Ein neuer Tag

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„Was ist los Vater? Du wirkst so genervt an diesem Morgen" fragte ich mit leicht betrübter Stimme „Der Herr Hitler wurde heute zum neuen Reichskanzler ernannt." Ich musste erst ein wenig nachdenken, um diesen Mann korrekt zuordnen zu können. Da fiel es mir wieder ein, er war ja der Vorsitzende der NSDAP und anscheinend jetzt der neue Reichskanzler. Aber es war nur wieder ein neuer unter vielen. In den letzten zehn Jahren hatten wir bestimmt fünfzehn Regierungswechsel und all diese konnten faktisch nichts ändern geschweige denn verbessern. Also wird dieser es auch nicht. Aber Schluss mit den trübseligen Gedanken, ich musste ja immerhin zur Schule. Also packte ich meine Sachen in den Ranzen und verließ das Haus in Richtung Max, da wir die Gewohnheit hatten immer zusammen in die Schule zu gehen, um den restlichen Tag im Voraus zu planen. „Servus Joseph, gut geschlafen ?  „Wie immer" Also recht gut. Ich gab ihm meine Hand für einen satten Händedruck und berichtete ihm, dass ich nicht besonders spannendes geträumt habe und dass es mich freut,  dass wenigstens er einen solchen schönen Traum hatte. Ist aber auch keine wunder, dass er einen guten Schlaf hatte, immerhin leidet seine Familie keine Not, da sein Vater seine Stelle im Eisenwerk behalten konnte, nicht so wie meiner. „Vielleicht sollte ich mir eine Arbeitsuchen und was für meine Eltern dazuverdienen ?" sagte ich zu ihm mit einer leicht traurig angehauchter Stimme. „Gute Idee, wie wäre es mit der Armee ? Da hast du ein festes Einkommen und kommst auch viel rum" schlug er mir apruppt vor. „Viel rum ? Nein!! Nur übermeine Leiche. Ich werde doch nicht mein Leben für nichts und wieder nichts opfern. Hast du etwa nie etwas vom großen Krieg gehört?!Über die verstümmelten Soldaten, über Millionen von Toten die zu beklagen sind ?! Wie kannst du nur auf einen solchen Gedanken kommen?" Stilles Schweigen setzte ein. „Entschuldige das war zu grob. Ich meine halt, dass ich nicht als eine Leiche in einem Schützengraben enden möchte, so wie mein Onkel " redete ich voller Reue zu ihm. Ich wusste ja, dass er es nicht böse gemeint hatte, so wie er es nie tat, aber er kannte meine klare Einstellung zur Armee und deshalb hatte mich diese Aussage so schnell zur  Weißglut gebracht. Den restlichen Weg hatten wir darauf hin nicht mehr viel geredet. Ich war sichtlich froh als wir endlich das morsche Schulgebäude erreichten. Morsch deshalb, da es eigentlich schon seit mindestens zehn Jahren saniert gehört, da das Dach undicht war und die Fassade schon zu bröckeln begann. Wegen der großen Geldnot und der wachsenden Inflation blieb dies auch nur ein Wunschtraum. Beim modrigen Geruch, als ich eintrat, beneidete ich Marlene sehr, da diese aufgrund der hohen Position ihres Vaters im Werk Privatunterricht bekommen konnte und sie sich dies somit nicht jeden Tag antun musste. Ich sollte nicht so viel an sie denken, das trieb nur die Sehnsucht auf den nächsten Sonntag noch höher und das konnte ich nicht gebrauchen.

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