Kapitel 11

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Die Tage bis Weihnachten verliefen ruhig. Ich ging vormittags zur Schule und nachmittags war ich zusammen mit Eric, Alex und Celia im Café. Aber egal wann ich dort war, ein unhöflicher Italiener in Lederjacke begegnete mir nie. Je mehr Zeit verstrich, desto nervöser wurde ich.

Dann kam Weihnachten. Wir machten wirklich irgendwann peinliche Familienfotos mit Weihnachtspullovern. Doch auch wenn es überall nach Keksen roch und ich die ganze Zeit nur Kaffee trank und Bücher las, hatte ich ein mulmiges Gefühl im Bauch. Ich würde erst kurz vor Silvester wieder anfangen zu arbeiten und ich wusste nicht, wie Lucio außerhalb des Cafés mit mir Kontakt aufnehmen wollte. Ich hoffte die ganze Zeit, dass er nicht irgendwann mitten in der Nacht mit einer Scream-Maske in meinem Zimmer stehen und mich zu Tode erschrecken würde. Vielleicht hatte er aber auch beschlossen, mich einfach in Ruhe zu lassen? Beides sehr wahrscheinlich Lily. Sehr wahrscheinlich.

Trotzdem war ich nervös. Zwei Tage vor Silvester wollte ich mich mit Eric, Celia und Alex im Café treffen. Hauptsächlich um unsere Silvester Party zu planen. Durch irgendeine göttliche Fügung hatte mein Vater mir erlaubt die Nacht zusammen mit Celia, Alex und ein „paar" anderen Freunden bei Eric zu verbringen. Was mein Vater jedoch nicht wusste war, dass wir in Wirklichkeit mit ein „paar mehr" Leuten bei Alex feierten, da seine Eltern nicht da waren und Erics Eltern einfach behaupten würden, Celia und ich wären die ganze Nacht dort gewesen. Doch Alex war krank und das sorgte dafür, dass wir nun „das Pärchen" und ich waren. Sehr angenehm.

Deshalb stand ich fast die ganze Zeit an der Theke und bediente, während Celia und Eric hinten saßen und nur ab und zu Fragen rüber riefen. Ich wollte gerade fragen, ob die beiden nicht auch mal bedienen wollten, so dass ich eine Pause machen konnte, als Lucio das Café betrat. Er trug wie immer seine Lederjacke und mir war es ein Rätsel, wie er darin nicht frieren konnte.

Ich glaube mein Herz blieb kurz stehen. Ich hatte mir sehr lange überlegt, was ich tun sollte, wenn ich ihn wiedersehe, doch keiner meiner Pläne war wirklich produktiv. Das lag vielleicht auch daran, dass zwei von fünf Plänen damit endeten, dass ich ihm ins Gesicht trat, so wie ich es beim Kickboxen gelernt hatte. Doch leider war er nur gefühlt zwei Meter zu groß dafür.

Aber anstatt mich in irgendwelche Gespräche darüber wen ich zu ermorden hatte, zu verwickeln, bestellte Makkaroni einen Kaffee. Währenddessen war ich auch überhaupt nicht dabei eine Panikattacke zu durchleben. „Einen doppelten Espresso und eine Cannoli." Ich versuchte das Zittern in meiner Hand zu unterdrücken, als ich nach den Pappbechern griff. Anscheinend hatte ich das, was passiert war noch nicht so gut verarbeitet, wie ich erwartet hatte. Als ich gerade den Espresso zubereiten wollte, hielt er mich auf: „Zum hiertrinken"

Lucio machte, vermutlich nur, um meine Reaktion zu sehen, eine kleine Sprechpause. „Bitte." Er gab mir ein strahlendes Lächeln, das ich ihm zu gerne aus dem Gesicht geklatscht hätte. „Kommt sofort", presste ich hervor, stellte den Pappbecher zurück auf seinen Stapel und nahm mit immer noch zitternden Händen eine Tasse. „Was ist los, Principessa? Du wirkst so nervös", fragte er gespielt besorgt. Ich schüttelte den Kopf und lächelte gekünstelt. „Nein, nein. Nur zu viel Koffein. Das passiert, wenn man in einem Café arbeitet. Das ist alles." Was für eine geniale Ausrede... Super, Lily. Er hat so auf jeden Fall nicht gemerkt, dass du nervös warst.

Ich versuchte ihn nicht anzusehen, als ich den Espresso zubereitete und die Cannoli auf einen Teller legte. Doch ich spürte, wie er mich die ganze Zeit, vermutlich grinsend, anstarrte. Dann schob ich ihm seine Sachen zu. „3 Dollar und 50 Cent", murmelte ich. Lucio lehnte sich näher zu mir. „Wie viel? Ich hab dich nicht ganz verstanden", fragte er hämisch grinsend. Meine Hand zuckte, so sehr wollte ich ihm das Grinsen aus dem Gesicht schlagen.

Mafioso to goDonde viven las historias. Descúbrelo ahora