Kapitel 1: Die trostlosen Wände

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Jahr: 2019
Planet: Krypsos

Schreie hallten durch die endlosen Korridore, welche an den Seiten mit Zellen bestückt waren, die aus einem seltenen Glas bestanden, dass niemand kaputt machen konnte. Die Schreie zeigten endlose Qualen und Schmerzen dieser Person auf und waren vermischt mit den Geräuschen einer Bohrmaschine und das Klirren von Metall. Gerade wurde wieder an jemanden geforscht, um die Geheimnisse der mystischen Kräfte zu entlüften. Sicherlich war es wieder jemand aus der roten Fraktion, denn die Schwarzen würde niemand freiwillig anrühren.

Der Gefängnisplanet Krypsos barg viele verschiedene Lebewesen aus der gesamten Galaxis. Kurz gesagt viele Kriminelle von denen einige mit magischen Kräften gesegnet waren. Einst war Krypsos ein ganz normaler Planet mit vielen Arbeitern. Hier lagerten viele Materialien wie Erze und Edelsteine, die abgebaut werden mussten. Besonders spezielle Edelsteine wurden benötigt für den Antrieb der verschiedensten Raumschiffe. Doch es war nicht ungefährlich diese Rohstoffe abzubauen, besonders nicht bei den regelmäßigen Stürme und Erdbeben, die auf Krypsos herrschten. Da dadurch zu viele Arbeiter starben, entschied die intergalaktische Behörde, dass man dort ein Gefängnis mit den schlimmsten der Schlimmsten baute.

Niemand scherte sich darum, ob Kriminelle starben, dennoch war die Anlage vor den Naturgegebenheiten des Planeten geschützt und die Anlage entwickelte sich zu einem der bestgesicherten Gefängnisplaneten der Galaxis wurde, wo es bis jetzt niemand geschafft hatte zu fliehen. Mit der Zeit kamen immer mehr Kriminelle nach Krypsos und einige waren noch gefährlicher als die anderen, weshalb Fraktionen entstanden.

Manche Fraktionen waren mehr gesichert als andere und die Lebewesen wurden nach ihren Kräften eingeteilt. Die Weißen waren ganz normale Lebewesen, die keinerlei Kräfte besaßen und somit ungefährlich waren. Die Grünen hatten schwach ausgeprägte Kräfte, die meistens keinerlei Schaden verursachen konnten, sondern nur zum eigenen Vorteil dienten, wie Haut, die hart wie ein Panzer war. Dennoch wurden sie als ungefährlich eingestuft. Die Blauen besaßen Kräfte, die anderen schaden konnten, wie Telekinese, jedoch noch leicht kontrollierbar waren, wodurch sie nur als leicht gefährlich eingestuft wurden. Dann gab es noch die Roten. Die Roten besaßen Kombinationen aus Kräften meistens waren es zwei und allerhöchstens drei. Es gab verschiedene Kombinationen. Mal eine Kraft zum eigenen Vorteil und die andere zum Schaden, wie Telepathie und Telekinese. Manche waren jedoch darauf ausgelegt nur zu schaden und da man nicht immer beide Fähigkeiten unter Kontrolle haben konnte, wurden sie als gefährlich eingestuft. Die Roten waren auch die liebsten Versuchskaninchen von den Forschern auf diesen Planeten. Zuletzt gab es noch die schwarze Fraktion. Bei ihnen waren die Anzahl und die möglichen Kombinationen an Fähigkeiten unbekannt. Sie galten als absolut tödlich. Nur eins war klar über die Schwarzen. Man sollte sie nie reizen, denn das hatte schon fatale Folgen auf Krypsos. Viele der Schwarzen wissen jedoch nicht zu was sie alles in der Lage sind. Meistens ist ihnen nur eine ihrer Fähigkeiten bekannt, denn manche entwickelten sich noch oder kommen erst in bestimmten Situationen zum Vorschein.

