Die verlorenen Haarspangen

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Danielle stand pünktlich um 20:05Uhr vor dem kleinen Saal. Sie hatte ihre Haare offen und sie fielen ihr wunderschön über die Schultern. Ich verstand, warum sie Model war.
"Jetzt erzähl Mal! Was für eine Mission?", fragte sie aufgeregt.
"Sccccht! Sei leise und komm her", sagte ich und winkte sie zu der großen Tür des kleinen Saals ran. Wir legten beide unsere Ohren an die Tür und lauschten. Dani staunte nicht schlecht, als sie die Stimme des Prinzen hörte. Sie legte ihre Hand auf die Türklinke und grinste mich an.
"Nein Dani...!", wollte ich noch sagen, aber da war sie schon in das Zimmer rein gestürmt.
"Lady Danielle! Was kann ich für Sie tun?", hörte ich Jacobs überraschte Stimme. Vorsichtig ging ich jetzt auch in das Zimmer rein. Jacob saß mit Zoe auf dem großen Sofa.
"Lady Lauren? Sie auch? Was...?"
"Es tut uns furchtbar leid", sagte sie und legte extra viel Dramatik in ihre Stimme. "Wir dachten nicht, dass der Raum belegt sein würde. Ich wollte nur nachschauen, ob ich nicht meine Haarspangen hier verloren habe. Seit heute Mittag fehlen mir zwei." Angesichts der Tatsache​, dass es in dem Schloss wohl mehr als diese zwei Haarspangen gab war das eine eher schlechte Ausrede, aber Jacob glaubte ihr anscheinend.
"Oh natürlich. Das tut mir furchtbar leid. Wenn Sie wollen, dann kann ich auch kurz beim Suchen helfen", lenkte Jacob sofort ein. Zoe sah Danielle mit einem giftigen Blick, den ich ihr gar nicht zugetraut hätte, an. Jacob und Danielle fingen sofort an in jedem Eck nach ihren nicht vorhandenen Haarspangen zu suchen. Ich wusste zwar, dass es sehr lange dauern könnte, etwas zu finden, was es gar nicht gab, aber um den Schein zu wahren half ich ihnen und auch Zoe stand nach fünfmal Augen verdrehen auf und half mit, obwohl ich mir sicher war, dass sie uns nur loswerden wollte und deshalb daraus aus war diese so schnell wie möglich zu finden.
Danielle schaffte es nach einigen Minuten eine wirklich witzige Stimmung zu erzeugen. Das ging so weit, bis Jacob mit Absicht den übertrieben verzogenen Prinzen heraus hängen ließ und sich über sich selbst lustig machte.
"Also meine Damen! Es gehört sich nicht auf dem Boden herum zu kriechen. Ich erwarte Tadelloses Benehmen in einer wirklichen Lady! Das ist unerhört. Ich persönlich werde Sie in Benehmen unterrichten!", rief er durch das Zimmer und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
"Oh nein. Edler Herr! Bitte tut uns das nicht an! Wir sind nur einfache Mädchen und kennen dieses Verhalten nicht!", antwortete Danielle und hielt sich theatralisch ein Handrücken gegen die Stirn.
Genau in dem Moment kamen zwei Wachen herein und wir konnten uns nicht mehr vor lachen halten, so dass wir alle auf dem Boden lagen und die verstörten Wachmänner noch mehr irritierten.
"Eure Hoheit, können wir irgendwas für Sie tun?", fragte der größere blonde von ihnen.
"Nein, Jack! Dankeschön. Es ist alles in bester Ordnung", brachte Jacob heraus.
"Okay, dann werden wir wohl wieder gehen", sagte Jack und wollte sich gerade umdrehen, aber Jacob kam ihm zuvor.
"Komm doch herein Jack. Die Ladys beißen nicht!"
Wir gingen zu der Sitzgruppe und auch die Wachmänner setzten sich zu uns. Jacob setzte sich neben Jack und als Zoe sich auf seine andere Seite setzten wollte machte ihr Danielle einen Strich durch die Rechnung.
"Zoe. Wir kennen uns ja noch gar nicht wirklich. Setzt dich doch neben mich."
"Aber...ja gut", sagte sie enttäuscht und Dani gab mir unauffällig ein Zeichen, dass ich mich neben Jacob setzten soll. Ich hätte sie dafür am liebsten abgeknutscht.
Der ganze Abend war sehr schön und auch die Wachmänner waren mehr als freundlich. Einer hieß Jack, war riesig, blond mit Sommersprossen, während der andere, Sami, das komplette Gegenteil von ihm war. Eher klein, obwohl er immer noch um einiges größer war als ich,  braunhaarig und braun gebrannt. Die einzige Gemeinsamkeit bestand wohl in ihrem Muskelanteil, der genau wie bei Jacob echt groß war. So langsam fragte ich mich, ob man automatisch perfekt würde, wenn man länger im Palast lebt.
Zoe schaute nicht sehr erfreut, obwohl die Stimmung perfekt war. Sie war wohl nicht davon ausgegangen, dass ihr jemand so einen Strich durch die Rechnung machen würde. Jacob hatte anscheinend nicht nur vergessen, dass es ursprünglich ein privates Treffen war, sondern auch, dass wir Mädchen hier gar nicht rein gehörten. Er wirkte ganz entspannt und redete wie jeder andere Bürger von Illea ohne diese gestellste Sprache.
"Sami ist seit drei Jahren hier im Palast und auch wenn man es kaum glauben kann ist Jack doch sein kleiner Bruder", erklärte Jacob und musste dabei selbst lachen. Tja, Ironie des Schicksals würde ich das nennen.
