Kapitel 2

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Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir unterwegs gewesen waren. Doch es hatte sich angefühlt wie Stunden. Kaum hatten sich die Türen des LKWs geöffnet, war ich auf die Männer zugestürmt, um sie zu überraschen und zu flüchten. Aber sie waren natürlich vorbereitet gewesen.

Viel zu viele Hände hatten mich umklammert und aus dem Wagen gezerrt. Sie hatten mir mit einem Tuch den Mund verbunden, damit ich aufhörte, wie eine Verrückte um Hilfe zu rufen, die ich hier draußen ohnehin nicht finden würde.

Wir marschierten nun schon seit fast einer halben Stunde durch den stockdunklen Wald. Und ich hatte noch immer keine Ahnung, wo diese Männer mich hinbrachten. Doch ich versuchte immer noch, mich zu wehren. Mich loszureißen und zurück in die Wälder zu verschwinden, die mir Schutz boten. Aber ich schaffte es nicht. Die Männer, die mich umzingelten, ließen mir keine Möglichkeit zur Flucht.

Sie stießen mich vorwärts, wenn ich keine Anstalten machte, weiterzugehen. Immer weiter auf das hohe Eisentor zu. Meine Augen weiteten sich, als ich die Schrift darauf erkannte. Zoo der Monster. Ich hatte von diesem Ort gehört. Leute wie ich verschwanden hinter diesen Toren. Und sie wurden nie wieder gesehen.

Ich kannte die Märchen, die man sich über den Zoo erzählte. Aber ich hatte immer gedacht, dass es nicht mehr war als genau das: ein Märchen. Als ich noch klein war, hatten Mom und Dad mir die Geschichten erzählt. Von Leuten, die anders waren. Die nicht in die Gesellschaft passten. Und die vom einen Tag auf den anderen wie aus dem Nichts verschwanden. Ich hatte ihnen nie geglaubt. Zumindest, bis mir klar geworden war, dass etwas nicht mit mir stimmte.

Immer fester stemmte ich mich gegen die Hände, die mich festhielten. Die Männer trugen schwarze, dicke Lederhandschuhe, um sich an mir nicht die Finger zu verbrennen. Scheinbar hatten sie mich schon länger im Auge gehabt. Oder woher sollten sie sonst wissen, wie sie mit mir umgehen mussten, um sich nicht zu verletzen?

Die Tatsache, dass sie mich schon seit geraumer Zeit unbemerkt beobachtet haben mussten, machte mir fast noch mehr Angst als das Überschreiten der Schwelle zum Zoo. Staub wirbelte unter meinen Stiefeln auf, als wir das Gelände betraten. Schotter und Stroh bedeckten den Boden. Es roch seltsam verbrannt, als hätte jemand ein Lagerfeuer in der Mitte des riesigen Territoriums gezündet.

Mein hektischer Blick wanderte durch die Gegend. Die Männer stießen mich immer weiter, wodurch mir keine Zeit blieb, mich genauer umzusehen. Aber ich wollte unbedingt wissen, wo ich hier gelandet war, und worauf ich mich gefasst machen musste. Ich sah bunt bemalte, altmodische Eisenbahnwaggons. Sie erinnerten mich an den Zirkus. Bestimmt waren darin früher Elefanten und Tiger transportiert worden. Aber nun saßen darin Menschen. Ich konnte sehen, dass sie froren. Es war Mitte November und eisig kalt. Ich konnte es mir nicht vorstellen, die Nacht hier draußen zu verbringen. Das konnte niemand von mir verlangen. Besonders niemand, der mich einfach entführt und hierher verschleppt hatte!

Sie würden nach mir suchen. Mom und Dad würden wissen wollen, wo ich abgeblieben war. Normalerweise machte ich mich nach der Arbeit auf direktem Weg nach Hause. Doch heute war etwas dazwischengekommen. Ein Hinterhalt, aus dem es kein Entrinnen gegeben hatte.

Die Männer führten mich auf eine stattliche Holzhütte zu, aus deren Kamin dunkle Rauchschwaden aufstiegen. Die Tür quietschte, als einer von ihnen sie öffnete und wir in das dunkle Innere traten.

Mein Herz schlug mit jeder Sekunde schneller. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was auf mich zukommen würde. Aber ich hatte mich schon auf das Schlimmste gefasst gemacht. Ich war bereit zu treten, zu schreien und zu laufen. Als ob ich auch nur den Hauch einer Chance hätte.

Zoo der MonsterNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