All diese Informationen hatte ich durch meine jahrelange Beobachtung und die ständigen Gespräche zwischen den Wachen gewonnen. Zwar dachten sie immer, dass ihnen die Gefangenen nicht zuhörten, doch das war falsch. Ich war eine der ersten Lebewesen gewesen, die man der schwarzen Fraktion zuordnen konnte. Meine Zelle befand sich am Ende des Ganges auf der linken Seite, wo die schwarze Fraktion „aufbewahrt“ wurde. Alle Lebewesen auf diesem öden Planeten hatten Angst vor der schwarzen Fraktion egal ob es sich um das Personal oder die anderen Gefangenen handelte. Deshalb ließ man die schwarze Fraktion unter gar keinen Umständen aus ihren Zellen, da niemand genau den Schaden abschätzen konnte, den sie anrichten könnten. Aufgrund dieser Angst hatte ich nun schon mehr als 6 Jahre in dieser Zelle verbracht. Das einzige, was mich mit der Außenwelt von dieser Zelle verband, war die große undurchdringbare Glasfront, durch die die Wachen uns genauestens beobachten konnten. In dieser Zelle war jedoch alles vorhanden, was man zum Leben brauchte. Selbst ein kleines Bad mit einer Dusche, durch die die Wachen nicht schauen konnten. Jedoch hatte nur die schwarze Fraktion diesen Vorteil.
Mithilfe von bestimmten Geräten konnten sie einen Teil unserer Fähigkeiten, egal welche es waren, dämpfen, sodass wir keinen Schaden anrichten konnten. Die Glasfront tat den Rest, da sie bis jetzt noch niemand zerstören konnte. Sie taten das, in dem sie einen bestimmten Bereich des Gehirns, der für die Ausübung und Ausbildung der Kräfte zuständig waren, beeinflussten und es nur genau diesen Bereich betraf, sodass andere keinen Schaden anrichten konnten. Die Wissenschaftler hatten durch ihre Forschung an der roten Fraktion nämlich herausgefunden, dass Lebewesen mit Kräften einen etwas größeres Gehirn besaßen, wo es noch einen kleinen Bereich mehr gab, der für all das Unnatürliche verantwortlich war. Man erfuhr so einiges über diesen Planeten und besonders über die Forschung, wenn man den Wissenschaftlern zuhörte, die an unseren Zellen vorbei liefen, um zum nächsten Trakt zu gelangen. Sie hatten ihr Labor nämlich ausgerechnet am Ende der schwarzen Fraktion eingerichtet, wodurch sie erst durch den gesamten Gang der schwarzen Fraktion laufen mussten, um zu ihren Versuchskaninchen der roten Fraktion zu kommen.

Als ich nun hörte wie die schwere Tür, die den Gang der schwarzen Fraktion vom Labor trennte, sich öffnete, hob ich langsam meinen Kopf, wodurch meine braunen kinnlangen Haare, welche sich leicht wellten und an den Spitzen blond waren, aus meinem Gesicht verschwanden und an die Seiten meines Gesichtes fielen. Meine stählernen blauen Augen sahen nun außerhalb der Zelle und ich sah, wie zwei Wachen ein bewusstloses Lebewesen aus der roten Fraktion den Gang entlang schleiften. Wieder hatten sie mit ihren Experimenten übertrieben und sicherlich würde es nicht mehr lange dauern, bis wieder einer in einem schwarzen Sack heraus kam. Für die Wissenschaftler waren wir wertlos und einfach nur irgendwelche Kriminelle, um die sich sowieso niemand scherte. Damit hatten sie eigentlich auch Recht, dennoch fand ich es widerlich, wie wertlos sie mit dem Leben umgingen nur um ihre Waffen herstellen zu können. Der einzige Zweck in dieser Forschung war es die Fähigkeiten der Kriminellen zu extrahieren und in Soldaten oder gefügige Lebewesen einzuführen, sodass sie damit die perfekten Waffen für ihre Pläne schaffen konnten. Wir Kriminellen waren schließlich unberechenbar.
Kurz nachdem sie an meiner Zelle vorbei waren, senkte ich meinen Blick auf den Edding, den ich in meiner Hand hielt. Mein Rücken war immer noch an die Wand gelehnt und die schwarze Uniform, welche silberne Streifen an den Seiten hatte, wo eigentlich die äußeren Nähte waren, unterschied sich so gut wie gar nicht mehr von den Wänden meiner Zelle. Als ich in diese Zelle kam, blitzte sie nur vor Neuheit, denn sie hatte strahlend weiße Wände und selbst das Bett war weiß und sauber. Jetzt war es jedoch nur noch das Bett, welches als einziges so sauber war. Jede einzelne Wand, sogar Boden und Decke waren vollgeschrieben und somit mit schwarzen Edding bedeckt.

Sie konnten zwar die Fähigkeiten dämpfen, aber nicht vollständig blockieren und die einzige Fähigkeit von der ich wusste, offenbarte sich an der Wand. Ich war in der Lage die Zukunft zu sehen, zwar immer nur bruchstückweise, wodurch es eher Puzzleteilen glich, doch manchmal setzte sich auch ein Bild zusammen. Als ich angefangen hatte, all das an die Wand zu schreiben, schrieb ich direkt in einer Sprache, die man nicht direkt übersetzen konnte. Sozusagen war diese Sprache verschlüsselt und selbst die Kamera in meiner Zelle konnte zwar alles aufnehmen, doch die Personen auf der anderen Seite wären nicht in der Lage es zu entschlüsseln. Es sei denn, sie waren Genies. Diese Gabe, die ich im mir trug, konnte einerseits ein Geschenk doch auch ein Fluch sein. Denn das was ich sah, konnte ich weder kontrollieren noch in irgendeine Richtung steuern. Es waren einfach irgendwelche Situationen und leider war die Zukunft, die ich sah und die sich öfters wiederholte keine gute für das Universum. Jedoch konnte ich weder den Zeitpunkt noch irgendwelche genauen Personen, die dafür verantwortlich waren, sehen. Doch egal wann es passierte, es war nichts Gutes. Es konnte mir jedoch egal sein, da ich sowieso auf diesem Planeten versauern würde und ich schrieb das ganze nur auf, um es aus meinem Kopf loszuwerden. Nun neigte sich der Platz in meiner Zelle dem Ende zu und das obwohl ich versucht hatte, es wirklich klein zu schreiben.

