Kapitel 20

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~ Elyanor ~

Keiths Worte waren erschütternd gewesen, aber er schien sich das tatsächlich gründlich überlegt zu haben.

„Danke für deine Ehrlichkeit, Keith", sagte ich schließlich. „Direkt vom Wettbewerb ausschließen kann ich dich nicht, du musst die nächste Wahl abwarten, die aber in diesem Fall schon die letzte sein wird. Dann kannst du nach Hause."

Keith nickte erleichtert und trat einen Schritt zurück. „Danke."

Ich hatte noch so meine Zweifel, ob er nicht in Wahrheit der Spion war, denn mal ehrlich: Warum wollte er ausgerechnet jetzt aus dem Wettbewerb austreten, wenn sein Ziel sein sollte, König zu werden und damit in der besten Position wäre, die ein Spion wohl innerhalb eines Landes einnehmen konnte?

Nachdem er ohne ein weiteres Wort gegangen war, drehte ich mich wieder zum Buffet um und nahm mir noch ein Stück von dem Schokoladenkuchen. Ich brauchte jetzt dringend Nervennahrung.

„Was hat er gesagt?", fragte Amelia neugierig und ich sah erneut ein kleines Stück von meinem Teller verschwinden. Sie schien ebenfalls Nervennahrung zu brauchen.

Ich seufzte und beschloss, nichts mehr zu sagen. „Er hat gesagt es wäre ihm zu viel Verantwortung und er will aussteigen."

Amelias Schatten flackerten kurz auf, bevor sie wieder gänzlich unsichtbar wurde. „Denkst du, er ist es?", fragte sie dann.

„Das habe ich auch erst gedacht, aber ich schätze ihn nicht als so hinterhältig ein."

„Mit dieser Denkweise wirst du keinen der Kandidaten als den Spion einschätzen", erwiderte Amelia und ich hörte ein belustigtes Schmunzeln aus ihrem Ton heraus.

„Dann übernimmst am Besten du als Expertin den Job." Ich drehte mich zu ihr um, obwohl ich sie in ihren Schatten sowieso nicht ausmachen konnte. Ich spürte, wie mein Teller leichter wurde und sah nach unten. „Das war mein letztes Stück", bemerkte ich säuerlich.

„Ich denke nur mit", erwiderte Amelia und ich konnte mir so gut vorstellen, wie sie sich gerade die Finger ableckte, nachdem sie meinen köstlichen Schokokuchen verputzt hatte. „Wer von uns beiden muss denn noch den ganzen Abend tanzen?"

Ich stellte den Teller ab und verschränkte die Arme, um ihr zu zeigen, was ich davon hielt, musste aber zugeben, dass sie irgendwo recht hatte.

Amelia kicherte leise und ich verspürte einen leichten Luftzug, als sie sich aus dem Staub machte. Seufzend ließ ich die Schultern hängen, holte mir dann aber kein neues Stück, sondern sah mich auf der Tanzfläche um.

Mein Blick begegnete dem von Dashiell und wir sahen uns für einen Augenblick einfach nur an. Dann ging ich mit einem Lächeln auf ihn zu.

„Na? Wie läuft dein Abend bisher so?", fragte ich, als ich ihn erreicht hatte.

„Relativ unspektakulär." Er zuckte mit den Schultern und sah sich um, wobei sein Blick eine Sekunde zu lang an dem Diplomaten von Eswa hängen blieb.

Ich zog die Stirn kraus und überlegte, was das wohl zu bedeuten hatte. Aber vielleicht war ich inzwischen auch einfach nur Paranoid geworden.

„Möchtest du tanzen?", fragte Dashiell schnell, als er meinen Gesichtsausdruck erkannte.

Ich sah zu ihm auf. „Gerne."

Dashiell bot mir lächelnd den Arm dar und führte mich auf die Tanzfläche. Als ich ihm die linke Hand auf die Schulter legte, verzog ich kurz das Gesicht.

Mein Arm tat bei derartigen Bewegungen noch etwas weh, trotz der Schmerzmittel, die ich bekam und mein linker, halblanger Ärmel rutschte ein wenig nach oben, sodass zwischen ihm und dem Beginn meines langen Handschuhs der weiße Verband hervorblitzte, der die Wunde verband.

Selection - ElyanorWhere stories live. Discover now