§ 1, Absatz 2

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I believe in the ocean 

curing all bad moods.

I believe in the waves

wiping away worries.

I believe in seashells

bringing good luck.

I believe in toes in the sand

grounding my soul.

...~Unbekannt~...

Es wurde bereits langsam dunkel, als Vater und Sohn die vergessene Stadt erreichten. Percy musste feststellen, dass der Meeresgott recht gehabt hatte, als er erklärte, dass es hier nachts sehr schnell kalt wurde.
Der Junge schlang die Arme um seinen Oberkörper, um zumindest ein bisschen Körperwärme bei sich zu behalten. Auch wenn er wusste, dass das nicht viel bringen würde.
„Als du sagtest, dass wir eine Stadt finden müssen.", fing Percy vorsichtig an. „Hast du da so etwas gemeint?"
Die Stadt war ausgestorben. Keine Menschenseele war im Tal zu sehen, und nicht ein Laut zu hören. Sand und Gestein und trockenes Gebüsch überwucherten die Stadt und nahmen sie komplett für sich ein. Ein Flussbett, das sich durch die gesamte Stadt zog, war komplett ausgetrocknet, und wirkte wie die riesige Wirbelsäule eines Skeletts.
Wenn es hier einmal Leben gegeben hatte, dann war das schon sehr, sehr lange her.
Poseidon seufzte und rieb sich mit einer Hand über die Stirn, „Nein. Habe ich nicht. Aber zumindest finden wir hier etwas Schutz vor der Kälte. Wir sollten...-"
Der Meeresgott wurde von lauten Schreien und Grölen unterbrochen. Die Geräusche schienen nicht weit weg zu sein. Vielleicht 100m links von ihnen, wo das Gestrüpp fast undurchdringbar wurde. Die Betonung lag auf fast. Und das reichte Percy vollkommen aus.
„Wir müssen ihnen helfen. Das klingt nach einem Überfall.", Er sah seinen Vater auffordernd an, der jedoch zögerte. Sie konnten nicht wissen, was für Menschen das waren. Das Schlimmste, was passieren konnte, war, dass sie versklavt wurden, und das Risiko konnte Poseidon auf gar keinen Fall eingehen. Er würde nicht zulassen, dass sein Sohn etwas derartig schreckliches erleben musste.
Aber wusste auch, dass Percy diesen Menschen helfen würde. Egal ob Poseidon mitkam oder nicht. Seine Hand umschloss bereits den Griff von Springflut, das an Percys Hüfte hing. Moment... Seit wann waren sie bewaffnet? An Poseidons Seite hing ebenfalls ein gut austariertes Schwert.
„Hattest du Springflut die ganze Zeit bei dir?"
Percy runzelte die Stirn und sah überrascht auf seine Waffe herunter, als würde er jetzt erst realisieren, dass sie da war. „Nein, ich... ich glaube nicht. Ist doch jetzt ganz egal! Komm schon, Dad!"
Als Percy immer noch das Zögern in den Augen seines Vaters sah, drehte er sich einfach um, und bahnte sich allein einen Weg durch das Gestrüpp, bis er einen schmalen Weg gelangte, auf der sich eine Reiterkarawane gegen die Räuber zur Wehr setzte.
Er war sich nicht sicher, ob Poseidon ihm schließlich folgen würde, aber es war ihm in diesem Moment auch egal. Er würde nicht wegsehen, wenn Menschen in Gefahr waren.
Ein junger Mann, der die Karawane anscheinend anführte, setzte sich gegen einen der maskierten Männer zur Wehr und schlug vom Rücken seines braunen Pferdes aus mit dem Schwert nach dem Mann. Er konnte nicht viel älter als Percy sein. Vielleicht drei oder vier Jahre älter.
Percy sah einen anderen Räuber von hinten auf den jungen Mann zugehen, und er wusste instinktiv, dass das tödlich für diesen ausgehen würde. Ohne nachzudenken rannte er auf den Räuber zu, und schlug ihm mühelos das Schwert aus der Hand, bevor er ihm seine eigene Klinge an die Kehle hielt, um ihn in Schach zu halten.
Der Anführer hatte währenddessen gemerkt, was los war, und schlug den anderen Räuber endlich in die Flucht, indem er ihm das Schwert gegen den Hals rammte, sodass das Blut nur so spritzte. Percy zuckte unwillkürlich zusammen, als er merkte, dass nacheinander alle Barbaren vor den Anführer auf die Knie gezwungen wurden.
