Teil 4 - Lernen zu fühlen?

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Lernen zu fühlen. Lernen zu fühlen. 

Ich liege nach wie vor wach in meinem Bett und warte darauf, bis James endlich in mein Zimmer kommt um mir zu sagen, dass es höchste Zeit ist um zum College zu fahren. Ich habe keinen blassen Schimmer, wann es für die Menschen Zeit ist aus dem Haus zu gehen um sich die Köpfe mit Sachen voll zu dröhnen, die man in der Zukunft sowieso niemals brauchen wird und deshalb bricht inzwischen die 6 Stunde an, in der ich Hellwach an die Decke starre. 

Es ist Tag 10 und bis jetzt sind alle Fluchtversuche meinerseits schief gelaufen. Dieser Lockenkopf ist aber auch gut vorbereitet. 

Meine Wut hat sich bis Heute aufgestaut, aber ich habe geschafft sie zu verstecken. Ich hatte genug Zeit zu erkennen, das James sich in der Aussenwelt von mir Abkapseln wird, also kann ich mir meine Opfer Seelenruhig aussuchen, irgendwo hinschleppen und mich dann endlich wieder gut fühlen. Das ist ein Konzept, das ich komplett durchdacht habe. Mit allen Risiken und Plänen, die ich anwenden werde, wenn etwas schief läuft.  Ich bin super Stolz auf mich, dass ich den Menschenverstand angewendet habe. - Was anderes blieb mir schließlich nicht übrig. 

In diesen 10 Tagen war ich 2mal draußen und habe 5mal versucht Menschen anzulocken oder mich in einem Gebüsch zu verstecken, aber nichts davon hat geklappt und das machte mich traurig. Seitdem hat James mich nicht mehr aus dem Haus gelassen - nicht einmal in den Garten, aber inzwischen bin ich wieder guter Dinge. 

Es klopft an der Tür und ich setzte mich sofort auf. Ich wollte von Anfang an nicht, dass James mich schlafen sieht und ich habe auch meine Gründe. Er hat mir sofort gesagt, er würde jeden Morgen rein kommen und mich aus dem Bett schleifen, mich mit Wasser abspritzen und mich solange anschreien bis ich endlich aufwache und seither habe ich nur kurz geschlafen, wenn er einkaufen war und mich allein gelassen hat. 

"Mach dich fertig. Frühstück steht unten. Nehm' dir die Brotdose, pack sie in deine Tasche und komm raus, ich warte im Auto. Mach irgendwelche Faxen und ich werde dich foltern, so, dass du weinst und schreist und schwörst, du würdest dich für immer mir unterwerfen und ein besserer Mensch werden."

Ohne ein weiteres Kommentar verlässt er wieder das Zimmer und ich muss sagen, der Typ hat einen harten Ton drauf. Aber das schreckt mich nicht ab, ich habe mir seit Kleinauf eine harte Schale angelegt und so ein Loser wie James einer ist, wird mir nicht meine Gute Laune nehmen. 

Am Vortag hat er mir bereits meine Uniform rausgelegt und mir erklärt wie ich sie anziehen muss, aber ich beäuge diese nur mit kritischem Blick und gehe an meinen Kleiderschrank, hole mir eine schwarze Jeans und einen schwarz-weiß gestreiftes Oberteil heraus. Finde eine schwarze Lederjacke und dazu schwarze Turnschuhe mit der Aufschrift All Stars, schlüpfe hinein, packe meine Tasche, gehe Wortlos an der Küche vorbei und aus der Tür raus. 

James schaut mich nicht an, starrt nur auf die Straße. Besser so für dich, denke ich, öffne die Tür und steige ein. Die zwei Löcher in der Hose an meinen Knien sind mir nicht ganz Geheuer, aber der werte Herr musste mir ja etwas kaufen, was dem 21Jahrhundert entspricht. Ich schnalle mich an und lehne mich zurück.

"Warum hast du deine Uniform nicht angezogen? Hast du nicht verstanden, was ich gesagt habe?", fährt er mich an und ich schließe die Augen, zwinge mich dazu meine Hände bei mir zu behalten. 