"Wie alt bist du Sami?", fragte Danielle. Wir hatten festgestellt, dass es keinen Sinn ergab sich zu Siezen, wenn wir alle etwa im gleichen Alter sind und wir auch nicht in der Öffentlichkeit waren.
"Ich bin fast 23", sagte er lachend. "Jack ist 21. Damit könnte ich fast euer Großvater sein."
"Naja, das sind 5 Jahre. Geht eigentlich", sagte Danielle im Spaß. Nur ich konnte sehen,dass sie es ein klein wenig ernst meinte.
"So langsam hab ich das Gefühl, dass du gar kein wirkliches Interesse an mir hast Danielle", sagte Jacob gespielt traurig und gekränkt.
"Nein, ehrlich gesagt nicht."
Da hörte Zoe plötzlich gespannt zu und fragte komplett ernst:" Du meinst das wirklich so, oder?" Sie war ein klein wenig schockiert.
"Naja, bisher hatte ja noch niemand die Möglichkeit Jacob wirklich kennen zu lernen, von dem her kann man mir es glaub ich verzeihen."
"Ich kann dich gut verstehen!", sagte Jacob und lächelte uns Mädchen an." Ich weiß, dass ich es euch da auch nicht gerade leicht mache. Mir fällt es auch nicht gerade leicht euch alle kennen zu lernen."
"Ähhhm...ich will ja echt nicht nerven, aber ist jemand von euch schon aufgefallen, dass es 2Uhr nachts ist?", sagte da Jack und tatsächlich hatten wir die Zeit völlig vergessen.
Wir verabschiedeten uns und gingen alle auf unsere Zimmer. Es war wirklich ein gelungener Abend.
Meine Zofen waren schon alle nicht mehr in meinem Zimmer und ich war froh darüber, dass sie sich auch ab und zu an sich dachten. Da klopfte es vorsichtig und ganz leise an meiner Tür. Erst dachte ich, dass ich mich verhört hätte, aber es klopfte noch einmal. Ich nahm die Klinke in die Hand und öffnete die Tür gerade soweit, dass ich sehen konnte, wer draußen stand. Und es war zu meiner Überraschung...Jacob.
"Was...?"
"Ich wollte noch kurz mit dir alleine reden. Ich hoffe das kommt nicht ungelegen."
"Aber nein...also doch...also gar kein Problem. Komm doch rein, wenn du willst."
"Dankeschön. Sind deine Zofen nicht hier?"
"Nein, ich hab ihnen gesagt, dass sie mehr an sich denken müssen und dazu gehört auch mitten in der Nacht auf dem eigenen Zimmer zu sein", erklärte ich.
"Achso. Aber lass dir von einer bitte den nächsten Weg zu einem Schutzzimmer zeigen. Dann wäre mir wohler dabei."
"Ich frag gleich morgen Jule."
Er sah mich ein wenig irritiert an."Okay lassen wir das mit der sinnlosen Konversation, da komme ich mir komisch vor",grinste er. "Ich hab nochmal darüber nachgedacht und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Unterbrechung vorhin mit Absicht war. Stimmts, oder hab ich recht?", fragte er amüsiert.
"Naja...ich...wir...ein bisschen, aber nicht in dem Ausmaß. Es tut mir leid. Wir hätten euch nicht so den Abend vermiesen sollen", sagte ich und es tat mir ehrlich leid. Ich konnte sogar Zoe verstehen, warum sie ein wenig sauer war.
Zu meiner Überraschung war Jacob kein bisschen sauer. Er grinste immer noch vor sich hin. "Ich fasse das einfach mal als Kompliment auf, dass du mich nicht auf einem Treffen mit einem anderen Mädchen wissen wolltest. Ich werde mit Zoe noch ein Treffen vereinbaren und da bitte ich dich, dass du ihr das gönnst."
"Ja, werde ich. Ich kann dir gar nicht sagen, wie doof ich mir gerade vorkomme!"
"Musst du nicht. Kein bisschen. Ich hätte wahrscheinlich ähnlich gehandelt", sagte er und musste noch mehr grinsen.
Oh, wie ich dieses schiefe Grinsen liebte!
"Und wie wäre es, wenn wir auch mal wieder etwas zusammen unternehmen?", fragte Jacob.
"Was? Obwohl ich gerade in ein Treffen hinein geplatzt bin und das auch noch mit Absicht?", fragte ich erstaunt. War das echt sein Ernst?
"Ja, klar. Wie wäre es mit einem Filmabend nach dem Bericht morgen? Wir haben ein kleines Kino hier im Palast."
"Ja...ich würde mich wirklich freuen.", sagte ich und hüpfte innerlich vor Glück.
"Na dann. Bis Morgen."
"Bis Morgen", antwortete ich.
Jacob hatte mir schon einen Handkuss gegeben und war aus der Tür verschwunden, als sich diese noch einmal öffnete.
"Ich...hab was vergessen...", sagte Jacob und kam auf mich zu. Er wirkte ein wenig angespannt und nervös. Zu meiner Verwunderung kam er immer weiter auf mich zu und überbrückte den Abstand zwischen uns. Ganz vorsichtig gab er mir einen leichten, fast nur gehauchten Kuss auf die Wange und flüsterte mir ins Ohr: "Ich bin froh, dass du hier im Schloss bist. Schlaf schön." Und da hatte er sich schon umgedreht, war aus meinem Zimmer verschwunden und ließ mich überrascht, sprachlos und überglücklich zurück.

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Hey,
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Carmen

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