Plötzlich hörte er hinter sich ein abgehacktes Geräusch, und hatte schon fast Angst sich umzudrehen, aber er tat es trotzdem. Der Räuber hatte offenbar versucht, ihn von hinten zu erstechen, wurde jedoch rechtzeitig getötet von dem Mann, der direkt hinter dem sterbenden Maskierten stand. Es war sein Vater.
Wut funkelte in Poseidons Augen, als er Percy an den Schultern packte, „Mach das nie, nie wieder, Perseus! Hast du mich verstanden? Nie wieder!"
Er musste zugeben, dass er fast einen Herzinfarkt bekommen hatte, als Percy einfach weggelaufen war. Und danach gleich wieder, als er fast Zeuge des Mordes an seinem Jungen geworden wäre, den er aber rechtzeitig verhindern konnte. Götter, dieses Kind war anstrengend...
Bevor er aber noch etwas zu seinem Sohn sagen konnte, wurde seine Aufmerksamkeit von den Reitern eingenommen, die sich jetzt ihnen zuwandten.
Der junge Anführer glitt von seinem Pferd, und kam auf sie zu, „Ich danke euch für eure Hilfe, Fremde. Wer seid ihr?"
Percy öffnete bereits den Mund, um ihm zu antworten, doch als er Poseidons scharfen Blick bemerkte, hielt er doch lieber die Klappe. Er hatte seine Geduld heute oft genug strapaziert.
„Ich bin ... Neptun. Das ist mein Sohn Perseus.", erklärte der Meeresgott nach kurzem Zögern. „Wir sind zufällig Zeuge dieses Überfalls geworden."
„Und somit meine Helden.", Der Anführer lächelte mit einer Herzlichkeit, die Poseidon sehr überraschte, doch er wurde das Gefühl nicht los, dass er diesen Schönling kannte. Er schien nicht viel älter als Percy zu sein. Vielleicht vier oder fünf Jahre älter. „Euer Sohn hat mir das Leben gerettet, Neptun. Ich stehe in seiner Schuld. Und somit auch in eurer."
Poseidon biss sich auf die Lippe und nickte widerwillig. Er hatte nicht unrecht. In dieser Zeit hielt man sehr viel von solchen Rettern und belohnte sie meist reichlich für ihren Dienst. Und Percy war augenscheinlich gerade einer geworden.
„Mein Name ist Hektor.", sprach der Anführer weiter. „Prinz von Illion und dem umliegenden Land."
Percy bemerkte, wie sein Vater sich plötzlich anspannte, als wüsste er, was hier vor sich ging. Er wurde das Gefühl nicht los, dass er den blonden Prinzen kannte, während der Dunkelhaarige noch nicht einmal von der Stadt gehört hatte.
„Und ich würde mich sehr freuen, euch in mein engeres Gefolge aufzunehmen.", sprach Hektor weiter. „Ich bin beeindruckt. Ihr seid sehr begabt mit dem Schwert und ihr habt bewiesen, dass ihr besser auf mich Acht geben könnt, als meine Krieger hier. Mein Vater wollte mich immer schon überreden, mir Leibwächter anzuschaffen, die immer in meiner Nähe bleiben, aber mir war nicht wohl bei dem Gedanken. Und jetzt steht ihr beide vor mir, und die einzige Möglichkeit, mich dankbar zu zeigen, ist euch in meine Dienste zu nehmen."
Poseidon war empört. Er, ein unter normalen Umständen mächtiger Gott, sollte in einem Prinzen dienen? Er wusste, dass es für Menschen eine Ehre war, in das engere Gefolge eines Mitglieds der Königsfamilie aufgenommen zu werden, aber er war kein Mensch!
Er würde niemals...-
Der Meeresgott keuchte erschrocken, als Percy ihm mit dem Ellbogen in die Rippen stieß, und ihn fast schon böse anstarrte, bevor er meinte: „Es wäre uns beiden eine Ehre, hoher Herr. Mein Vater hat schon immer davon geträumt, einem Prinzen zu dienen."
Jetzt war Poseidon an der Reihe seinen Sohn wütend zu fixieren, aber der ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, und besiegelte ihr Schicksal mit einem Handschlag.

Trials of PoseidonWhere stories live. Discover now