Im Labor

446 8 62
                                    

Lennox wusste nicht, wie lange er jetzt schon in der Dunkelheit saß. Seit einer Ewigkeit hockte er auf dem harten Boden, zerrte immer wieder an den Handschellen und verdrängte mit aller Macht die düsteren Gedanken, die in ihm aufstiegen. Er versuchte rational zu denken. Welche Möglichkeiten hatte er zur Flucht? Wie viele Darkoner waren in der Nähe? Was plante der Doktor als nächstes? Er musste dringend an Informationen gelangen! Doch zwischendurch schlichen sich immer wieder Erinnerungen an Alea und die anderen in seine Überlegungen. Schuldgefühle, Verzweiflung und die Furcht davor, sie nie wieder zu sehen. Er konnte die Vorwürfe, welche er sich selbst machte einfach nicht aus seinem Kopf verbannen.

Irgendwann hatte er angefangen zu schreien und gegen die Wand in seiner Reichweite zu treten, hatte geflucht und seinen Zorn herausgebrüllt, in der Hoffnung, die Darkoner würden irgendetwas tun. Er wusste nicht einmal, was er sich erhofft hatte. Dass man ihn zum Verstummen brachte wohl kaum, aber es wäre die einzige logische Konsequenz gewesen. Außer sie reagierten mit Ignoranz, damit er noch stärker zu spüren bekam, dass er an diesem Ort keine Macht besaß, um ihm seine Situation als gefangener Krieger noch bewusster zu machen. Sollte das wirklich Orion Absicht sein, so hatte er Erfolg. Lennox fühlte sich machtlos. Er war zum Abwarten verdammt und hatte nicht den leisesten Hauch einer Ahnung, was als nächstes geschah oder wann.

Über den genauen Aufenthaltsort von Nelani und Cassaras wusste er ebenfalls nichts, wobei ihm letzterer momentan nicht wirklich interessierte. Was brachte es ihm jetzt schon zu wissen, ob der Nixenprinz Verräter oder Verbündeter was? Aleas Mutter hingegen bereitete ihm Sorgen, da sie Doktor Orion bei seinen Forschungen am Magischenvirus helfen sollte. Mit Sicherheit würde sie sich weigern, doch brachte das etwas? Orion hatte sicher Mittel, sie zur Kooperation zu zwingen. Und wo war die Walwanderin überhaupt?

Lennox riss ein weiteres Mal an den Handschellen. Seine geschundenen Handgelenke taten bei jeder Bewegung weh, aber das kümmerte ihn herzlich wenig. Er war in einer von Orion geschaffenen Hölle gefangen und Lennox war sich sicher, dass er durch den Doktor noch viel Schlimmeres ertragen musste, als diesen leichten Schmerz.

Wie aus der Ferne nahm er ein Geräusch wahr, das ihm Gänsehaut über den Rücken jagte. Jemand näherte sich! Eine winzige Spur von Erleichterung breitete sich im Krieger des Vergessens aus. Alles war für ihn besser, als noch länger in der Stille zu sitzen, zudem er in diesem dunklen Schuppen an keinerlei Informationen kommen konnte. Sein einziges Maß für die verstrichene Zeit war das Licht, welches durch den Türspalt gelangte. Als er angekommen war, war das Licht schwach und bläulich gewesen, sodass er es als künstlich erkennen konnte. Angesichts der Dunkelheit, in der sie das Lager erreicht hatten, war das auch nicht überraschend gewesen. Doch nun war das zu ihm dringende Licht wärmer und heller, also musste die Nacht vorüber sein.

Jenes Licht ließ ihn nun angesichts der plötzlichen Helligkeit die Augen zusammenkneifen, als die Tür geöffnet wurde.

Zwei Silhouetten zeichneten sich vor der Sonne ab. Lennox blinzelte einige Male, bevor seine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten.

Die Gestalten - Jinx und Zeirus - kamen auf ihn zu und die Handschellen lösten sich.

„Genug ausgeruht, es wird Zeit, dass wir dich zu ihm bringen.", verkündete Jinx kalt und zog ihn hoch.

Die Handschellen wurden ihm wieder angelegt und der Oblivion wurde von den beiden Männern aus dem Schuppen geführt. Zwei weitere Darkoner begleiteten sie zu dem größten Haus, das eine weiße Fassade besaß und von den meisten Wachen umringt wurde. Zweifellos wurde er nun zu Orion gebracht.

Sie betraten das Gebäude und liefen einige Flure entlang, bevor sie einen großen Raum betraten. Die Wände waren in Weiß gehalten und allerhand Geräte und Tische befanden sich dort. Mehrere Dinge waren von Laken versteckt. In einer der hinteren Ecken erspähte Lennox Ketten und noch etwas anderes, das von einem großen Tuch verdeckt wurde. Es übertraf Lennox' Körpergröße, mehr Einzelheiten ließen sich allerdings nicht ausmachen. Dazu blieb dem Krieger auch gar keine Zeit, denn im nächsten Moment erblickte er Orion in der Mitte des Raumes und neben ihm...Nelani! Aleas Mutter stand wie ein Stein neben dem Doktor und sah dem Oblivion in die Augen. Ein paar von Orions Männern waren im Raum und man erkannte, dass Orion wahrscheinlich gerade am Arbeiten war. Das Erschreckenste für Lennox war jedoch, dass Nelani ihm tatsächlich zu helfen schien und nicht einmal den Versuch machte, sich zu wehren.

Korsika - Hölle des Kriegers des VergessensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt