Teil 5 - Entschuldigung

48 1 0
                                    

Es klingelt zur Pause und alle Schüler stürmen hinaus, außer ich. Dafür, dass der Lehrer mich ständig ermahnt hat und mich Blöd anschaute, wenn ich mich auch nur bewegte, wird er büßen müssen.

Hier und Jetzt. 

Ich trete nach vorne und kann mich glücklich schätzen, dass es ein Mann ist. James mag mir vielleicht mein Amulett genommen haben, aber ganz bestimmt nicht die Macht mit Männern zu flirten und sie um den Finger zu wickeln. 

"Was wollen sie?", fragt er, schaut mich dabei aber nicht einmal an. Er beschäftigt sich viel lieber damit, seine Tasche zu packen und das gefällt mir gar nicht. 

Ich entscheide mich für einen anderen Plan, einen, der noch schöner sein wird. 

"Ich wollte mich entschuldigen. So respektlos ihnen gegenüber zu sein, hätte ich mir echt verbeißen können, aber das ist nun mal mein erster Tag und davor war ich nur an einer Privatschule und...", ich schnappe ein wenig nach Luft, bis ich weiterrede. "Es tut mir leid. Kann ich das vielleicht Heute Abend mit einem kleinen Kaffee bei mir Zuhause wieder gut machen? Das würde mich freuen."

Endlich hebt er seinen Blick und blitzschnell wechselt dieser von angenervt auf schmunzelnd. Ich wette, er denkt das, was alle Männer denken wenn sie von einer Frau dazu eingeladen werden, sie Zuhause zu besuchen, aber diese Spiel spiele ich natürlich nicht mit. Ich spiele mein eigenes.

"Okay, alles klar. Sie haben mich überredet. Schreiben sie mir die Adresse auf und ich komme Heute Abend vorbei.  Bis später.", sagt er monoton, schließt seine Tasche und verlässt den Klassenraum als ich ihm James' Adresse hingekritzelt habe.  

Ich kann nichts dagegen tun, als ein hämisches Lächeln sich um meine Lippen legt. 



Ich stehe vor meinem Spiegel und streiche erneut mein neues, schwarzes Cocktailkleid glatt. Mit einem süßen Lächeln und einem Ich-wickele-mir-eine-Locke-um-meinen-Zeigefinger-Move habe ich James dazu bekommen, nach der Schule mit mir in die Mall zu fahren, weil ich mich so sehr danach sehnen würde, etwas schönes anziehen zu können. Ich sagte, zu einem sich normal verhaltenden gehört nun mal schöne Ausgehkleidung und weil er denkt, ich würde langsam einsehen, dass nicht alles so spielt wie ich das gerne hätte, willigte er letzendlich ein und wir besuchten einen Laden nach dem anderen, bis wir es endlich fanden. 

Auf dem Weg in sein Haus erzählte er mir dann, er müsse Heute Abend weg und würde erst am darauffolgenden Tag wiederkommen - ich wüsste ja wie das war, wenn er mit einem Mädchen flirtete und was danach geschah. Als er anfing, mir Details über sein Liebesleben zu erzählen um mich zu provozieren, täuschte ich Würggeräusche vor und tat so, als würde ich augenblicklich sterben, wenn er nicht aufhören würde zu reden. Dann grinste er nur und wir fuhren schweigend den Weg ab, der zu seiner gigantischen Villa führte. 

Und jetzt stehe ich hier und keine weiteren Geräusche außer hässliches Klavierspiel dröhnt durch das Haus. Ich dachte mir, wenn ich schon so tun muss als wäre ich nett, dann könnte ich auch ruhig romantische Musik anmachen. 

Ich torkele die Treppe runter und will mir gerade wieder diese scheußlich hohen Schuhe von den Füßen treten, als es auch schon klingelt. Einen letzten Blick in den Spiegel werfend und ein gespielt aufgesetztes Lächeln später, - wofür ich übrigens 3 Tage gebraucht habe um es so echt wirken zu lassen wir jetzt - habe ich auch schon die Tür geöffnet und Mr. Brigs schaut mich an. Er hat sich nicht die Mühe gemacht sich umzuziehen - trägt immer noch den gelbbraunen Pollunder, die braune Hose und seine komischen Wanderschuhe. 

Gottseidank hat er seine Tasche Zuhause gelassen.

