9 - Das beste Zimmer

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Während wir uns nun gegenseitig anstrahlten, schien Jona irgendwann nachdenklich zu werden und als er sich dann auch noch suchend in beide Richtungen der Straße wandte, konnte ich seine Gedankengänge langsam erahnen.

"Sag mal, Venni...", begann er da auch schon. "Wo hast du denn dein liebreizendes Auto abgestellt? Ich habe mich schon so darauf gefreut, eine kleine Spritztour mit mir als Beifahrer zu unternehmen, um dir die Gegend zu zeigen..."

"Ja, also", begann ich herumzudrucksen. "Da gab es... einen Zwischenfall."

Mein Onkel Ace riss seine Augen dramatisch weit auf. "Oh nein! Bist du etwa in einen Unfall verwickelt worden? Ist alles okay bei dir? Was ist passiert? Hast du die Polizei-" Er wollte mich schon am ganzen Körper abgucken, da hielt ihn Jona am Ärmel auf.

"Nun lass sie doch erstmal erzählen, Ace. Sie kommt ja gar nicht zu Wort."

Mein Onkel richtete sich also wieder gerade auf und Jona ließ ganz langsam seinen Ärmel los, bis er sich vergewissert hatte, dass Ace sich nicht wieder auf mich stürzen würde. Dann verschränkte Jona seine Arme vor der Brust und sah mich höchst interessiert an. "Also, Venni. Ist was Schlimmes passiert?"

Ich schüttelte seufzend den Kopf. "Nein, nicht. Oder... doch?" Mein Onkel sah wieder so aus, als würde er zu mir herüberrennen wollen, weshalb ich schnell weiterredete. "Mein Auto ist, wie schon viele Male zuvor, stehen geblieben. Einfach ausgegangen. Ich habe daher die Werkstatt angerufen, wurde abgeschleppt und dann hat mich ein Nachbar gerade eben vor der Tür abgesetzt."

"Ein Nachbar?", hakte Jona so gleich neugierig nach.

"Dein Auto ist einfach stehen geblieben?", fragte Ace zeitgleich.

Ich musste lachen. "Ja und ja."

"Venni, warum fährst du mit einem Auto, das so unzuverlässig ist zu uns? Und warum lässt du dich von irgendeinem Nachbar zu uns fahren? Du hättest uns auch anrufen können, wir hätten dich selbstverständlich abgeholt." Mein Onkel sah ehrlich besorgt und gleichzeitig vorwurfsvoll aus. "Wer weiß, was dir hätte noch passieren können."

"Es ist aber nichts Schlimmes passiert", sagte ich beschwichtigend.

"Genau. Brokenville ist schließlich nicht das Gangsterviertel von New York", Jona klopfte Ace auf die Schulter, trat dann mit einem undeutbaren Grinsen zu mir und legte mir einen Arm um die Schultern. "Und jetzt lassen wir das arme Kind erstmal ankommen. Lasst uns deine Sachen hereintragen, dann zeigen wir dir ganz in Ruhe das Haus und heute Abend essen wir dann ganz leckere Lasagne bei meiner Cousine."

Mir lief schon das Wasser im Mund zusammen. "Das hört sich sehr gut an", stimmte ich zu.

Mein Onkel sah immer noch nicht ganz überzeugt aus, aber als Jona ihm ein breites Lächeln schenkte, wich die Sorge von seiner Miene und diese Falte auf seiner Stirn. Ohne weiteres fasste er nach einem meiner Koffer und gemeinsam trugen wir meine Sachen unter einigem Stöhnen und Ächzen in das Haus.

Schon im Flur fielen mir zahlreiche buntbemalte Holzbilderrahmen auf. Anscheinend hatten sie ihre Fotos von der Weltreise ausgedruckt und sie gleich im neuen Heim aufgehangen. Ansonsten wirkte es hier auch schon recht heimelig. Es roch nach Vanille, Schuhe standen wild vor einem Regel, die Tür eines großen Holzwandschrankes stand auf und noch mehr Schuhe quollen aus ihm hervor. Die Wand im Flur war in einem warmen Ockerton gehalten, weswegen ich mich wie im Eingangsbereich von einem süßen Landhaus fühlte.

Ace und Jona machten sich gleich daran, meine Sachen die Treppe in den ersten Stock hochzuschleppen und ich folgte ihnen mit Gretel und den restlichen Gepäckstücken.

Wir liefen einen schmalen Flur mit Holzdielen entlang, die bunten Läufer waren schon ganz verrutscht. Gretel schnüffelte aufgeregt an ihnen und da ich sie noch immer an der Leine hatte, wurde sie erbarmungslos von mir weitergezogen.

Dark HeartWhere stories live. Discover now