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Meine Augen juckten und stachen. Es lag an dem fehlenden Schlaf. Ich setzte meine Lesebrille auf meinem Arbeitstisch ab und presste meine Zeigefinger auf meine Augenlider. In Kreisbewegungen versuchte ich den Juckreiz zu lindern. Ich bekam bloß eine verschwommen Sicht und musste dabei herzhaft Gähnen. Langsam streckte ich meine Hände zum Himmel hinauf. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Ein Blick auf die tickende Uhr in meinem Labor besagte, dass ich bereits schon 12 Stunden an meinem Projekt arbeitete.

"Sowas von unattraktiv."
Ich verdrehte meine Augen, als mein Arbeitslollege Dr. Dave Clew, mit zwei Kaffeebecher aus dem Flurautomaten hineintrat. Er sah nicht besser aus. Seine schwarzen Haare klebten an seinem Kopf. Seine Brille saß schief oben und ich fragte mich, wann er das letzte Mal duschen war. Gleichzeitig saß er genauso lang an seine Arbeiten. Also wer wusste wie ich aussah.

"Danke.", schenkte ich meinem Partner ein Lächeln, dass ihn kurz etwas länger als üblich zu mir blicken ließ. Ich nahm den vorgehaltenen Kaffeebecher entgegen. Es wärmte meine Hände auf.
"Wie kommst du voran?" Ich seuftze und ließ mich in meinem Sessel zurückfallen. Umso mehr hatte ich die Chance einen langen Blick auf ihn zu werfen. Er hatte blau-rot karrierte Socken an. Seine dunkelblaue Hose reichte ihm bis zu seinen Knöcheln und sein hellblaues Hemd bedeckte ein weißer Laborkittel. Was mich eher an ihm erstaunte, waren seine dunkelblauen Augen. Irgendwie beneidete ich ihn. Ich durfte mich mit stinknormalen braunen Augen anfreunden und langweiligen braunen Haaren.

Kein Wunder, dass ich mit sechsundzwanzig Jahren noch single und unbeliebt war. Ein Trost bildete Dave. Er war genauso lang single gewesen.
"Bist du schwul?", rutschte die Frage unbedacht aus meinen Lippen heraus. Ich hätte mir eher auf die Zunge beißen sollen, denn seine Reaktion machte es mehr als nur peinlich. Er hatte seinen Kaffeebecher abgestellt und schien mich mit seinen Augen erdolchen zu wollen.

"Was gibt dir das Recht, dass zu fragen?" Irgendwie wurde mir heiß. Es konnte aber auch an dem warmen Kaffee in meinen Händen liegen. Obwohl ich gute Gegenfragen in Buchcharaktären liebte. Die sogenannten Badboys hatten diese. Ich schnaubte bloß und setzte meinen Becher an meine Lippen an. Ich würde mich bestimmt nicht von ihm einschüchtern lassen. Es war nur eine Konversation, die ich beginnen wollte.

"Wollte nur quatschen.", verdrehte ich meine Augen und beobachtete ihn weiterhin vom Seitenwinkel aus.
"Hast du eine Freundin?" Er schwenkte seinen Kopf und nuschelte etwas vor sich hin. Ich hatte es nicht mitbekommen, deswegen wollte ich wieder nachfragen, als er mir allerdings einen strengen Blick zuwarf.
"Wage es nicht!"
Ich begann zu jammern.
"Komm schon! Wir arbeiten schon mittlerweile drei Jahre zusammen und ich habe weder Freund, noch Freundin gesehen. Ist es da nicht normal, dass ich mich wundere ob du schwul bist?"

Nein, ich war verrückt. Er war ein Arbeitskollege, nicht ein Freund von mir, der mir irgendwelche Fragen zu seinem Leben beantworten musste.
Wieder schwenkte er seinen Kopf und tippte etwas in seinem Laptop ein. Nachdem stöhnende Frauen zu hören waren, drehte er diese zu mir um.
"Mein Arbeitsverlauf." Ich musste lachen.
"Du weißt schon, dass man auf Pornoseiten leicht die bevorzugten Paare aussuchen kann. Also das ist jetzt nur ein weiterer Hinweis, dass du schwul bist und dich gerade selbst als Hetero abstempelst."

Seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben.
"Amüsant.", hörte ich ihn sagen.
"Aber ich bin nicht schwul." Ich beließ es dabei. Zumal ich die stöhnenden Frauen nicht mehr hören wollte. Außerdem freute es mich, das ich nun ein Geheimnis hatte, dass ich irgendwann gegen ihn verwenden konnte. Pornos schauen in der Arbeitszeit? Ein schwerer Delikt.

"Verheiratet?", setzte ich drauf.
"Nein.", gab er knapp zurück. Ich nickte bloß und stellte meinen Kaffeebecher ab.
"Eine Freundin vielleicht?" Dr. Clew seufzte und starrte direkt in meine Augen. Es war etwas unangenehm, da mir seine Augenfarbe sehr gefiel und ich keine Ahnung hatte, wie man sowas verheimlichen konnte.
"Würdest du gerne meine sein oder wieso diese plötzliche Fragen? Willst du auch gleich meine bevorzugte Sexposition wissen?" Ich lief rot an. Wieso wurde mir um einige Grade wärmer, wobei ich eigentlich vor Scham weglaufen sollte?

"Es ist doggy.", flüsterte er mir zu und verkniff sich ein Lächeln. Ich mied es wie ein Wolf aufzuheulen und wandt mich wieder meiner Arbeit zu. Diesen Moment würde ich mein Leben lang nicht vergessen können. Wie auch?
"Du solltest nach Hause gehen." Ich wollte schon protestieren, dass er kein Recht hatte sich da einzumischen, als er weiter sprach,
"Du arbeitest zu lange und benötigst deinen Schlaf. Du weißt, dass eine ausgeruhte Nacht bringt dir einen klaren Kopf." Ich hielt mich zurück. Er hatte Recht.

"Was ist mit dir?", fragte ich unverschämt nach. So gut zum Punkt: Er hatte kein Recht sich einzumischen, aber ich durfte es oder was?
"Süß, dass du dir Sorgen machst...", lächelte er mir zu.

Das Klopfen an der Tür unterbrach unseren Augenkontakt. Meine Augen rutschten zu der geöffneten Tür. Cancide, die neue Praktikatin, schenkte uns ihr bestes Lächeln. Wieso strahlte sie auch dabei? Sie war perfekt für die nächste Colgate Werbung geeignet gewesen und nicht als Praktikatin unter mürrischen, überstrapazierten Nerven. Ich hasste sie, aber nur weil sie die Aufmerksamkeit aller männlichen Wesen bekam. Vielleicht beneidete ich sie auch. Ein wenig.

"Drew, der Chef sucht dich."
Super, so gut zu einem erholten Schlaf.
♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡♡
Das Schreit nach einer heißen Sexszene..

Projekt: Ein Werwolf wurde erschaffenWhere stories live. Discover now