Neyfrem

Prolog

Furcht ist meist das einzige was uns davon abhält das zu tun, von dem wir wissen, dass es unser Schicksal ist. Ich schaue hoch, wobei mein Blick den seinen trifft. Diese Augen, die ich in und auswendig kenne und doch sehe ich etwas, das ich noch nie zuvor in ihnen gesehen habe. Furcht.

Ich beuge mich zu ihm vor und küsse ihn, dabei hoffe ich nur, dass es nicht das letzte Mal sein wird. »Du weißt, dass wir das tun müssen. Nicht wahr?«, versuche ich mir und ihm wieder einzureden, wie unzählige Male zuvor. »Nur so können wir ihn aufhalten.«

Er nickt nur und senkt bedrückt sein Blick, denn er weiß das es keine andere Option gibt, als diese. »Bist du bereit?«, frage ich ihn daraufhin und klammere mich an seine Hand, so als sei sie mein Anker. Doch in wenigen Minuten wird mir dieser Anker entrissen und ich werde auf mich allein gestellt sein. Dass ich mich nicht mehr daran erinnern werde, wird sowohl ein Fluch als auch ein Segen sein.

Das Schlimmste wird sein, dass ich nicht mehr bei ihm sein kann und ich nicht einmal mehr kennen werde. Unsere gemeinsame Zeit wird wie ausgelöscht sein, als ob es sie gar nicht gegeben hätte. Als ob es uns nie gegeben hätte. Augenblicke, die mich geprägt haben, werden verblassen und schließlich verschwinden, als wären sie nie passiert.

Zum Glück werde ich mich nicht mehr daran erinnern können, dass ich ihn vergessen habe. Was es wohl nicht so schlimm für mich machen wird, aber leider umso schlimmer für ihn. Er wird sich an alles erinnern und den leeren Ausdruck in meinen Augen sehen, wenn ich dieses mir so vertraute Gesicht nicht mehr wiedererkenne. »Ich komme dich holen«, verspricht er. »Wenn die Zeit gekommen ist, kannst nur du uns retten. Hilf mir zu verstehen, warum ich mir das alles selbst angetan habe«, bitte ich ihn ein letztes Mal. »Versprich mir, dass du alles in deiner Macht Stehende tun wirst, um uns alle zu retten.«

Die letzten Worte, die ich höre, bevor ich mich mit dem Schleier des Vergessens einhülle, sind: »Ich verspreche es dir.«