dior sauvage | kenan

dört | katër

Seit Yaz wusste, dass ihre Eltern das lange Wochenende in Hamburg verbringen wollen, schmiedete sie gemeinsam mit Ari Pläne darüber, was die beiden Mädchen an diesen vier freien Tagen machen könnten.

Die Liste war lang; sie wollten in eine andere Stadt fahren und dort so tun, als wären sie reiche Touristen, sie wollten die Nacht von Samstag auf Sonntag einen Filmmarathon machen und all die Filme gucken, die sie zuvor wegen ihrem Pianounterricht und dem Universitäts Stress nicht schauen konnte, sie wollten stundenlang in einem Friseur sitzen und neues ausprobieren und sie wollten auf jeden Fall auch eine Carpool Karaoke und eine Food Tour durch Aris' Stadt machen.

Nirgendwo auf dieser Liste stand, dass Yaz ihren Sonntagabend bei einem Abendessen mit einem praktisch Fremden verbringen würde.

Und trotzdem saß sie gerade in ihrem Zimmer an ihrem Schminktisch und sah zu, wie Ari ihre Haare machte. Sie fand es wirklich sehr unnötig, aber ihre beste Freundin ließ sie nicht aus dem Haus gehen, bis sie sich geschlagen gab und Ari' den Blow Out machen ließ.

Parallel schminkte das junge Mädchen sich selber und schaute ihre Lieblingsserie, um sich ein wenig zu beruhigen. Eigentlich gab es keinen Grund, so aufgeregt zu sein, immerhin sollte dieses Abendessen als eine Entschuldigung von Kenan dienen, aber trotzdem war die 18-jährige ein wenig hibbelig, da sie zum ersten Mal ganz alleine mit einem Jungen essen gehen würde.

Die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen, als Kenan und Yaz sich zwei Stunden später für ihr abgemachtes gemeinsames Abendessen trafen. Ari war bei ihr Zuhause geblieben und hatte ihr angeboten, solange das Chaos aufzuräumen, was die beiden veranstaltet hatten, während Yaz sich für den Abend fertig machte, und natürlich hatte sie das Angebot sofort angenommen. Ihr Zimmer sah aus, als wäre eine Bombe darin eingeschlagen.

Es war ein gewöhnlicher Wochentag, und dennoch fühlte sich die Luft an diesem Sonntagabend ein wenig anders an, irgendwie leichter und erwartungsvoll, als Kenan in ihre Richtung lief und sie freundlich grüßte. Er hatte eine schwarze Short und ein enges, weißes Tanktop an und trug darüber ein lockeres, hellblaues Hemd an, was er offen trug.

Als Yaz ihn sah, war ihr eigenes Outfit ihr plötzlich sehr unangenehm, und sie schaute mit einem unbeholfenen Blick runter auf ihr Sommerkleid mit den Gänseblümchen und den weißen Plateau Sandalen. Sie hatte sich wirklich ein wenig zu sehr von Ari beeinflussen lassen, sie hätte auch einfach in Jeans und einem T-Shirt kommen können.

"Sollen wir los?", fragte er und zeigte mit seiner Hand nach vorne, und Yaz folgte ihm nickend. Die beiden hatten nichts zu besprechen, und liefen deshalb einfach schweigend nebeneinander, und ab und zu, wenn die Stille ein wenig zu unerträglich war, schauten sie sich ausversehen gleichzeitig an und wendeten ihren Blick dann sofort wieder ab.

Als sie mindestens zehn Minuten in purer Stille verbracht hatten, räusperte Kenan sich und spielte mit der schwarzen Sonnenbrille, die er bereits die ganze Zeit in seiner Hand hatte.

"Und? Wie läuft das Leben so?", fragte er und lächelte ein wenig gezwungen, aber die Art, wie er schaute, brauchte das junge Mädchen zum lachen. Sie strich sich die Haare vorsichtig aus dem Gesicht und schaute diesmal etwas länger zu ihm. Auch er schien zu versuchen, seinen Blick ein wenig länger zu halten.

"Ganz gut", antwortete sie und nickte dann. "Und bei dir?"

"Naja, jetzt, wo ich die Gehirnerschütterung überlegt habe –"

"Hey", rief Yaz jetzt und verkreuzte die Arme. "Wenn wir dieses Thema jetzt wieder öffnen, dann argumentiere ich bis morgen früh darüber, wer von uns beiden Recht hat!"

"Ich mach doch nur spaß", lachte er und setzte die Brille falsch herum auf seinen Kopf. "Mir geht es auch gut."

Yaz nickte und folgte ihm dann weiterhin schweigend, bevor die beiden vor einem türkischen Restaurant stehen blieben und er durch das Glas schaute. Das junge Mädchen sah ebenfalls herein und versuchte auszumachen, ob die beiden hier essen würden, als Kenan sich zu ihr drehte und provokant lächelte.