Kapitel 55

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Der Weg vom Auto bis zu Antonios Büro fühlte sich viel zu kurz an. Viel zu schnell hörte ich das Klackern meiner Stiefel auf der steinernen Treppe, welche in die obere Etage führte, in der das Büro von Lucios Vater lag. Und viel zu kurz danach erklang das laute Klopfen von Lucios Knöcheln gegen die dunkle Holztüre. Als wir das Büro betraten, klopfte mir mein Herz bis zum Hals. Ich stand erneut auf dem teuren, handgewebten Teppich, auf dem mich der Mafia Boss bei meinem ersten Besuch in diesem Raum beinahe erschlossen hatte. Lucio blieb einige Schritte hinter mir stehen.

Der Mafiaboss saß hinter seinem massiven Schreibtisch, ein Glas Whiskey in seiner linken Hand. Mit der anderen blätterte er in einem dicken Ordner. Antonio Cattivo hob den Blick und seine kalten Augen musterten mich. Er runzelte die Stirn und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, eine Geste, die ich von Lucio gut kannte. „Mein Sohn erzählte mir, dass dein Vater den Fall der Lagerhalle der Fecchino Familie übernommen hat. Es besteht die Gefahr, dass es so zwangsläufig auch unsere Familie verdächtigen wird" Ich nickte nur stumm, während Antonio sein Whiskey Glas in die Hand nahm, und die bernsteinfarbene Flüssigkeit umherschwappen ließ.

„Sie wird ihrem Vater nichts erzählen. Sie hat den Vertrauensbeweis geleistet", fing Lucio an, doch sein Vater unterbrach ihn. „Sei still, Lucio. Evangeline kann für sich selbst sprechen!" Während mich Lucio oft Evangeline nannte, um mich zu ärgern, klang aus Antonios Stimme kein freundlicher Spott. „Ich werde meinem Vater nichts erzählen. Er weiß nicht, dass ich auch nur irgendwas damit zu tun habe, oder irgendetwas weiß", sagte ich schnell. Lucios Vater sah mich still an. Er schien mit sich selbst zu debattieren, ob er meinen Worten Glauben schenken sollte. „Signorina, wenn auch nur der Hauch einer Chance besteht, dass du deinem Vater Informationen über unsere Familie hast zukommen lassen, wird die gesamte New Yorker Polizei erfahren, dass du Enrico Bernotti hingerichtet hast" Übelkeit stieg in mir auf. Ich nickte knapp.

„Nun gut", sagte er und wandte sich wieder dem Aktenorder zu, der vor ihm lag. Das Gespräch schien beendet zu sein. War das alles? War ich fertig mit der Mafia? Würden keine neuen Aufträge bekommen? Oder würden sie mir so lange ich lebte damit drohen, der Polizei zu erzählen, dass ich die Mörderin war. „Komm", flüsterte mir Lucio zu und nahm meine Hand. Leise verließen wir den Raum. Mit schnellen Schritten zog mich Lucio an den Bodyguards, die vor dem Büro standen, den Flur entlang, bis zu seinem Zimmer. Er riss die Tür auf und schloss sie schwungvoll wieder. Still standen wir eine Weile einfach nur da. Mein Atem ging schnell und flach, sodass ich kaum Luft bekam. Schwarze Punkte flackerten vor meinen Augen.