Er checkt mein Aussehen von unten bis oben ab und bleibt bei meinen Brüsten hängen, ehe er sich die Lippen leckt und dann wieder in meine Augen schaut. 

Narr. 

"Kommen sie doch rein!", sage ich und trete ein Stück zur Seite. Er schaut sich staunend im Eingangsbereich um, während er den Boden mit seinen Schuhen verdreckt, aber das ist nicht weiter schlimm - nur ein weiterer Grund dafür, dass er es verdient gefoltert zu werden. 

"Die Küche ist geradeaus. Ich hoffe, sie mögen Lasagne. Ich habe sie uns zubereitet weil ich im Nachhinein fand, dass ein Kaffee für den Abend und eine Versöhnung nicht unbedingt das richtige ist." Er nimmt Platz, während ich das fertige Essen aus dem Backofen hole.

Ihr fragt euch bestimmt, was in mich gefahren ist, dass ich auch noch koche, aber auch dafür gibt es eine plausible Erklärung. James war schon ein Paar Stunden früher aufgebrochen und hat mich eingesperrt, ich aber habe schon längst herausgefunden wo er den Ersatzschlüssel und sein Bargeld aufbewahrt und habe eine Köchin bestellt, die mir dieses wundervoll duftende Gericht gezaubert hat. 

Ich stelle den Teller vor sein Gesicht, schenke ihm Wein ein und setzte mich ihm gegenüber. 

"Erzählen sie mir von ihnen.", sagt er und ich nicke, nehme einen Schluck. "Ich bin vor einer Woche hierher gezogen. Ich brauchte einen Neuanfang - einen Tapetenwechsel und da kam mir London ganz gelegen. Ich habe eine kleinere Schwester - wunderschön und sehr begabt. Meine Eltern sind leider...bei einem Autounfall umgekommen und das hat uns ein bisschen aus der Bahn geworden, aber das war in Ordnung. Ich habe es geschafft Katell und mich wieder hoch zu ziehen." 

Bei ihrem Namen kommt ein bisschen Wut in mir auf, aber gleichzeitig vermisse ich sie auch schrecklich. Ich hoffe, ihr geht es gut, da, wo sie ist. 

Es ist ein großer Kloß, der sich in meinem Hals aufbaut und eigentlich rede ich nicht darüber, aber das ist ja nicht schlimm. Er wird keine Chance haben, meine Vergangenheit zu teilen. 

"Das ist eine sehr bewegende Geschichte.", sagt er monoton und ich setzte gedanklich eine Kreissäge auf meine Liste. 

"Finden sie? Was ist mit ihnen?" - "Über mich gibt es nichts, was sie wissen müssen."

Wie wäre es mit einem Bohrer?

Die darauffolgenden Minuten verbringen wir schweigend und die Lust endlich wieder einen Menschen um zu bringen, kribbelt sich bis in meine Fingerspitzen hoch. 

"Sind sie fertig? Hat es ihnen geschmeckt?", frage ich als er die Gabel hinlegt und die Arme vor der Brust verschränkt. "Ja und gut, danke." Wortlos stelle ich das Geschirr in die Spüle und wische den Tisch ab. 

Unhöflicher Dreckskerl. 

"Wollen sie ein bisschen das Haus sehen? Es ist super groß und hier kann man viel entdecken. Sachen, von denen sie niemals denken würden, dass sie hier angestellt werden." Ich grinse und er bewegt den Kopf auf und ab. Ich kann es nicht länger erwarten, als er überhaupt keine Gefühle zeigt und kürze die Tour durch die erste Etage ab - gehe direkt die Kellertreppe hinunter, wo ein riesiger Raum mit Fittnessgeräten, einer Anlage und einem großen Spiegel in dem man von sich selber schwärmen kann, ist. 

Dahinter ist die Folterkammer. 

Als ich Mr. Brigs den Vortritt lasse, schaut er sich mit großen Augen um und erschreckt sich, als ich die Stahltür ins Schloss fallen lasse. 

"Lassen sie uns ein kleines Spiel spielen.", hauche ich und gehe auf ihn zu. 

Seine Gesichtszüge erstarren sofort und ich freue mich, dass er endlich gelernt hat wie man sich im Sinne der Mimik gegenüber anderen Menschen verhält. 

---

1173 Wörter

VerdammtWhere stories live. Discover now