Kapitel 2: Die wabernden Schatten

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Jahr: 2019
Planet: ...

Der Wind blies durch meine braunen kurzen Haare. Es war eine leichte Brise und für einen Moment sog ich die frische Luft tief in meine Lungen hinein. So lange hatte ich keine frische Luft mehr geatmet und draußen war ich auch schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Die Sonne strahlte hell am Himmel und ich musste mehrmals blinzeln und sogar meine Hand an meine Stirn legen, sodass ich meine Augen etwas vor dem grellen Licht schützen konnte. Ich befand mich auf einer riesigen Wiese auf der sich viele Pusteblumen befanden. Es lösten sich nur wenige dieser Blütenpollen. Als ich mich nun an das Licht gewöhnt hatte, sah ich mich etwas weiter um. Das Feld erstreckte sich vor mir noch mehrere Kilometer, bis es schließlich bei einer riesigen Stadt entdeckte. Das höchste dieser Gebäude berührte mit seiner Spitze schon die wenigen flauschigen Wolken, die sich am Horizont befanden. Die Gebäude waren in einen silbernen Ton und sie nahmen die verschiedensten Formen an und waren nicht alle quadratisch. Es sah so aus, als würden die Gebäude darum kämpfen, welches das Höchste von ihnen war, denn sie alle hatten die unterschiedlichsten Höhen. Jedoch waren die Gebäude am Stadtrand niedriger, als die in der Stadtmitte, wo sich der Wolkenkratzer befand, der bis zu den Wolken ragte. Schwach konnte man sogar erkennen, wie fliegende Autos am Stadtrand eine Straße entlang zogen. Es kam mir so vor, als wäre ich vor vielen Jahren schon mal auf diesem Planeten gewesen, doch ich konnte mich nicht im Geringsten daran erinnern. Nur ein Wort blieb in meinem Kopf immer wieder hängen, als ich versuchte etwas an Informationen zu gewinnen. Es war der Name des Planeten. Erde.

Ein Schauer glitt auf einmal meine Arme entlang und meinen Rücken hinunter. Hinter mir spürte ich so eine Kälte. Eine Kälte, als würde mich ein Schneesturm gerade erfassen. Zuerst wagte ich mich nicht mich umzudrehen, da ich gar nicht sehen wollte, was sich hinter mir befand. Mein Körper weigerte sich zusätzlich. Doch schließlich zwang ich meinen Körper sich zu bewegen, da ich dem, was mir Angst machte, wenigstens ins Gesicht blicken wollte. Wenige Meter von mir weiter weg auf der Wiese befand sich eine Gestalt. Sie war tief in Schatten gehüllt, die auch  etwas außerhalb des Körpers waberten. Es war die Gestalt, die ich schon öfters gesehen hatte. Und jedes Mal hatte sie nur Schlechtes über einen Planeten gebracht. Seine Schatten breiteten sich nun aus und brachten einen schrecklichen Wind mit sich, wodurch die Blütenpollen sich von den Pusteblumen lösten und mit dem Wind mitgetragen wurden. Der Boden unter meinen Füßen und auf der ganzen Wiese wurde schwarz und verdorrte. Es war, als würde alles zu Asche zerfallen.

Kurz darauf zogen sich Risse durch die Erde und sie fing an zu beben. Direkt unter meinen Füßen tat sich ebenso ein Riss auf, der sich öffnete und so tief ragte, dass ich das dort unten lauernde Magma leicht sehen konnte. Das Magma kam immer mehr aus seinen tiefen, wo es eigentlich sein sollte und stieg durch die sich vermehrenden Risse Stück für Stück hinauf. Ein lautes Krachen ließ mich meinen Blick von dem Riss unter mir abwenden und mich zur Stadt sehen.
Eines der riesigen Gebäude verlor sicherlich durch einen der Risse seinen Halt und stürzte gerade in die anderen hinein. Schon nach weniger Zeit war dieses Gebäude nicht mehr das einzige, was fiel und auch das Magma hatte sich nun seinen Weg nach oben gebahnt und floss direkt zur Stadt. Ich sah dabei zu, wie eine ganze Stadt fiel und das in weniger als einer Stunde. Und all das hatte eine einzige Person angerichtet.

Mit geweiteten Augen vor Schock drehte ich mich nun wieder zur Gestalt um und die Schatten lüfteten etwas die untere Partie seines Gesichtes. Bei diesem kleinen Teil bildete sich ein breites Grinsen ab, welches seine aufgerissenen und mit schwarzen Fäden durchzogenen Lippen umspielte. Nun kam die Gestalt auf mich zu, welche nun wieder vollständig eingehüllt war. Doch statt vor mir stehen zu bleiben, ging sie einfach durch mich hindurch. Als sie das tat, spürte ich so eine eisige Kälte und eine tiefe Leere in der Seele dieser Person. Sein Herz war einzig allein von Verwüstung, Zerstörung, Macht und Hass erfüllt. So etwas hatte ich noch nie gespürt. Ich war in dem Gefängnis schon vielen verschiedenen Lebewesen begegnet und aus einigen konnte man auch erkennen, wie ihre Seele und ihr Herz geprägt waren. Mit der Zeit lernt man im Gefängnis neue Sachen und ich hatte immer gerne die Lebewesen, die mir begegneten, gelesen und von ihnen gelernt. Auch wenn man immer dachte, dass ich nichts mitbekam oder mich nichts interessierte, war ich sicherlich eine der aufmerksamsten Lebewesen auf diesem öden Planeten. Mein Blick folgte der Gestalt und schließlich wandte sie mir den Rücken zu.

Auf einmal überzog meine ganzen Körper eine Gänsehaut, als diese Gestalt tatsächlich seine Lippen öffnete und mit einer schauerlichen und angsteinflößenden Stimme sprach: „Es wird fallen.“

Kurz darauf ertönte ein Schrei, der jedoch nicht nur meine Ohren erfüllte, sondern die ganze Welt, in der ich mich gerade befand. Kurz darauf trat vollständige Schwärze in mein Blickfeld ehe ich meine Augen öffnete und direkt in das Licht der kleinen Deckenlampe meiner Zelle sah. Der Schrei war eindeutig von hier gekommen und war so sehr mit Schmerz gefüllt, dass sie sogar meine Traumwelt erreichte oder eher gesagt die Welt, wo ich meine Visionen erlebte. Tagsüber waren es immer nur Bruchstücke und nachts konnten sie etwas deutlicher werden. Diesmal war die Vision aber unheimlich präzise und deutlich gewesen. Sie hatte mir sogar ein Detail der Gestalt gezeigt, die ich schon viel zu oft sehen musste. Diesmal hatte ich das erste Mal gesehen, was diese Gestalt anrichtete. Langsam richtete ich mich nun auf und blickte auf meine Hand, die auf meinem Bein lag. Sie zitterte immer noch von dieser Vision. Der Schock musste jedoch verschwinden, weshalb ich mehrmals tief ein und ausatmete und mir einmal durch meine Haare fuhr. Als ich mich nun einigermaßen beruhigt hatte, schlich sich wieder die Frage in meinen Kopf wieso diese Vision diesmal so deutlich war. Immer noch nicht wurde ich aus dieser Fähigkeit schlau. Ich verstand nicht, warum sie mir das alles zeigte und warum manches deutlicher war, als anderes.

Ein weiterer Schrei erfüllte wieder den beleuchteten Gang der schwarzen Fraktion. Stutzig stand ich nun auf, da die Gänge eigentlich nachts niemals beleuchtet wurden. Zwar hatten wir hier keine Fenster und somit kein Zeitgefühl, doch wenn man schon so lange hier war wie ich, wusste man wie das hier lief. Immer wenn die Lichter ausgingen, ging die Sonne gerade vollständig über unseren Standpunkt von Krypsos unter und die Nacht breitete sich am Himmel aus. Jedoch war es ziemlich unwahrscheinlich, dass wir schon morgen hatten, denn morgens ertönte immer ein Signal, was dem gesamten Gefängnis Wachen wie Gefangenen deutlich machte, dass die Arbeit anfing. Die ersten Gefangenen mussten zur Arbeit gebracht werden und meistens fing es mit den Weißen hatte, jedenfalls hatte ich das von einer Wache so gehört. Die Weißen arbeiteten immer auf den Feldern, wo man besondere Pflanzen anbaute und dann auch wieder erntete. Es waren Pflanzen, die den Wohlhabenderen in der Galaxis zuteilwurden, weil Krypsos mit Calipso der einzige Planet war, wo man diese Pflanzen her bekam und das auch nur zu bestimmten Jahreszeiten. Die Jahreszeiten auf Krypsos waren deutlich anders, aufgrund der Stürme. Leider konnte ich dort drüber nichts Genaueres erfahren.

Meine Gedanken richteten sich nun auf das Geschehen im hier und jetzt. Langsam ging ich nun auf das Ende meiner Zelle zu, welches durch das dichte Glas symbolisiert wurde. Dieses Glas war besonders, da es zusätzlich unter Strom stand und man es somit lieber nicht mit seinem Körper berühren sollte. Denn dieser Strom reagierte auf unsere Anzüge, der beim Mittelfinger bis zur Fingerspitze reichte. Ich blieb weit entfernt genug stehen und sah mich nun auf dem Gang um. Erst nach rechts, wo das einzige, was ich bemerkte war, dass weitere der schwarzen Fraktion an die Wände ihrer Zellen gegangen waren. Als ich nun jedoch nach links blickte, bemerkte ich etwas äußerst ungewöhnliches. Doktor Fleur, der neue Wissenschaftler und eine Wache standen vor einer Zelle.
Der Insasse in dieser Zelle lag auf dem Boden und wand sich dort vor Schmerzen. Immer wieder entkam ihm ein Schrei und da es gegenüber von meiner Zelle war, konnte ich noch ein paar Details bemerken. Seine Arme und Beine zuckten unkontrolliert auf dem Boden herum und Blut sickerte langsam aus seinen Ohren. Die drei Personen vor der Zelle sahen für eine Weile zu, ehe Doktor Fleur ein Handzeichen der Wache gab, wodurch das Glas der Zelle hochfuhr und der Insasse langsam aber sicher aufhörte so zu zucken. Ich verstand nicht, was sie damit erreichen wollten, doch langsam verstand ich, was sie mit ihm angestellt hatten. Sie hatten den Dämpfer seiner Fähigkeiten in der Zelle hoch gedreht, sodass es so starken Druck auf sein Gehirn ausübte, dass er dadurch deutliche und starke Schmerzen bekam.
Nach dem das Glas nun vollständig oben war, traten die zwei Wissenschaftler in die Zelle hinein und knieten sich neben den Insassen, der noch leicht am Boden zuckte. Der neue Wissenschaftler, dessen Namen ich noch nicht herausgefunden hatte, zückte nun einen silbernen metallenen Ring. Er öffnete ihn und legte ihn an den Hals des Insassen. Anschließend schloss er ihn und ein rotes Lämpchen ging an der vorderen Seite an. Die beiden erhoben sich wieder und verließen die Zelle. Jedoch verwunderte es mich, dass die Zelle mithilfe des Glases nicht mehr abgeschlossen wurde. Die Worte von Doktor Fleur ließen mich jedoch nicht länger darüber nachdenken.

