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Kenan hatte das Gefühl, er könnte jeden Augenblick umfallen.

Mittlerweile rannte er geschlagene 15 Minuten und spürte allmählich, wie sein Atem immer kürzer und unregelmäßiger wurde, aber der Polizist hinter ihm schien scheinbar große Interesse am Sprinten zu haben, denn obwohl jedes einzelne Haar auf seinem Kopf grau war und er die typische Statur eines Polizisten aus amerikanischen Cartoons hatte, der den ganzen Tag nur in Seitengassen parkte und dutzende Donuts verschlingte,  als wären es Hustbonbons, war er erstaunlich schnell und aufmerksam.

Er hatte mittlerweile jede täuschende Seitengasse und Ecke genommen, die er kannte, und dennoch schaffte er es einfach nicht, den alten Mann hinter ihm abzuwimmeln, der ihm immer wieder zu rief, dass er stehen bleiben soll.

Die Spucke in seinem Hals fühlte sich unangenehm warm und schleimig an und er fing langsam an, vor Atemlosigkeit zu keuchen, doch er konnte jetzt auf keinen Fall stehen bleiben und eine Pause machen, ganz geschweige denn eine Mülltonne suchen, in die er reinspucken könnte, denn wenn er jetzt stehen bleiben würde, dann wäre all seine Mühe bis zu diesem Zeitpunkt umsonst.

Seine Beine fühlten sich müde an und würden ganz warm und zum ersten Mal seit langem bereute er es, dass er nicht schon vorher aufgehört hatte mit dem rauchen, denn seine Lunge wollte nicht mehr kooperieren.

Mit schmerzerfülltem Blick presste er die Hand auf seine Brust, als würde ihm dass beim Atem helfen, doch der Stoff seines Tracksuits fühlte sich unter seiner vor Anstrengung kochenden Hand wie ein Feuer an und rieb schmerzhaft an seiner Handinnenfläche, weshalb er seine Hand wieder senkte und weiter rannte.

Eine letzte Ecke kannte er noch, wo er abbiegen konnte, um den Polizisten zu täuschen und während er sich selber einredete, ein letztes Mal seine letzte Kraft zu nutzen, um schneller zu rennen, wurde ihm auch bewusst, dass diese Ecke seine letzte Gelegenheit war, denn hinter dieser Straße lag die Hauptstraße und dort war es praktisch unmöglich, sich irgendwo zu verstecken und auch seine Ausdauer würde ihn spätestens dort im Stich lassen.

Also biss der 19-jährige ein letztes Mal auf die Zähne und rannte um sein Leben, bevor er schlagartig bremste und beinahe über seine eigenen Füße stolperte, bevor er sich innerhalb von Sekunden wieder fing und sich an der Hauswand abstürze.

Während er um die Kurve eilte versuchte er, innerhalb von wenigen Sekunden einen neunen Weg zu koordinieren, den er rennen konnte. Das Gefühl von verschwitzten Haaren an seiner Schläfe und Stirn ekelte ihn plötzlich so sehr, dass er sich noch während er rannte vornahm, sofort unter die Dusche zu springen, sobald er Zuhause ankommt, wenn er es denn heute überhaupt noch nach Hause schaffen sollte.

Kenan schnaufte.

Er war unfassbar sauer auf sich selber, dass er sich selber in so eine Situation gebracht hatte, dass er mitten in der Nacht vor Polizisten wegrennen musste, als hätte er nichts besseres zutun, obwohl er doch eigentlich unschuldig war.

Er hätte einfach stehen bleiben sollen, als die Polizisten angefahren sind, um ihnen ganz freundlich zu erklären, dass es sich um ein Missverständnis handeln muss, aber als sein bester Freund Kemal ihn einfach am Arm packte, um loszurennen, bekam er plötzlich Panik und rannte aus Reflex auch mit, und als alle anderen in Luans' Auto sprangen und sich somit vom Acker machten, war er der einzige, der weiterhin rennen musste.

Er hatte Angst vor dem, was passieren würde, wenn er stehen bleibt, denn er wusste ganz genau, wieso die Polizei gekommen ist und auch wer sie gerufen hat.

Schon seit einigen Monaten trafen seine Freude und er sich gerne nach Feierabend auf dem Parkplatz hinter der Apotheke auf dem Kirchplatz und eigentlich hatte sich keiner der Bewohner hier beschwert, denn sie waren immer leise und machten auch keine Probleme.

dior sauvage | kenanWhere stories live. Discover now