Fast unhörbar zischte Lucio etwas auf Italienisch und erst jetzt bemerkte ich, dass ich immer noch Lucios Hand hielt. Ich wollte sie gerade wegziehen, da zog er mich näher zu sich und küsste mich. Seine Lippen fühlten sich hart und gleichzeitig weich und sanft auf meinen an und ich vergaß zu atmen. Flatternd schlossen sich meine Augen. Mein Verstand versuchte mich darauf hinzuweisen, was ich gerade tat und wen ich da gerade küsste. Doch als Lucios Hand in meine langen roten Haare griff und mich näher zu ihm zog, als irgend möglich, versteckte ich meinen Verstand in die hinterste Ecke. Nach einiger Zeit, die sich gleichzeitig viel zu kurz und wie eine Ewigkeit anfühlte, schob ich ihn von mir weg. Wir beide atmeten schwer. „Tut mir leid... Ich wollte nicht... Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe", stammelte Lucio. In diesem Moment fasste ich eine Entscheidung. Ohne ein weiteres Wort trat ich wieder auf Lucio zu, legte meine Arme um seinen Hals und küsste ihn. Er erwiderte den Kuss und hielt mich in seinen Armen. Ich schnappte nach Luft, als er mich hochhob und mich wenige Sekunden später vorsichtig, als hätte er Angst mich zu zerbrechen, auf sein Bett legte, ohne, dass unsere Lippen sich trennten. Er lehnte sich über mich und stützte sich auf seine Ellenbogen ab, um mich nicht zu zerdrücken. Meine Hände fuhren durch seine seidigen, schwarzen Haare. Für eine Sekunde trennten sich unsere Lippen und Lucio sah mich an. Ich schnappte wieder nach Luft, bevor sein Mund wieder meinen fand. Ich fuhr mit meiner Hand über seinen Brustkorb und spürte, wie sein Herz unter seinem schwarzen Hemd heftig schlug. Vorsichtig, mit zitternden Händen öffnete ich den obersten Knopf. Dann den nächsten. Als meine Fingerspitzen seine Brust berührten, erschauderte Lucio. Eine Gänsehaut breitete sich über seinem ganzen Körper aus und er küsste mich noch leidenschaftlicher.

Es klopfte. Wie ein Komet flog Lucio von mir weg und zur anderen Seite des Raumes. Man sah seinem Blick an, dass er über Unterbrechung nicht glücklich war. Widerwillig ging Lucio zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit. "Was?", knurrte er. Falls die Person auf der anderen Seite sich überhaupt noch traute etwas zu sagen, konnte ich es nicht hören. Derjenige, der Lucio gegenüber stand war anscheinend mutig genug gewesen, doch zu sprechen, denn wenige Sekunden später antwortete Lucio "Und nur dafür kommst du jetzt zu mir?!"

Ein leises Lachen klang von der anderen Seite: "Stör ich gerade bei irgendwas? Sonst bist du doch auch nicht so ungehalten!" 'hörte ich plötzlich Carlos laut sagen. Ich vergrub meinen Kopf in meinen Händen. Wenn er mich jetzt hier fand, würde ich diese Geschichte für immer zu hören bekommen. In genau diesem Moment schwang die Tür auf und er stand mitten im Raum. Carlos Augen weiteten sich, als er mich auf dem Bett sitzen sah. "Lily!", stellte er fest. "Carlos!", sagte ich in demselben Tonfall. Es folgten einige Sekunden peinliches Schweigen. „Ähm... ich geh dann mal und ihr könnt weiter machen mit was auch immer ihr gerade getan habt. Ich will es um ehrlich zu sein nicht mal wissen", stammelte Carlos voller Unbehagen und machte ein paar Schritte rückwärts in die Richtung, aus der er gekommen war. Lucio konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Bis dann Carlos!", rief ich kurz bevor die Tür hinter ihm zuschlug.

„Das war unangenehm", sagte Lucio. Ich nickte bestätigend und um die Situation noch unangenehmer zu machen, knurrte in diesem Moment mein Magen unsagbar laut. Schallend fing Lucio an zu lachen. Mein Kopf nahm eine tomatenrote Farbe an. „Hunger?", grinste er und ich nickte verlegen. „Komm, wir werden schon irgendwo etwas für dich zu essen finden", sagte er und hielt mir seine Hand hin. Ohne zu zögern nahm ich sie.

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Einen Tag zu spät... Tut mir leid... :(

Aber immerhin gibt es jetzt ein wenig Action zwischen Lucio und Lily ;) Liebe liegt in der Luft :D

Ich nehme an, dass von euch auch ein paar schreiben. Wie motiviert ihr euch dazu zu schreiben?

Wie immer: Danke, dass ihr alle noch dabei seid! <3

LG Wendy



Mafioso to goWhere stories live. Discover now