Epilog Y/N

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Y/N's Sicht:
(Zeitsprung nächster Tag)
Gerade eben befinde ich mich im Wartezimmer der Arztpraxis, Frau Emsing hatte mich wie immer hingebracht und war aber im Auto geblieben, da sie keine Vormunds- oder Sorgerrechtsberechtigung hat. Psychisch ging es mir richtig gut, ich musste immer noch daran denken, wie wir alle zusammen gefeiert hatten, nachdem wir den Teufelstopf zurückerobert und die unbesiegbaren Sieger geschlagen haben. In diesem Moment waren wir einfach alle glücklich und ich konnte all meine Sorgen und Probleme zu meiner Gesundheit vergessen. Heute war es leider nicht der Fall, die Blutergebnisse der letzten Untersuchung waren ausgewertet worden und ich war mir sicher, gleich einige schlechte Nachrichten zu hören zu bekommen. Ich wusste, dass mein Zustand sich weniger schnell verbessert hat als nach meinem letzten Krankenhausaufenthalt und das diese verlängerte Regenerationsdauer kein gutes Zeichen ist. Mir war klar, dass es zu diesem Punkt im Verlauf meiner Erkrankung kommen würde, aber ich war gerade erst 10, da sollte mir eigentlich noch lange Zeig bleiben, bis sich meine Medikamentendosis erhöht. Angesetzt war das erst für meinen zwölften Geburtstag d.h. etwa 6 Jahre nach der Diagnose aber dass es anderthalb Jahre früher schon so weit sein sollte, war zumindest für meinen Arzt ziemlich besorgniserregend. Ich hatte mich daran gewöhnt viel mehr negative Dinge berichtet zu bekommen als positive, aber schön fand ich es natürlich genauso wenig. Jetzt rief mich die Schwester ins Behandlungszimmer und ich setzte mich auf die Liege, damit Dr.Räger seine Routinekontrolle starten konnte. Ich kannte das alles bereits und ließ es einfach über mich ergehen. Dr.Räger war noch relativ jung und ich hatte ihn wirklich gern, aber auch er konnte es sich nicht verkneifen mir jedes mal diese mitleidigen Blicke zuzuwerfen, was mir immer wieder schmerzlich bewusst werden ließ, dass er wohl kaum einmal gute Neuigkeiten für mich haben wird. Er unterhält sich mit mir, damit ich von den Spritzen etc. ablenkt werde, die er mir verabreicht. Ich bemerke die Einstiche schon kaum noch, erzähle ihm aber trotzdem halbwegs fröhlich von meinen Freunden und unserer Fußballmannschaft über die er schon vom letzten Mal weiß, dann erkläre ich, wie wir das Spiel gewonnen und nun unser Stadion zurück hatten. Er schien zu merken, dass diese Ablenkung mir tatsächlich gut tat und freute sich mit mir über alles was ich berichtete. Eine halbe Stunde später, war der einfache Teil erledigt und er bat mich, sich ihm gegenüber zu setzen. Ich wusste was jetzt kam, es war immer das gleiche: er würde mir, wenn es überhaupt welche gibt, von den verschwindend geringen und quasi unwichtigen Fortschritten in meiner Behandlung erzählen, als wären sie meine Wunderheilung, bevor er versucht mir besonders schonend alle Verschlechterungen beizubringen. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, da ich erstens die Hälfte der Fachbegriffe nur identifizieren konnte, wenn er sie mir schon mal erklärt hatte und zweitens bloß wissen brauchte, was sich nun verändert im Hinblick auf meine Medikation. Zum Glück bleibt es bei den Terminen dreimal wöchentlich und vorerst wird die Dosis der Spritzen und Tabletten nur ein wenig erhöht, wobei er hofft meine Werte so wieder etwas regulieren und normalisieren zu können. Allerdings wird für in drei Monaten, ein operativer Eingriff nötig sein, der damit um zwei Monate vorgezogen wird und einen erneuten stationären Aufenthalt über mindestens 2 Wochen beinhaltet. Um ehrlich zu sein hätte es schlimmer sein können, jedoch leider auch im einiges besser. Ich seufze, ja meinetwegen, immerhin habe ich noch genug Zeit mir eine Ausrede für die Kerle zu überlegen, die meine Abwesenheit erklärt. Und nein ihnen das Ganze zu sagen ist mit Sicherheit keine Option, ich muss ja erstmal selber schaffen diese eher weniger rosigen Aussichten zu verdauen. Manchmal nerve ich mich echt selber, dass es mir so schlecht geht, aber leider habe ich keinerlei Einfluss darauf. Naja jokes on me in spätestens 7-8 Jahren bin ich dieses Problem auch los. Nein stopp, dass wird jetzt definitiv zu pessimistisch. Ich mache noch einen Termin für das Vorgespräch der OP aus, das in 2 Monaten stattfinden wird und dann gezwungenermaßen auch einen für eine therapeutische Seelsorge, die jedes mal für kurz davor Pflicht ist. Totaler Quatsch, wenn du mich fragst, die sagen sowieso immer dasselbe und dabei ist es alles gelogen "Keine Sorge, es wird alles wieder besser.", "Es ist in Ordnung wenn es einem mal schlecht geht, du musst optimistisch bleiben.", "Hab keine Angst, bald wirst du wieder gesund." "Du solltest mal mit jemandem darüber sprechen, deine Eltern oder Freunde könnten dir helfen." Einmal habe ich auf einen solchen Kommentar tatsächlich geantwortet: "Fun Fact: Das gestaltet sich eher schwierig, wenn man keine hat, aber mit Geistern reden ist bestimmt auch ziemlich effektiv, sollte ich auf jeden Fall mal ausprobieren, danke für den Tipp!" Danach war die Stunde dann erstmal beendet. Und auch Dr.Räger entlässt mich jetzt zurück ins Heim, weshalb ich mir bloß noch die Rezepte für die neuen Tabletten geben lasse und zu Frau Emsing ins Auto steige. Sie fragt wie jedes Mal, wie es gelaufen sei und wie jedes Mal antworte ich: "Sieht nicht gut aus, könnte aber viel schlechter sein.", und ob ihr es glaubt oder nicht manchmal beruhigt es mich tatsächlich selbst ein wenig, dass dieser Satz immer noch halbwegs der Wahrheit entspricht.
(Zeitsprung einige Abende später)
Ich klebe das letzte Foto in mein Tagebuch und betrachte zufrieden mein Werk, nun kann ich mich mit Sicherheit immer daran erinnern.
Ich schaue mir die Bilder an, welche mich und die wilden Kerle zeigen, ein Teil davon ist erst gestern gemacht worden, aber Frau Emsing war so nett sie mir auszudrucken. Ich wünschte, dass ich diese Momente noch einmal erleben könnte, in denen ich mich so unbeschwert und leicht gefühlt hatte. Hoffentlich gibt es da in nächster Zeit noch ganz viele von.
So sehen einige der Bilder aus:

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