Schwarzer Winter

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Vor zwölf Wintern

Sie waren zu mir unter die feuchten Laken gekrochen, mit klammen Fingern und fordernden Stimmen, hatten die Wärme getrunken und mich aus Morpheus' Armen gezerrt, die verwaisten Gänge entlang und an Fenstern vorbei, hinter denen der Sturm um Einlass flehte und stöhnte. Noch mehr Winddämonen. Viel mehr.

Ich wusste, dass ich ihnen nicht glauben durfte, dass Betrug einer ihrer vielen Namen war und sie sich von Verzweiflung und Tod nährten. Dennoch folgte ich ihnen in die Dunkelheit, die tiefer zu sein schien als in anderen Nächten. Kälter. Mondlos. Weil ich ihnen glaubte. Weil das, was sie in mein Ohr hauchten, so schrecklich wahr klang, dass selbst meine Albträume daneben verblassten.

Nur du kannst sie retten!

Mutter hatte mir verboten, ihnen zu lauschen, ihrem heimtückischen Gesang, der sogar Königen die Sinne stehlen und ganze Königreiche zerstören konnte. Doch was, wenn sie diesmal die Wahrheit sagten?

Durch die schmalen Streifen der Fensterläden fiel kein Licht. Der Sturm musste die Fackeln im Innenhof gelöscht haben – oder aber die Soldaten waren es selbst gewesen. Als hofften sie, den Dämonen vorgaukeln zu können, dass niemand an diesem gottlosen Ort lebte. Ihre Bemühungen waren vergebens. Denn das, was die Nacht schwärzer färbte, hatte längst einen Weg hineingefunden. Zwischen die Mauern, ins Herz der Prinzessin.

Komm, Königstochter, komm!

Winters zerbrechlicher FluchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt