Chapter six

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Kapitel 6

Sollte ich jetzt so tun, als ob ich es nicht gehört hätte. Nein, das war total kindisch. Also atmete ich einmal tief durch und drehte mich dann um. Ich sah direkt in seine unglaublich grünen Augen und mein Atem war weit von dem Normaltempo entfernt, genauso wie mein Herzschlag. Er stand dichter vor mir als ich gedacht hatte, weshalb ich ein bisschen hoch gucken musste. Deshalb ging ich schnell einen kleinen Schritt zurück.

„Hi", sagte er mit einer ein bisschen kratzigen Stimme.

„Hey", sagte ich zittrig zurück.

Danach herrschte Stille. Toll. Gerade, als diese drohte unerträglich zu werden, öffnete Harry den Mund: „Ich wusste gar nicht, dass du auch hier bist. Ich dachte, dass heute wäre eher für so Leute aus der Kunstszene zum austauschen. Nicht, dass du dich nicht hier sein solltest, aber es sind nicht viele Nicht-Künstler oder Agenten und so hier. Ich meine ich bin ja auch hier...", er stotterte und man merkte ihm an, dass er nicht wirklich wusste, was er gerade redete. Er machte ein bisschen frustriert eine Pause, bevor er fragte: „Warum bist du eigentlich hier?", er sah mich ein bisschen hilfesuchend an. Wäre ich nicht so überfordert mit der Situation gewesen, hätte ich vermutlich geschmunzelt.

„Eine Freundin von mir stellt hier aus und ich habe ihr ein bisschen mit den Vorbereitungen und so geholfen.", meinte ich.

„Wie heißt diese Freundin wenn ich fragen darf?"

„Mary Tonisten, es ist ihre erste große Ausstellung. Also sie ist noch nicht so bekannt und so."

„Ist das die mit den bunten Skulpturen und den Bildern, die mit stark aufgetragenen dunklen Farben gemalt sind?"

„Ja genau, woher kennst du sie?", fragte ich verwundert.

Er lächelte. „Ein Kumpel von mir arbeitet hier in der Planung und guckt immer schon mal was so interessant sein könnte und wegweisend für das nächste Jahr. Er hat von ihren Werken geschwärmt."

„Wow, das wird sie sicher freuen. Sie arbeitet schon echt lange, besonders an den Skulpturen, für diese Ausstellung. Ich finde auch dass ihre arbeiten, unvoreingenommen betrachtet, etwas moderneres innovativeres haben, als die anderen Skulpturen, besonders von den neuen Künstlern hier. Und das sage ich jetzt nicht nur, weil ich mit ihr befreundet bin, sondern weil ich persönlich zum Beispiel ein bisschen unnötig finde wieder Büsten zu bauen wie die Römer, weil es angeblich jetzt wieder modern sein soll, wie der Josef McConner. Aber ich habe ja auch nicht so viel Ahnung...", sprudelte ich heraus

„Hast du dir die Ausstellung schon angeguckt?", fragte er überrascht.

„Nein, also ein bisschen vielleicht, als ich Mary beim Aufbauen geholfen habe", sagte ich kleinlaut.

„Dann kannst du mir ja vielleicht die interessanten Räume zeigen, die sich lohnen, weil ich dir zustimmen muss. Die Römer zu kopieren ist nicht sehr einfallsreich."

Unwillkürlich musste ich lächeln, er lächelte zurück.

„Klar, was interessiert dich denn normalerweise so?"

„Ich lass mich überraschen.", antwortete er schulterzuckend.

„Der vorgeschlagene Weg geht zuerst durch die Sonderausstellung des Museums und dann zu den neuen Werken. Aber weil die Sonderausstellung dauerhaft ist, würde ich zuerst nach hinten durchgehen, dann sind noch nicht so viele Leute da und man kann sich Zeit lassen und zur Not den Rest wann anders weiter angucken.", überlegte ich.

„Klingt gut", war Harry's Meinung.

Also setzten wir uns in Bewegung und gingen den langen Gang entlang, ohne zwischendurch abzubiegen, bis wir vor dem Schild mit -NEUE ENTDECKUNGEN- standen. Hier waren noch keine Menschen und wir betraten die Räume ganz alleine. Gleich nach dem Reinkommen rechts sah man in den Raum mit den römischen Büsten.

„Da brauchen wir ja schon mal nicht rein.", stellte Harry fest.

Also gingen wir weiter. Gerade, als wir durch den nächsten Aufgang gehen wollten ertönte ein Alarm. Erschrocken sahen wir uns an. Aber auch als wir zurück liefen, hörte der Alarm nicht auf. Von dem großen Gang hörten wir Menschen durcheinander reden und Richtung Ausgang strömen.

„Es ist nicht unsere Schuld.", stellte ich erleichtert fest.

„Vielleicht sollten wir auch mal rausgehen, wer weiß, was das für ein Alarm ist...", schlug Harry vor.

Ich nickte und wir liefen den anderen Personen hinterher. Als wir in der Eingangshalle ankamen, erklärte gerade der Museumsleiter die Ursache für die Störung.

„Es ist einer unserer Sicherheitsalarms im Haus ausgelöst worden. Bis die Ursache dafür geklärt ist, bitte ich Sie das Gebäude zu verlassen. Da wir nicht genau sagen können, wie lange das dauert wird die Besichtigung der Ausstellung verschoben werden. Ich bitte um ihre Rücksichtnahme.", der Direktor stand, sichtlich peinlich berührt, auf dem kleinen Podium, auf dem er noch vor einigen Minuten seine stolze Eröffnungsrede gehalten hatte.

Draußen empfing uns frische Luft. Die Leute stiegen wieder in ihre Autos oder verabschiedeten sich gerade von einander. Ich drehte mich zu Harry um, um dasselbe zu tun, als er sagte: „Tja, dann müssen wir den Abend wohl anders verbringen.", ein kleines Schmunzeln umspielte seine Lippen.

Völlig überrumpelt fragte ich: „Hast du denn einen Vorschlag?"

„Komm mit", er nahm meine Hand und zog mich zu seinem Auto, wo er mir die Tür öffnete. Ich stieg ein und Harry kurz nach mir. Er startete den Motor und fuhr los.

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⏰ Last updated: Oct 06, 2019 ⏰

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