2. Kapitel - Der Schlund zur Hölle

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Der Himmel, wolkig und grau aber immer noch hell, war alles, was Vidar sehen konnte, als er aufwachte. Er versuchte, sich aufzusetzen oder wenigstens irgendwie zu bewegen, doch alles tat ihm weh. Jede einzelne Faser seine Körpers brannte.

Nach ein paar verzweifelten Versuchen, entschloss Vidar sich noch einen Augenblick abzuwarten, bis der Schmerz sich vielleicht besserte. In der Zeit konnte er überlegen, was genau eigentlich passiert war. Sein Kopf brummte so sehr, dass all seine Erinnerungen hinter einem dichten Nebel versteckt blieben.

Vidar setzte sich auf und sah den Kadaver eines Legiana nicht weit von ihm entfernt liegen. Eine seiner riesigen Klauen hatte er nach dem Jäger ausgestreckt. Sofort fluteten Erinnerung Vidars Hirn.

„Vidar!" Zerons verzweifelte Stimme. Rhaach, der wie gefroren da stand, als der Legiana Vidars Schicksal besiegelte.

War er etwa gestorben? Vidar schaute sich um. Die Umgebung war eigenartig und ganz düster, als hätte etwas das Leben aus ihr gesaugt.  Von seinem aktuellen Standpunkt aus konnte er nicht eine Pflanze entdecken, bis auf ein paar Kletterpflanzen, die an einer Steinwand wuchsen. Selbst sie sahen nicht sonderlich lebhaft aus. Was an Vegetation fehlte, machte der Ort mit den unzähligen Knochen, die überall herumlagen und an denen zum Teil noch Fleischfetzen hingen, wieder wett.

Das hier konnte nicht der Tod sein. Vidar hatte sich das Nachleben immer etwas, nun ja... lebhafter vorgestellt, nicht so langweilig wie diesen Ort hier. Außerdem würden bestimmt keine toten Monster überall herumliegen. Aber wenn das nicht der Tod war, wo war er dann? Wenn er raten müsste, würde er sagen, er war in dem Ort unter dem Korallenhochland. Ein weiterer Blick auf seine Umgebung bestätigte seine Vermutung.

Die großen, glatten Gebilde, die bis weit hoch in den Himmel ragte, stellten sich als Korallenstiele wie die des Hochlandes heraus. Nur waren sie genau so grau und leblos wie alles andere hier auch.

Jetzt da Vidar wusste, wo er war, sollte er nach einem Weg zurück nach Astera suchen. Sicherlich machten sich seine Freunde schon große Sorgen um ihn und er legte nicht unbedingt wert darauf, für tot erklärt zu werden.

Er stand vorsichtig auf, was sich jedoch als Fehler herausstellte. Als großer Fehler. Schmerz zog sich hoch durch seine Beine und er sank zurück zu Boden. Der Legiana hatte seinen Fall auf jeden Fall abgefedert und ihn vor dem sicheren Tod bewahrt, doch ganz war Vidar nicht verschont geblieben, besonders sein rechtes Bein schien es übel erwischt zu haben.

Der Schmerz hielt eine gefühlte Ewigkeit an, bevor Vidar es erneut versuchte. Er hatte seine Morphaxt nur ein paar Meter von ihm entfernt liegen sehen. Vielleicht könnte er sie als Krückstock benutzen. Vorausgesetzt, er kam irgendwie an sie ran.

Noch traute er sich nicht, wieder aufzustehen. Deshalb robbte Vidar ganz langsam zu seiner Waffe. Sein rechtes Bein zog er dabei besonders vorsichtig hinter sich her, denn jedes Mal, wenn er es irgendwie belastete, fing der Schmerz erneut an.

Er hatte fast die Axt erreicht, als ein neues Geräusch seine Aufmerksamkeit weckte. Es klang, als würde etwas hinter ihm über den Boden geschliffen werden. Vidars Kopf schoss herum. Als er sah, was vor sich ging, wich alle Farbe aus seinem Gesicht.

Ein mittelgroßes, vierbeiniges Monster mit roten Schuppen hatte den Legiana-Kadaver am Hals gepackt und zog ihn nun weg. Plötzlich ließ es von dem Flugwyvern ab und fokussierte seinen Blick auf Vidar mit einem tiefen Grummeln. Die kalten, blauen Augen bohrten sich wie Eissplitter in Vidar. Vorsichtig schritt das Monster auf ihn zu.

Das hier war das Ende. Es gab keinen Weg, wie Vidar irgendwie heil aus dieser Situation entkommen könnte, so verletzt und erschöpft wie er war. Er sprach innerlich ein kurzes Dankgebet an Rhaach und Zeron aus, die ihm das Jagen beigebracht hatten.

Monster Hunter - In den Tiefen des TalsWhere stories live. Discover now