ein Baby zu schreien. Überall um sie herum fallen ihre Freunde zu Boden, zuerst Ron, dann Neville und Harry. Die Schreie des Kindes werden lauter und lauter.

Schwer atmend und schweißgebadet wachte Hermine auf. Es war exakt derselbe Albtraum, der sie bereits seit Monaten regelmäßig plagte. Bis auf das Ende, das Ende war ihr neu.

Die Babyschreie hörte sie allerdings immer noch. Wo kamen die wohl her, wenn sie sie sich nicht nur eingebildet hat?

Mit ihrem Zauberstab entzündete sie die Lampen in ihrem Raum und sah sich um. Zuerst sah sie in ein paar müde und böse dreinschauende schwarze Augen. Sie ließ ihren Blick schweifen und fand die Quelle des Babyschreiens: Harry.

Er schien vor ihrem umherwerfen wach geworden zu sein. 

Schnell stand sie auf und nahm den kleinen auf den Arm, um ihn zu beruhigen. Nebenbei warf sie einen Blick auf den Wecker, der auf ihrem Nachttisch stand.

5:57 Uhr morgens. 

Mit einem leisen Seufzen setzte sie sich wieder auf ihr Bett, immer noch damit beschäftigt, den Jungen zu beruhigen. Nach zehn Minuten gab sie dieses schwierige Unterfangen jedoch auf.

"Winky?", fragte sie leise in den dunklen Raum hinein und nur wenige Sekunden später erschien ein kleiner Hauself in ihrem Zimmer. Die kleine Kreatur sah mit den viel zu großen Socken an den Füßen fast so aus, wie Dobby. Bei dem Gedanken an den kleinen Hauselfen musste Hermine mit den Tränen kämpfen, während sie in Erinnerungen an ihn schwelgte.

Sie wurde von Winky jedoch aus den Gedanken gerissen: "Ja, Miss Hermine?"

"Winky, kannst du mir bitte zwei kleine Portionen Porridge, eine Tasse schwarzen Kaffee und zwei Scheiben Toast mit Orangenmarmelade bringen?"

"Aber natürlich, Miss Hermine. Winky ist sofort wieder da", und mit einem leisen Plopp war sie auch schon wieder verschwunden.  

Harry schien sich nun endlich etwas zu beruhigen und so schweifte Hermines Blick rüber zum Bett ihres Professors. Dieser starrte sie böse aus seinen riesig-wirkenden schwarzen Augen an. Sein Mund war nur noch ein kleiner, dünner Strich und obwohl es wohl grimmig aussehen sollte, musste Hermine aufpassen, nicht laut loszuprusten. Er schien sich wirklich darauf zu konzentrieren, einschüchternd zu wirken aber da konnte er machen, was er wollte. Egal, ob nun ein Baby oder ein Baby-Snape so etwas versucht, es wird nie irgendetwas anderes sein, als süß.

"Was ist los, Sir? Was wollen Sie denn sonst essen? Sie haben nur zwei Zähne, vergessen Sie das nicht", lachte Hermine als Antwort. 

Mit einem leisen Plopp tauchte Winky wieder auf und stellte ein Tablett mit dem Essen auf den kleinen Tisch in Hermines Sitzecke. "Kann Winky sonst noch etwas tun, Miss Hermine?"

"Nein, Winky. Danke, das wäre alles", erwiderte Hermine und machte sich daran, Harry zu füttern.  

Als sie damit fertig war, gab auch der kleine Junge endlich ruhe und schlief seelenruhig wieder ein. 

"Und jetzt zu Ihnen."

Er hasste es. Warum musste auch ausgerechnet ein Schüler dafür zuständig sein, ihn zu füttern? Aber auch er musste einsehen, dass er derzeit einfach nicht in der Lage war, irgendetwas selbst zu tun. Er konnte ja nicht einmal alleine 3 Schritte laufen, ohne hinzufallen.

Warum auch nicht. Wenn ich schon im Körper eines 12 Monate alten Kleinkindes gefangen bin, kann ich mich doch auch so verhalten. Entweder ich blamiere mich überall, wo ich hingehe, oder ich lasse mich von ihr durch die Gegend tragen und da scheint mir die zweite Möglichkeit doch sehr viel angenehmer.