Ein zweites Mal ging nun die schwere Tür zum Labor auf und diesmal traten die Wissenschaftler heraus. Diese zwei Personen sah ich jedoch nur kurz an und bemerkte, dass ich einen von beiden noch nie in diesem Gebäude gesehen hatte. Anscheinend war er neu, denn das würde auch seinen neugierigen Blick erklären, den er mir zuwarf, woraufhin ich jedoch nur wegsah und an die Wand mir gegenüber starrte, während ich meinen Kopf an die Wand lehnte und den Stift in meinen Händen drehte.

„Warum ist dieses Mädchen eigentlich der schwarzen Fraktion zugeordnet? Sie sieht nicht gerade gefährlich aus, wenn sie nur ihre Zelle mit irgendwelchem Kram vollschreibt und auch noch den Körper eines Menschen hat“, murmelte nun der Neue, dem schon lang eingesessen Wissenschaftler zu, dessen Namen ich sogar über die Jahre erfahren hatte. Doktor Fleur. Er gehörte der intergalaktischen Behörde an und war für seine skrupellose und gnadenlose Art bekannt. Auf die Frage von dem Neuen lachte er erstmal herzlich und blieb dann direkt vor meiner Zelle stehen.

„Du hast noch viel zu lernen, Frischling. Die erste Regel hier lautet, dass man die schwarze Fraktion niemals unterschätzen sollte. Dieses Mädchen hat gerade mal mit 12 Jahren fast einen gesamten Planeten ausgelöscht, als sie auf ihn herabgefallen war. Jedoch wurde sie bewusstlos, bevor sie alles auslöschen konnte. Sie hat jedoch einen immensen Schaden vorher angerichtet. Zudem ist sie das größte Rätsel in der gesamten Anlage, da niemand auch nur annähernd eine Ahnung hat wer sie ist und was sie überhaupt kann. Das einzige was wir wissen, ist ihr Name, der auf der verbrannten Kleidung eingestickt war. Phoenix. Nun aber ob das ihr richtiger Name ist, wissen wir auch nicht, denn sie redet nicht und das einzige was sie seit ihrer Ankunft getan hat, war die Wände voll zu kritzeln. Ich würde dieses zierliche Ding gerne einiger meiner Experimente aussetzen, doch leider ist ihre Gefahrenstufe nicht einschätzbar.
Vielleicht ist sie sogar gefährlicher als die anderen aus der schwarzen Fraktion. Nun lass uns lieber den nächsten Müll holen, sodass ich meinen Spaß fortführen kann“, erklärte Fleur und sah mich mit seiner hässlichen grünen Visage und den vier Augen mit einem ekligen Grinsen auf den Lippen an, was ich aus den Augenwinkeln wahrnahm. Der Neue starrte mich eine Sekunde an und auf meinen Lippen breitete sich ein kleines Grinsen aus. Leicht holte ich Schwung mit meiner Hand und ließ den Edding gegen das Glas schnellen. Bei dem krachenden Geräusch zuckte der Frischling nur zusammen, während Fleur über ihn lachte und weiter ging.

Ein Seufzen kam über meine Lippen, als die beiden verschwunden waren. Die Wissenschaftler waren genauso schlau wie ich, was mich anging. Phoenix. Dieser Name war das einzige, was ich neben meiner Fähigkeit in die Zukunft zu schauen, wusste. Jedoch hatte ich das Gefühl, dass Phoenix nicht mein richtiger Name war. Doch das war das einzige, was mir aus meiner Vergangenheit geblieben war. Ansonsten wusste ich gar nichts mehr und ich konnte mich auch nicht mehr an den Vorfall, der sich vor 6 Jahren ereignet hatte, erinnern. Ich wusste nur das, was die Wissenschaftler über mich erzählten und in gewisser Weise machte ich mir selbst Angst. Nicht zu wissen, wer man war, aber über die Zukunft Bescheid zu wissen, war echt scheiße. Schon öfters hatte ich versucht meine Fähigkeit auch auf die Vergangenheit zu übertragen, jedoch hatte es nie geklappt.

Die Zukunft war das einzige, was mir in dieser Zelle etwas Abwechslung bescherte und sie lenkte mich auch von meinen Gedanken ab, die immer wieder um diesen Namen schwirrten. Phoenix. Doch nie hatte ich damit gerechnet, dass all dieses Zeug an der Wand einmal mein Leben in einer Zelle auf den Kopf stellen würde. Es sollte eine Zeit beginnen, in der ich nicht nur mich infrage stellte und versuchte herauszufinden wer ich war, sondern auch eine Zeit, in der ich Dinge tun würde, die ich niemals von mir erwartet hätte. Dort draußen in der kalten und dunklen Leere lauerten nicht nur unzählige Gefahren und das schlimme Schicksal, sondern auch meine Vergangenheit und unzählige Planeten.

Phoenix - AwakeningWhere stories live. Discover now