30: Von allen guten Geistern

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"Wie war's gestern? Sind du und Carlo jetzt beste Freunde?", neckte Leo mich. Genervt sah ich ihn an.
"Erst sagst du, ich soll es vergessen und jetzt sprichst du mich drauf an. Entscheiden kannst du dich aber auch nicht!", meckerte ich, musste aber versuchen, nicht zu grinsen. Er fing an verschmitzt zu lächeln und ich wusste woran er dachte.
"Hast du schon mal daran gedacht, dass es mit Absicht ist?"
"Wie meinst du das?"
"Na damit ich dich wieder ablenken kann", sagte er und beugte sich zu mir.
"Doch nicht hier!", sagte ich energisch und drückte ihn weg. Zum Glück war der Bus nicht so voll.

Wir waren gerade auf dem Weg zum Stadtarchiv. Wir wollten unbedingt nochmal mit Tommaso sprechen. Also eigentlich wollte ich unbedingt mit ihm sprechen und da mich die anderen nicht alleine gehen lassen wollten, kamen sie eben mit.

"Warum nicht? Ist es dir in der Öffentlichkeit zu peinlich?" Meine Augen verengten sich zu Schlitzen. Zum Glück hielt der Bus genau jetzt und wir stiegen aus. Zielstrebig ging ich auf das kühle, graue Gebäude zu. Es war jetzt schon seit zwei Tagen so schwül und jeder hoffte auf ein Gewitter.
Kurz bevor ich rein ging, wurde ich zurück gehalten und drehte mich fragend um.
"Was denn?"
"Was willst du überhaupt sagen?", fragte Sofia.
"Ich hab mir schon was überlegt, keine Sorge!"
"Genau das macht uns doch Sorgen", meinte Leonardo. Dabei musste er sich ein Lachen verkneifen und ich verdrehte meine Augen.

Ich betrat also endlich das Gebäude und sah mich nach Tommaso um. Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung was ich ihm sagen sollte, ich nahm einfach das was kam.
"Da ist er doch!", sagte Sofia und zeigte auf eine Tür, von der er gerade kam. Zügig gingen wir auf ihn zu und als er uns sah, machte er einen komischen Gesichtsausdruck und versuchte abzuhauen. Zu spät!
"Hier geblieben!", rief ich. Er seufzte und wartete, bis wir auch wirklich bei ihm angekommen waren. Ich lächelte, als ob nie etwas gewesen wäre. "Hallo, Tommaso. Schön dich mal wieder zu sehen!" Er fuhr sich durch die Haare.
"Was wollt ihr und-" Er sah zu meinen Freunden. "Hat sie 'ne Schere dabei?" Ich sah ihn mit einem fassungslosen Blick an, hörte aber, wie sich die beiden hinter mir ein Lachen verkneifen mussten.

"Keine Sorge! Ich werde dich schon nicht umbringen! Na ja...zumindest nicht jetzt", fügte ich hinzu und lächelte scheinheilig.
"Sollte ich jetzt beunruhigt sein?", fragte er misstrauisch. Leo winkte ab.
"Also, Tommaso, seit wann hast du denn schon mit Carlo zu tun...und warum?", fragte ich direkt, da ich nicht gerne um den heißen Brei herumredete.  
"Zu tun ist der völlig falsche Ausdruck!", hob er die Hände abwehrend.  
"Ach ja? Dann nenn' mit mal einen geeigneten." Ich stemmte meine Hände in die Hüften.
"Wir haben uns nur zufällig getroffen und ich war auch nur im Internat, weil er mir angeboten hat, es mir zu zeigen."
"Pft, ja klar...Carlo und nett. Als ob der einfach so etwas anbietet!"
"Dich finde ich doch auch nett."
"Ich bin ja auch nett!", sagte ich empört. 
"Wenn du gerade keine Schere oder sonst etwas gefährliches in der Hand hast, dann ja", grinste er. Wieder verdrehte ich die Augen. 

"Zurück zu Carlo. Er würde nichts tun, ohne was dafür haben zu wollen! Also warum hat er dir angeboten das Internat zu zeigen?"
"Du bist gut", meinte er und sah mich prüfend an. Ich zuckte bloß die Schultern. "Also gut, du hast ja recht."
Ich lächelte triumphierend. "Ich weiß...schön, dass es auch endlich mal jemand bemerkt!"
Er fuhr fort: "Carlo kam kurz nachdem ihr das zweite Mal gegangen seid. Er fragte mich ein wenig nach euch aus und wie gut ich euch schon kenne und so, doch da ich nicht mal deinen Namen wusste, konnte ich ihm nur sagen, worüber ihr euch informiert habt u-"
"WAS?! Kacke verdammte!" Ich legte meine linke Hand an meine Stirn. Das war gar nicht gut.
"War das etwa nicht so gut?", fragte er vorsichtig nach.
"Sehe ich etwa so aus, als wäre ich glücklich?" Ich sah ihn abwartend an und er lächelte bloß entschuldigend.
Ich seufzte einmal. "Und weiter? Was wollte Carlo noch?"
"Ehm...er bat mir also an, mich durchs Internat zu führen, doch dafür sollte ich ihm bei etwas helfen."
"Und wobei?" Dem musste man ja alles aus der Nase ziehen!
"Ich soll euch nun immer falsche Informationen geben, falls ihr wieder etwas sucht oder so." Ich ballte meine Hände zu Fäusten.
"Ist dieser Idiot jetzt sogar schon so verzweifelt, dass er Außenstehende fragt ihm zu helfen?", sprach ich mit mir selbst. Plötzlich fiel mir aber etwas ein und ich sah wieder zu Tommaso. "Du bist doch Außenstehender, oder?"
"In wie fern?" Ich atmete aus. Okay, kein Spion.
"Also, können wir weiterhin auf dich zählen, oder hilfst du Carlo?" Mit einem Welpenblick sah ich ihn an und er musste lächeln.
"Ich würde mal sagen....ich mach' einfach mein Ding und wenn jemand kommt und Fragen zu etwas hat, dann lüge ich nicht. Also, keine Sorge, ich würde höchstens so tun, als ob."
"Danke, Tommaso!", sagte ich erleichtert. Ich gab ihm wieder einen Kuss auf die Wange. Er flüsterte: "Kriege ich auch einen auf den Mund?"
"Ciao, Tommaso!"
Er lachte. "War'n Versuch wert!"

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