Kapitel 3

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Die Hütte, in der die Männer mich absetzten, war völlig dunkel und leer. Einer von ihnen zündete eine Gaslampe an, wodurch ich mehr Details des Raumes ausmachen konnte. Es gab keine Fenster, das war das Erste, was mir auffiel. In der Mitte des Zimmers stand ein Tisch mit vier Stühlen davor. Es gab zwei Türen, die in Nebenräume führten. Und eine schrecklich abgewetzte Couch, die vermutlich das Wohnzimmer darstellen sollte.

Meine Augen füllten sich mit Tränen. Und das lag nicht an dem leicht modrigen Geruch, der in der Luft lag.

»Hier wirst du fürs Erste wohnen«, hörte ich einen der Männer sagen, drehte mich aber nicht zu ihm um. Die Hütte war klein, deswegen hatten mich nur zwei von ihnen hereinbegleitet. »Der Zoo öffnet morgen um neun Uhr. Das bedeutet, ihr müsst um halb neun auf eurem Platz sein. Davor gibt es Frühstück. Das Abendessen hast du verpasst. Deine Mitbewohnerin wird bald hier sein. Sie wird dir alles Weitere erklären. Noch irgendwelche Fragen?«

Ohne einen der Männer anzusehen, schüttelte ich den Kopf. Zwar knurrte mein Magen beinahe unerträglich, aber mir war im Moment ohnehin nicht nach Essen zu Mute. Ich wollte nur alleine sein.

Sekunden vergingen, doch dann vernahm ich Schritte. Die Tür öffnete sich und fiel mit einem lauten Knall wieder ins Schloss, der die gesamte Hütte zum Beben brachte. Ich zuckte zusammen, als ich das Geräusch eines Schlüssels vernahm, der mir den Weg in die Freiheit verwehrte.

Kaum hörte ich die Stimmen der Männer verstummen, begann ich zu laufen. Ich rüttelte an den Holzbalken, zerrte an der Tür und durchsuchte die beiden Nebenzimmer, bei denen es sich um ein Schlafzimmer und ein Bad handelte.

Mein Herz raste. Es musste irgendeinen Fluchtweg geben. Es gab immer einen! Irgendwie würde ich hier rauskommen. Ich würde den Zoo ein für alle Mal hinter mich bringen.

... und dann? Was sollte ich dann tun? Selbst wenn ich einen Weg aus der Hütte fand, musste ich es erst einmal unbemerkt vom Gelände schaffen. Und auch dann hatte ich immer noch keine Ahnung, wo ich mich überhaupt befand.

Die Männer hatten mich in einer Seitenstraße abgefangen und in ein Auto verfrachtet. Die Scheiben waren verdunkelt gewesen, mein Handy hatten sie auf der Fahrt aus dem Fenster geworfen. Ich wusste doch nicht einmal, wie lange wir unterwegs gewesen waren! Ich wusste rein gar nichts.

Unschlüssig blieb ich in der Raummitte stehen und ließ meinen Blick noch einmal über meine Umgebung schweifen. Es hatte keinen Zweck. Es gab keinen Weg hier raus.

Langsam spürte ich, wie der Fluchtinstinkt in meinen Gliedern abebbte. Dabei machte er Platz für etwas, das ich die ganze Zeit schon zu unterdrücken versuchte: unbändige Verzweiflung.

Ich bekam kaum noch Luft. Die Angst schien sich wie eine massive, eiserne Kette um meine Brust zu legen und sie zuzuschnüren. Ich konnte nicht atmen.

Erschöpft ließ ich mich auf das abgewetzte Sofa sinken, da ich Angst vor einem Nervenzusammenbruch hatte. Meine Gedanken rasten. Ein Teil von mir sagte immer wieder, dass ich keinesfalls aufgeben durfte. Doch der andere wollte einfach nur zusammenbrechen und alles rauslassen, das unter der Oberfläche brodelte.

Meine Augen brannten von den Tränen, die mir in die Augen schossen, und meine trockene Kehle schmerzte. Ich musste ruhig bleiben, beschwor ich mich. Und einen kühlen Kopf bewahren, sonst würde ich niemals hier wegkommen. Aber das musste ich.

Angestrengt versuchte ich, meinen Atem zu kontrollieren. Meine Finger gruben sich in die ohnehin schon ramponierte Couch und durchdrangen die dünne Oberfläche. Besser, ich dachte gar nicht erst darüber nach, wie viele Menschen – oder Monster – bereits darauf gesessen hatten. Bakterien waren im Moment das Letzte, wovor ich Angst haben musste.

Zoo der MonsterWhere stories live. Discover now