Kapitel 3

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♤NATH♤ 

Mühelos schnitt die Klinge aus Obsidian durch das Fleisch der Soldaten, dunkelrotes Blut spritzte aus den klaffenden Wunden, bedeckte mein Gesicht und die Asche auf dem Boden.
Schüsse peitschten durch die Luft, doch die Kugeln prallten wirkungslos an meinen Flügeln ab, ehe ich den Dolch ins Herz des Schützen stieß. Ich ließ die Waffe los, packte die Leiche und hielt sie wie einen Schild vor mich, während ich das Sturmgewehr des Soldaten hob und einige Salven auf die restlichen Überlebenden abfeuerte. Achtlos ließ ich die Leiche fallen, warf das Gewehr weg und zog den Dolch aus der Brust des Toten. Mit einem Satz war ich beim nächsten Bewaffneten, der sein Gewehr fallen ließ und einen Revolver zog. Der Lauf war auf meine Brust gerichtet und mit leicht zitternden Händen drückte der Soldat ab.
Ich machte keine Anstalten auszuweichen, genoss schon fast die vor Schreck geweiteten Augen des Mannes, als die Kugel mich traf und dann in die blutgetränkte Asche fiel.
Blitzschnell schoss ich vor, brach dem Uniformträger das Handgelenk, sodass er den Revolver fallen ließ und schlitzte ihm die Kehle auf. Langsam drehte ich mich zu den beiden letzten Männern um, die vorsichtig zurück wichen, bis sie mit dem Rücken an einem der beiden SUV's standen, mit dem die Soldaten gekommen waren.
"Lenk ihn ab, Mike!", rief der eine, der über seiner Uniform eine Art Robe trug und ließ sein Gewehr fallen. "Für diesen Bastard brauchen wir schwerere Geschütze!"
Der Rechte, Mike, nickte, warf sein Gewehr ebenfalls fort und zog sich die Sturmhaube vom Kopf, worunter kurze, blonde Locken zum Vorschein kamen, harte Gesichtszüge und ein verächtliches Grinsen.
Das Weiße seiner Augen färbte sich rot, als er zwei Macheten zog und auf mich zusprintete.
Der erste Hieb zielte auf meinen Hals, doch ich wich mühelos aus, genau so wie dem zweiten Hieb, der meinen Arm hätte treffen sollen, und duckte mich unter der Waffe weg.
Der Kerl war schnell, aber keinerlei Herausforderung für mich. Meine Lippen verzogen sich zu einem grausamen Lächeln, als ich dem Uniformierten meine schwarze Klinge blitzschnell über den Rücken zog und er ein schmerzerfülltes Keuchen ausstieß.
"Beeil dich!", rief Mike seinem Kameraden zu, wirbelte herum und stach nach mich, doch ich glitt einfach an den Spitzen der Waffen vorbei, packte Mike am Hals und hob ihn hoch.
Als ich seine Haut berührte, spürte ich, warum mir diese Männer so komisch vorgekommen waren. Mike war kein Mensch, zumindest nicht vollständig, seine Seele war verdreht und verdorben. Diese Soldaten hatten das Blut eines Dämons getrunken, um schneller und stärker zu werden.
"Sobald ich hier fertig bin, wird deine Seele auf ewig in der Hölle schmoren", knurrte ich, schmetterte Mike zu Boden und rammte dem Soldaten meinen Dolch in den Hals, ehe ich mich erhob und mich dem letzten Typen zuwandte.
Noch vor wenigen Tagen hätte es mich interessiert, warum diese Männer Dämonenblut getrunken hatten, doch nun war es mir egal. Ich wollte sie einfach töten, wollte Vergeltung für Emilias Tod. Ich wollte das Loch in mir füllen, das die Cambion hinterlassen hatte und das würde ich mit dem Blut meiner Feinde tun.
"Knie nieder", sagte ich leise und schüttelte das Blut von der Klinge meiner Waffe. "Dann werde ich dir einen schnellen Tod gewähren."