"Tut mir leid, habe ich vergessen." Ich lächle unschuldig und zücke mein Handy, was er mir gegeben hat. Es hat einen angebissenen Apfel hinten drauf und langsam habe ich gelernt, wie man mit diesen Smartphones umgeht. James hat es mir geschenkt damit ich immer und überall erreichbar bin, aber sobald er seine Nummer eingespeichert hat, saß ich 3 Stunden lang dran und habe versucht ihn zu blockieren. 

"Du wirst dich alleine rechtfinden müssen und" - "Was du nicht sagst.", unterbreche ich ihn spöttend und mit meinem üblichen Augenverdrehen. Er schaut mich böse an, fährt aber fort. "Du musst als erstes ins Sekretariat um dich an zu melden und als zweites bekommst du bestimmt erst einmal einen Vortrag darüber, wie es mit der Uniform läuft. Du musstest dich ja in Unangenähmlichkeiten bringen, da bist zu selber Schuld. Ich werde dir bestimmt nicht helfen. Sprich' mich nicht an, wenn ich mit meinen Freunden in der Cafeteria sitze und such dir selber welche. Ich trage die Verantwortung für dich und solltest du nicht zu deinen Kursen erscheinen, werde ich die Probleme bekommen und sie dir weitergeben. Und du weißt ganz genau, wie ich dich dafür bestrafen werde."

"Aye aye, Kaptain!", sage ich fröhlich als wir ankommen und er seinen Vortrag beendet hat. Als wir aussteigen, erblicke ich zum ersten mal das gigantische Gebäude und erschaudere. Als ich realisiere wie vielen Opfern ich ein liebes Mädchen vorspielen muss, wird meine Laune gleich noch ein bisschen besser. Das wird ein Spaß.
Bei so vielen Schülern wird bestimmt nicht so schnell gemerkt das plötzlich jemand fehlt.

Als James mein hämisches Grinsen bemerkt, haut er mir auf meinen Hinterkopf und droht noch einmal mit dem foltern. "Ja, Mama.", murmele ich und werde alleine gelassen. 

Ich beobachte eine Zeit lang wie sich seine Kumpel zu mir wenden und pfeifen als sie mich erblicken, winke grinsend und betrete dann das Schulgebäude. Fast bekomme ich einen Rappel, weil so viele Menschen sich um mich herum tummeln, halte mich aber zurück und überwinde mich sogar dazu nach dem Weg ins Sekretariat zu fragen. 

Als ich durch die Gänge gehe, schauen mich alle an und ich fühle mich kurz unwohl, lächle dann aber und winke ein paar Jungs, die rot werden. 

Weicheier. 

Am Sekretariat angekommen, werde ich nach meiner Anmeldung direkt zum Direktor geschickt und werde darüber gelehrt, wie wichtig es ist eine Uniform während der Schulzeit zu tragen. Von Thesen hinübergehend zu Argumenten und Erklärungen seit wann es die gleichen Anziehsachen gibt, ist alles dabei und ich langweile mich viel zu schnell. 

"Ich würde sie bitten, ab dem Morgigen Tag in der angemessen Kleidung zu erscheinen. Schönen Tag noch.", ist der letzte Satz vom alten Sack und ich schüttele seine Hand, verschwinde aus seinem Büro. 

Die ersten beiden Stunden habe ich Biologie mit James zusammen und habe relativ schnell rausgefunden, dass dieser Kurs zu nichts fähig ist. Die Leute können nicht einmal das Handy gescheit verstecken oder gar den Blitz ausmachen, wenn sie schon ein Foto machen um zu zeigen wie obercool sie sind, dass sie im Unterricht am Handy sitzen.

Abwechslungsreich oder gar spannend ist dieser Kurs auf jeden Fall schonmal nicht. Öde und lam passt besser als Ausdruck und ich lasse mich in meinen Stuhl sinken, während ich mich umschaue. Kurz bin ich dankbar dafür, dass der einzig freie Platz in der letzten Reihe war und lasse meine Gedanken schweifen. 

Wer wird wohl mein erstes Opfer sein?

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1154 Wörter 

VerdammtWhere stories live. Discover now