4. Kapitel

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~Über den Lichtern~ 

Es gab wenig, was ich mehr liebte, als nachts, hoch über den Straßen und dem ganzen Leid von Aumia, wirklich wahre Freiheit zu spüren. Vielleicht noch meine Kunst, die kleine Garage, oder Roxy. 

Es war ein Gefühl, das schwer in Worte zu fassen war. Die Kühle der Nachtluft auf meiner Haut, das Summen und Funkeln der unzähligen Lichter und die Freiheit, die mich umhüllte wie ein unsichtbarer Mantel. In diesen Momenten fühlte ich mich lebendig und beinahe unbesiegbar.

Auch wenn es in Aumia auch nachts nie wirklich dunkel war, brachte die Nacht doch eine Art von Frieden. „Die Dame, die niemals schläft", diesen Spitznamen gaben die älteren Leutchen der Stadt ihrem Zuhause, meinem Zuhause. Doch auch das Zuhause von Gewalt und Ungerechtigkeit. 

Doch das alles rückte ein kleines bisschen in den Hintergrund, wenn mein Körper zu hundert Prozent fokussiert war, auf die vertrauten Bewegungen, und Handgriffe, die gezielten Sprünge und Schritte. Und da liefen wir, nur beleuchtet vom Mond, den alten Straßenlaternen und flackernden Reklametafel, sowie dem sanften lilanen Schein der Magie. 

In diesen Momenten, wenn ich hoch über den Straßen von Aumia lief, fühlte ich mich eins mit der Stadt. Die Geräusche, die Gerüche, die Lichter - alles verschmolz zu einem pulsierenden Lebensgefühl. Es war, als ob die Stadt selbst atmete und ich Teil dieses Atems war.

Und natürlich musste eine ganz gewisse Person, diesen Moment zerstören. Wer hätte denn auch etwas anderes erwartet. „Sag mal Tera? Dir ist doch schon bewusst, dass du mir nicht einfach erzählen kannst, dass eine wildfremde junge Frau in unserem Hauptquartier herumhockt und dann einfach abhauen?"

Auf dem schmalen, metallischen Querbalken, der zwei Hochhäuser miteinander verband, blieb ich stehen und ließ meinen Blick über das Häusermeer schweifen, das sich bis zum Horizont erstreckte. „Doch Ted, du siehst doch ganz genau, dass ich das gerade eben geschafft habe", erwiderte ich mit einem charmanten Lächeln. 

Das Gesicht der jungen Frau hatte sich förmlich in mein Gedächtnis eingebrannt. Die hellbraunen Haare, die auffälligen Augen, die unzähligen Kratzer und Schrammen und das Blut, das aus der Schusswunde kam. Aber ganz besonders, mehr als alles andere, war da diese unberechenbare, stolze, ausdrucksstarke Ausstrahlung hängen geblieben. 

Ted hatte mich unverwandt von der Seite aus beobachtet: „Es ist zwecklos, jetzt zu versuchen, etwas aus dir herauszukriegen, richtig?" „Richtig" Ein resignierter Seufzer von Seiten des schwarzhaarigen Jungens, doch ich konnte heraushören, dass er eigentlich lächelte. 

Auch wenn ich es nicht gerne zugab, war ich ein kleines bisschen außer Atem. Es war inzwischen weit nach Mitternacht und auch, wenn ich die Nacht von vollem Herzen liebte, war diese hier ein extrem anstrengendes und nervenaufreibendes Exemplar geworden. Die Kombination aus Adrenalin und Erschöpfung brachte mich fast dazu zu glauben, dass ich eine lebende Achterbahnfahrt war. 

Auch ohne es auszusprechen, schien mich Ted offenbar zu verstehen. Er ließ sich jetzt neben mir auf dem Balken nieder und folgte meinem Blick. „Ciaran wird nicht begeistert sein, wenn wir ihn noch länger mit den Mädels alleine lassen, oder?", fragt Ted lächelnd. „Jap" Ich bekam gerade große Lust, die Lichter und Häuser in der Ferne zu malen. 

Neben mir fing Ted jetzt an, mit den Beinen in der Luft zu baumeln und leise ein Lied vor sich hin zu summen. Fasziniert und gleichzeitig misstrauisch beobachtete ich ihn, wie er mit der rechten Hand durch den feinen lila Nebel fuhr und ihn dadurch zum Leuchten brachte. 

Eine stumme Konversation, nur geführt durch Blicke entstand, die ich schließlich gewann. Mit einem resignierten Seufzen ließ Ted die Hand wieder in der Manteltasche verschwinden, das Licht erlosch und erhob sich, geschmeidig wie eine Katze. Es war schon fast ein bisschen traurig, wie absolut tollpatschig er sich trotzdem manchmal verhalten konnte. 

„Wir sollten weitergehen, schließlich möchte ich Madame Unerwartete-Entdeckung gerne mal persönlich kennenlernen", witzelte Ted nach wie vor grinsend. Auch wenn er versuchte, es vor mir zu verbergen, konnte ich doch sehen, wie aufgewühlt der Schwarzhaarige eigentlich war. Irgendwie konnte ich ihn auch verstehen, schließlich hatte dieser Abend mehr Wendungen als eine schlechte Seifenoper.

Es war nicht mehr weit, bis das schmale, ein bisschen heruntergekommene Gebäude, am Ende einer schmalen Gasse in Sicht kam. Ein erschöpftes und gleichzeitig auch erleichtertes Lächeln machte sich auf Teds Gesicht breit, als unser Hauptquartier endlich in Sicht kam. 

 

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⏰ Last updated: Jan 30 ⏰

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