„Mal sehen ob ihr neues Spielzeug funktioniert“, sagte Doktor Fleur und holte aus der Tasche seines weißen Kittels eine Fernbedienung heraus. Dort war nur ein einziger Knopf vorhanden, den er nach einem kurzen Blick zum Insassen und einem amüsierten Grinsen auf den Lippen drückte. Das rote Lämpchen am Halsband änderte nun seine Farbe und zwar von Rot zu Grün. Die drei Personen begafften den Insassen, wie Menschen in einem Zoo, nach dem dort ein neues Tier eingeliefert wurde.

Zuerst hörte der Insasse nur auf zu zucken und richtete sich ganz normal wieder auf, als würde dieses Band um seinen Hals nichts anrichten. Jedoch änderten sich das und das nur in wenigen Minuten. Erst wurden seine Augen glasig und so, als wäre er nur noch eine leere Hülle. Danach wurden die Adern deutlich, die er an Hals und im Gesicht hatte. Anschließend sah er die Personen an und streckte seinen Arm aus, der anfing etwas zu zittern.

„Was macht ihr mit mir?“, fragte er und seine Stimme war auf einmal mit Wut verzerrt und dennoch wirkte sie etwas schwach. Ich sah wie er verzweifelt versuchte etwas zu tun. Ich hatte diesen Insassen schon oft beobachtet. Er stammt von einem Müllplaneten und hat die Fähigkeit entwickelt, alles in Brand zu stecken. Oder eher gesagt konnte er durch seine Hände Explosionen verursachen. Die Kraft dazu steckte in seinen Händen. Als ich mir das wieder in den Kopf rief, bemerkte ich, was er versuchte. Er versuchte seine Fähigkeit zu verwenden, doch es funktionierte nicht. Es war so gut wie unmöglich, dass die Kräfte eines Lebewesens der schwarzen Fraktion außer Kraft gesetzt wurden. Auch der Insasse merkte nun, dass seine Kraft nicht funktionierte und mit seinem einen vorhandenen Auge, das er noch hatte, starrte er geschockt auf seine Hand. Auf einmal sickerte auch langsam Blut aus diesem Auge und kurz darauf verlief alles ziemlich schnell. Er fing an zu zittern und daraufhin regte er sich auf einmal gar nicht mehr. Seine Augen waren leblos geworden und er fiel einfach auf den Boden. Doktor Fleur seufzte und beugte sich etwas über den Insassen, um ihn deutlich ins Gesicht zu sehen.

„Nun ja Hirntod, da kann man wohl nichts mehr machen. Wir müssen das neue Spielzeug noch etwas optimieren, aber ansonsten bin ich höchst zufrieden mit dem Ergebnis. Nehmt das Halsband ab und werft ihn dann den Krisps zum Fraß vor. Ich bin äußerst froh, dass ich sie eingestellt Mister Jollolo. Dank ihnen sind wir einen gewaltigen Schritt vorwärts gekommen und es wird nicht mehr lange dauern“, meinte Doktor Fleur und fuhr sich mit einem seiner gitschigen Arme über sein kaum ausgeprägtes Kinn. Die Wache nahm die Leiche über seine Schulter, nach dem der neue Wissenschaftler, welcher anscheinend Jollolo mit Nachnamen heißt, das Band vom Hals abgenommen hatte. Kurz darauf war die Wache mit der Leiche verschwunden und ich wusste, dass er jetzt in Einzelteile von den Krisps zerlegt wurde. Nach seinen Worten wandten sich die beiden Wissenschaftler ab und gingen langsam wieder Richtung Labor. Jedoch erwischte ich Doktor Fleur wie er mir über seine Schulter noch einen Blick zuwarf und dabei ein teuflisches Grinsen auf den Lippen hatte.

Dieses neue Gerät, was auch immer es konkret mit uns anrichtete, bedeutete nichts Gutes für die schwarze Fraktion. Nun sah ich wortwörtlich schwarz für uns. Denn dieses Gerät sollte unser jetziges Leben in diesem Gefängnis für immer verändern.

Phoenix - AwakeningHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin