3. Kapitel - Zwischen diesen Knochen

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Die nächste Zeit verbrachte Vidar in seinem kleinen Lager und schonte sein Bein. Er aß nur dann, wenn er Hunger hatte. So etwas wie Zeit schien es hier unten nicht zu geben, weshalb er auch keine Ahnung hatte, wie viele Tage bereits verstrichen waren. Wenn er nicht mit essen oder schlafen beschäftigt war, dachte Vidar nach, hielt seine Ausrüstung in Schuss oder machte sich Aufzeichnungen in seinen Jägernotizen zu den Monstern, denen er begegnet war. Er versuchte sogar sie zu skizzieren, aber im Zeichnen war er nie gut gewesen. Die schwarzen Echsen sahen eher wie kleine Würstchen mit Beinen aus und dem roten Monster erging es nicht anders.

Erst als Vidar seine letzte Ration verzehrt hatte, traute er sich aus dem Gebiet mit dem riesigen Knochenhaufen. Seinem Bein ging es schon wieder viel besser, dennoch musste er langsam gehen und sich oft irgendwo stützen. Gut, dass er so eine große Waffe hatte, die er als Stütze verwenden konnte. Mit Doppelklingen wäre das schwerer gewesen.

Wie er erwartet hatte, streunte kein Monster durch die Säurebeckenlandschaft. Dafür wuchsen hier vereinzelt am Rand kleine Kräuterbüschel, welche er sofort aberntete. Daraus könnte er neue Tränke herstellen. Wenn er Honig fand, sogar die Mega-Variante. Am Rande seines Blickfelds entdeckte Vidar einen Blaupilz, der aus dem Boden spross. Er war groß und rund, der perfekte Pilz. Mehr gab es hier aber nicht zu holen. Vidar musste also wohl oder übel den sicheren Ort des Tals verlassen und anderswo nach etwas Essbarem suchen.

Sein Weg führte ihn zu der Kreuzung mit der Höhle, aus der bei seiner Ankunft grässliche Geräusche erklungen waren. Dieses Mal hörte Vidar Schritte. Schwere Schritte, die den Boden zum Vibrieren brachten. Er drückte sich an die Felswand. Gerade noch rechtzeitig bevor das Monster die Höhle verließ und Vidar entdecken konnte. Es war das große rote Monster mit den stechend blauen Augen. Das Glück seiner ersten Begegnung würde sich sicher nicht wiederholen. 

Vidar konnte es schnuppern hören. Sein Griff um die Morph-Axt wurde stärker. Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn. Wieder ertönten die Schritte, aber der Jäger bewegte sich nicht. Er fürchtete sich nicht vor Monstern. Groß-Jagras, Barroth und Tzitzi-Ya-Ku. Das waren Monster, aber das rote Wesen? Das war kein Monster. Es hatte ohne ersichtliche Mühe den Körper eines größeren Flugwyverns davon geschleppt. Das hier war eine Bestie. 

Allmählich verklangen die Schritte in der Ferne. Vidar atmete wieder. Die Gefahr war vorüber und er konnte das Gebiet weiter erkunden. Eigentlich hatte er den gleichen Weg nehmen wollen, von dem er das letzte Mal gekommen war. Den hatte die rote Bestie jetzt eingeschlagen. Das wiederum gab Vidar die Möglichkeit sich in der Höhle umzusehen.

Schon gleich im Eingang zur Höhle wurde Vidar fündig. Eine Honigwabe hing dort an einem Ast. Ansonsten war die Höhle ziemlich leer. Einzelne Knochen längst gefressener und verwester Monster waren überall verstreut. Nicht ein Fetzen Fleisch hing noch an ihnen. Die Bestie hatte gute Arbeit geleistet. 

Weiter hinten gab es noch eine weitere Kammer, aber aus ihr drang ein höllischer Geruch. Wahrscheinlich war es der Schlafplatz der roten Bestie. Ein Grummeln erklang aus Vidars Magen und erinnerte ihn daran, was er wirklich suchte: Fleisch. Fisch. Kräuter. Alles, was wenigstens halbwegs genießbar war. Etwas Gelbes hüpfte durch Vidars Sichtfeld: Eine Lähmkröte, leider nicht essbar.

Vidar verließ die Höhle wieder und ging den anderen Pfad entlang, wohl wissend dass das rote Wesen ihm begegnen konnte. Glücklicherweise schien es noch auf der Jagd zu sein, aber sein Pfad musste es durch dieses Gebiet geführt haben. 

Völlig zerfetzte, nicht mehr identifizierbare Monsterkörper waren ausgeweidet auf dem Boden verteilt. Blutspritzer befleckten die zahllosen Knochen. Vidar wurde schlecht bei dem Anblick. Monster töteten um zu überleben, das Rote aber nicht. Es schien aus reiner Mordlust und Gier die Bewohner des Tals zu dezimieren ohne jemals seinen Hunger zu stillen. 

Monster Hunter - In den Tiefen des TalsWhere stories live. Discover now