Der Mann taumelte zurück, mit der Linken umklammerte er einen kleinen Gegenstand, während er mit der rechten Hand ein silbernes Messer zückte.
"Ich weiß, wer du bist!", raunte er.
"Der schwarze Engel… Man sagt, du wärst tot!"
"Du wirst allerdings nicht lange genug leben, um deinen Freunden davon zu erzählen", erwiderte ich und sprang vor, doch bevor ich den Soldaten erreichte, stolperte er beiseite und schlitzte sich die Pulsader auf. Dunkles Blut lief über seine offene Hand und tränkte den Gegenstand, den ich nun als Zahn erkannte.
"Gott des Krieges", keuchte der Soldat. "Gewähre mir deinen Segen, lass mich diesen Kampf gewinnen."
Er ließ das Messer fallen, packte den Zahn und rammte ihn sich in die offene Wunde an seinem Handgelenk.
"König von Arcadia, Erster deiner Art, ich biete dir meinen Körper dar. Sohn des Pelasgus, schenke mir deine Macht, teile deinen Fluch mit mir, auf dass wir das Blut dieses Unreinen vergießen, um den Ruhm der Olympier zu mehren!"
Sein gesamter Körper spannte sich an und mit einem widerlichen Knacken und Knirschen verschoben sich seine Gelenke und Knochen, wurden länger, dicker und fester. Der Soldat schrie vor Schmerzen und ich sah, wie seine Zähne länger und spitzer wurden, während sein Mund sich zu einem langen Maul verformte, mit zwei Reihen rasiermesserscharfer Reißzähne. Aus seinen Fingernägeln wurden lange, schlanke Klauen und Fell spross aus jedem Zentimeter Haut, während sein wachsender Körper die Uniform zerfetzte. Nebel wirbelte um seinen Körper, verfestigte sich zu einer massiven Rüstung aus Metall mit schlichten Verzierungen.
Ein tiefes Knurren erklang, dann erhob sich der Werwolf und stierte mich aus schmalen, gelben Augen an.
Die Kreatur war fast drei Meter groß, hatte strahlend weißes Fell und einen gierigen, hungrigen Blick.
"Ich habe von dir gehört", sprach der Wolf.
"Meine Herren fürchten dich, doch bist du kaum mehr als ein Kind. Ein Bastard, eine Laune Gottes. Ich werde es genießen, dein Herz zu verschlingen."
Der Werwolf streckte die rechte Pranke aus und erneut stieg dichter Nebel empor, der sich zu Füßen der Kreatur sammelte. Er griff in den Nebel, schien etwas zu packen und zog langsam ein Schwert aus dem Rauch, das er in die Asche rammte und das Heft mit seinen beiden gewaltigen Pranken umfasste.
Als sich der Nebel gelegt hatte, konnte ich das Schwert vollständig erkennen, obwohl 'Schwert' vielleicht der falsche Ausdruck dafür war.
Der Griff war vielleicht so lang wie mein Arm und mit schwarzem Leder umwickelt, die Parierstange war kaum mehr als eine kurze Stange aus Stahl, nur etwa zwei fingerbreit breiter als die Klinge.
So eine Waffe hatte ich noch nie zuvor gesehen.
Doch war es nicht der pechschwarze Stahl, der fast schon verbrannt aussah, der mich daran überraschte. Nein, es war die schiere Größe des Schwertes.
Die Klinge allein war größer als ich, fast zwei Meter lang und breiter als mein Kopf.
Selbst ein Schlag mit der flachen Seite würde mir dutzende Knochen brechen, das Ding glich mehr einem geschliffenen Stück Eisen, als einem Schwert und es strahlte eine ziemlich fiese Aura aus.
In das schwarze Metall waren Buchstaben geätzt, die die Worte 'Η ΤΑΝ Η ΕΠΙ ΤΑΣ' bildeten.