Severus wartete also, bis sie ihn auf den Arm nahm und ihm einen Löffel Porridge nach dem anderen gab. Er musste erstaunt zugeben, dass das sogar recht gut schmeckte.

Als die kleine Schale leer war, setzte sie ihn hin und nahm schnell selbst ihr Frühstück zu sich, bevor sie ihn und Harry wieder hochnahm und sie ins Badezimmer trug. "So, ihr beiden. Zeit für ein Bad bevor wir in den Tag starten."

Moment, was? Nein! Du willst mich doch nicht wirklich baden, oder? Das würde ja heißen, dass sie alles sehen würde, auch Dinge, die sie nie sehen sollte... Nein, nein, nein. Das ist doch wohl ein schlechter Scherz. Bitte sag mir, dass sie mich nur veräppeln möchte.

Er kam gar nicht dazu, sich weiter innerlich in Rage zu reden, denn sie hatte ihn und Harry schon in ihr kleines Bad getragen. Sie setzte ihn neben der Badewanne ab und schaltete das Wasser an.

Während sich die Badewanne langsam füllte, zog sie Harry aus und setzte ihn in das warme Wasser. Dann drehte sie sich um und wollte dasselbe mit Severus machen, doch er saß nicht mehr da. 

Sie schaute sich um und sah, dass er versuchte, aus dem Bad zu flüchten. 

"Severus! Auch du wirst in dieser Badewanne landen. Ich mache immer alle Aufgaben so gut es geht und das hier wird keine Ausnahme sein", sagte sie, als sie ihn wieder zappelnd und strampelnd auf dem Arm hatte. Er war auf seinen kurzen unsicheren Beinen eben doch nicht so schnell wie ein Erwachsener.

Ebenso gab sie es einfach auf, ihn die ganze Zeit zu siezen. Schließlich war er derzeit ein Kind und wohl kaum ihr Professor.

Sie zog ihn also aus und setzte ihn neben Harry in die Wanne. Er überkreuzte seine kurzen Ärmchen über der Brust und versuchte erneut, sie niederzustarren. Währenddessen schien Harry sehr viel Spaß damit zu haben, mit Wasser umherzuspritzen und sein Ziel schien offenbar sein Professor zu sein, was dessen Laune nicht wirklich zu heben schien. 

Hermine beeilte sich damit, die beiden zu waschen und anzuziehen. Sie hatte nebenbei schließlich ein paar Haargummis und Haarnadeln in neue Kleidung verwandelt. 

Sie nahm den glücklich vor sich hin brabbelnden Harry und einen eher säuerlich dreinschauenden Severus auf den Arm und ging in ihr Schlafzimmer. Dort griff sie nach ihrer Schultasche und ging die Treppe hinunter in ihren neuen Gemeinschaftsraum.

Neville und Astoria warteten dort bereits auf sie mit ihren Schützlingen.

Zusammen begaben sie sich auf den Weg zum Klassenzimmer für Verwandlung.

Den ganzen Weg lang starrte Severus sie mehr oder weniger verhasst an.

"Was? Dachtest du wirklich, ich lasse dich in Schwarz umherwandern? Für die nächste Zeit wirst du nichts Schwarzes mehr tragen und ganz ehrlich, dunkelblau steht dir auch ganz gut. Außerdem finde ich, dass ich durchaus schlimmere Farben hätte wählen können: rot zum Beispiel, oder ein schönes helles gelb. Wäre dir das etwa lieber?" 

Daraufhin zogen sich seine Augenbrauen nur noch weiter zusammen und sie konnte sich ein kleines zufriedenes Siegerlächeln nicht verkneifen. 

Das würde sie nicht wagen! Aber recht hat sie ja schon, blau ist definitiv besser als rot oder gelb. Moment, warum habe ich ihr gerade zugestimmt? Ich glaube, dass ich mir einen schönen Platz im Janus-Thickey-Ward im St. Mungos aussuchen kann, wenn das ganze hier vorbei ist. Meine einzige Bedingung wäre ein Platz so weit wie möglich weg von Lockhart.

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