Held und Tragödie - Kapitel 2.3

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Held und Tragödie - 2.3


»Hey, war ich nicht eben noch dein Held?«, grinst Chris schelmisch. »Gebt's zu, ihr könnt nicht ohne mich leben.«

»Oh ja, wir lieben dich, Chris«, kontert Isa und setzt dabei ihr bezauberndstes Lächeln auf. »Wir sind dir mit Haut und Haaren verfallen ...«

»... himmeln dich an«, ergänze ich, »und träumen jede Nacht von dir.«

»Von wem träumen wir, diesem Halbgott von vorhin?« Lila ist endlich zu uns aufgerückt. Mit dem ganzen Schulkram in den Armen, der sogar ihren Kopf überragt, brauchte sie mal wieder doppelt so lange wie eine Normalsterbliche. Nun streckt sie ihren Kopf hinter dem Stapel hervor und wendet sich mir zu. »Übrigens, Zara, du siehst immer noch aus, als hättest du eine missratene Schlammmaske mit deinen Klamotten weggewischt, das wollte ich dir schon vorhin sagen. Warum eigentlich? Was ist passiert?«

Lilas wachsamen Augen entgeht auch gar nichts. Okay – DAS wäre selbst einem unterbelichteten Vorgartenzwerg nicht entgangen – ich stehe vor Dreck! Ich weiß nicht wieso, aber ich verschweige ihnen die Ursache der Schlammpackung.

»Ihr wisst doch, was ich für ein Pechvogel sein kann und heute war mein Start in den Tag echt besonders mies«, winke ich ab.

»Oh ja!«, erklingt es simultan, und zwar dreistimmig.

»Und in der Kombination mit dem weiblichen Mr-Bean-Gen ist das echt lebensgefährlich!«, stichelt Chris und grinst. Fast wirkt es herablassend. »Man müsste vielleicht mal recherchieren, ob du irgendwie mit dem Kerl verwandt bist.«

»Schon gut«, ersticke ich seine blühende Fantasie im Keim und schmeiße mein Chemiebuch in den Spind. Natürlich fliegt mir dabei wieder mein ganzes Hab und Gut entgegen.(Eigentlich nenne ich meinen Spind liebevoll meine kreative Ablage, aber gerade in diesem Moment kommt mir der Gedanke, ob es vielleicht nicht an der Zeit wäre, das ganze Chaos zu entrümpeln. Ach, Morgen ist auch noch ein Tag.) Während ich verzweifelt versuche, alles wieder zusammenzuraffen und halbwegs Ordnung in das Innenleben meines Schließfachs zu bringen, höre ich Lila schwärmen. »Bei Erato, da ist er wieder. Einfach göttlich.«

Obwohl ich bereits ahne, wem diese Begeisterung gilt, kann ich nicht anders, als mich langsam umzudrehen. Es ist wie ein innerer Zwang. Und tatsächlich - wieder dieser Ben. Wie ich gerade feststellen muss, bewegt er sich auch ohne seine vier Rollen ziemlich cool.

»Wie der stolziert«, meint Chris in diesem Augenblick, als ob er meine Gedanken erraten hätte. »So ein aufgeblasener Gockel.«

»Tja, entweder man hat's oder man hat's nicht«, sage ich schulterzuckend.

»Chris hat es nicht«, hängt Lila noch an.

»Und dieser Kerl hier, der hat's«, ergänzt Isa.

Definitiv, denke ich.

Hallo?! Erde an Zara, Erde an Zara, bitte kommen?!

Was sind denn das für Gedanken in meinen Hirnwindungen?!

»Meine Gebete wurden erhört«, sagt Lila noch einmal ehrfürchtig. »McDreamy in jung.«

Nicht nur Chris sondern auch Isa hat Ben offenbar die Sprache verschlagen. Ich schweige ebenfalls. Aber nicht, weil ich sprachlos bin. Viel eher ärgert es mich tierisch, dass der Kerl ausgerechnet auf meine Schule gehen muss!

»Niemals! Er sieht Patrick Dempsey überhaupt nicht ähnlich. Seine Nase ist viel zu groß«, empört sich Chris. Offenbar hat er seine Sprache wiedergefunden, nur kümmert das keine von uns. »Okay, vielleicht die Haare, aber das ist auch schon alles.«

Der Typ schreitet gemütlich durch den Korridor, und obwohl er neu an dieser Schule ist, wirkt er keineswegs verloren oder überfordert. Ohne uns eines Blickes zu würdigen, marschiert er in unsere Richtung. Unweigerlich fährt meine Hand über mein Shirt. Ich fühle die Dreckkrusten unter meinen Fingerspitzen und beginne hastig, sie mit dem Nagel abzukratzen, als plötzlich Lila völlig deplatziert etwas zischt.

»Oh, Hades!«

Wie bereits erwähnt, entgeht Lilas wachsamen Augen nichts.

Ich hebe meinen Kopf und dann verstehe ich.

Ob Zufall oder Schicksal sei dahingestellt, aber just in dem Moment steuern von der anderen Seite des Korridors ein paar Schüler quer über den Korridor Richtung Treppenabsatz - dem Treffpunkt der Coolen und Beliebten, zu denen natürlich Cilia Winter und ihre Bediensteten gehören. In diesem Moment ist Cilia nicht nur unübersehbar, sondern auch unüberwindbar. Sie stützt die Hände in die Hüften und baut sich mit einem liebreizenden Lächeln vor dem Neuen auf, ehe dieser an ihr vorbeigehen kann.

»Eine richtige Medusa«, stöhnt Lila entnervt. »Echt typisch, wie sie immer ihre gierigen Schlangenköpfe ausstreckt, um alle männlichen Wesen mit ihren unzähligen Augen zu hypnotisieren.«

»Aber eine bildhübsche Schlange«, wirft Chris mit verträumtem Gesichtsausdruck dazwischen und kassiert dafür drei Ellenbogen. »Bildhübsch, aber herzlos. Besser?«



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Kleine Erklärung zum Foto im Header:

Auf dem heutigen Bild seht ihr zwei Buttons - der Held-Button ist Marketing-Material von meinem "Gefrorenen Herz" (Jugendthriller) und der Pinke von den PHOENICRUS, was dann vor allem in Band 2 zum Tragen kommen wird. Es gibt vier Buttons:

Glisco (Purpurrot)

Susurro (Azurblau)

Mederio (Jadegrün)

Sentio (Bernsteingelb)

Stadt der Verborgenen (Die Phoenicrus-Trilogie 1)Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