Die Worte hatte ich mal vor Jahren in einer Dokumentation gehört und sofern mich mein Gedächtnis nicht im Stich ließ, war das griechisch und bedeutete so viel wie 'Kehre zurück mit deinem Schild, oder auf ihm'. Also im Grunde 'Siege oder stirb'. Laut den Legenden waren das die Worte, die spartanische Frauen ihren Söhnen vor einer Schlacht mit auf den Weg gaben.
"Interessante Klinge, die du da führst", sagte ich, ging rüber zu der Leiche von Mike und nahm mir eine der Scheiden für seine Macheten, schlang sie mir über die Schulter und zurrte den Gurt fest, ehe ich den Dolch hinein schob.
Es war nicht perfekt, aber es würde halten.
Der Werwolf lachte leise, was wie ein fernes Donnergrollen klang.
"Du hast Mumm, Halbblut. Ich habe Jahrtausende in der Hölle verbracht und viele Dämonen getötet. Aus ihren Waffen schmiedete ich mir diese Klinge."
Ein Schwert aus Dämonenstahl also.
Im Grunde war es mir egal, ich wollte nicht nachdenken, meine Gedanken würden zwangsweise zu Emilia wandern und das wollte ich nicht.
Der Wolf begann mich nun langsam zu umkreisen, wobei er mit der Rechten seine Waffe hinter sich her zog, fast lautlos grub sich die Schwertspitze durch die Asche.
"Ich habe lange darauf gewartet, endlich wieder in die Welt der Sterblichen zu gelangen und mein neuer Herr gewährte mir diese Möglichkeit. Ich werde ihn nicht enttäuschen!"
Mit einem Knurren sprang der Werwolf auf mich zu, seine silbrige Rüstung funkelte im Licht der Sterne und seine Waffe beschrieb einen weiten Bogen.
Ich machte einen kräftigen Sprung
zur Seite und in einem grellen Flammenstoß erschien mein Speer in meiner Hand.
Die Klinge des Wolfes verfehlte mich knapp und blitzschnell stach ich nach dem Schwertarm der Kreatur, die aber mühelos auswich und sich amüsiert die Lefzen leckte.
"Du bist besser als erwartet", meinte er und legte sich das Schwert über die Schulter, während er sich mit dem anderen Arm am Boden abstützte.
"Aber ich will dich nicht töten, ohne dass du meinen Namen kennst."
Ich verkürzte meinen Speer zu einem Schwert, zog mit meiner freien Hand Emilias Dolch und hüllte mich in meine Rüstung, deren goldene Adern nur noch schwach pulsierten.
Schwarze Flammen züngelten über die Rüstung und meine Waffen und mit fester Stimme erwiderte ich:
"Ich weiß, wer du bist, König Lykaon, Sohn des Pelasgus. Du hast deine Kinder ermordet und dem Gott Zeus als Mahl vorgesetzt, wodurch du seinen Zorn auf dich zogst. Er verfluchte dich und machte dich zum ersten Werwolf, verzehrt von einem ewigen Hunger."
Lykaon lachte erneute, und seine gelben Augen glommen in der Dunkelheit vor Vorfreude.
"Oh, Sohn des Luzifer, oh, Kind der Hölle, ich werde diesen Kampf genießen. Ich werde dein Herz verschlingen und deinen leblosen Körper vor den Thron meines Herrn zerren. Ares wird sich aus deinem Schädel einen wundervollen Kelch schnitzen."
Ares.
Der Gott, der Emilia getötet hatte.
Die Flammen auf meiner Rüstung loderten wild empor und mit einem reißenden Geräusch breitete ich meine Flügel aus. Dann erhob ich mich in die Lüfte und stürzte mich mit einem wortlosen Schrei auf den weißen Wolf, der den Schrei mit weit aufgerissenem Maul erwiderte und mir entgegen sprang.

GötterdämmerungWhere stories live. Discover now