5. Wertvoll und Wertlos

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Der nächste Morgen begann mit einem unerhört freundlichen Sonnenschein. Wie es aussah hatte keiner von ihnen am Abend daran gedacht, die Vorhänge vorzuziehen und nun war das Zimmer hell erleuchtet von gleißenden Sonnenlicht. Brummend wandte Eliza sich von der Sonne ab und zog die Decke über ihren Kopf.

Noch ein paar Minuten, schwor sie sich. Am Ende schlief sie erneut ein und wurde von dem herrlichen Duft frischer Semmeln und Palatschinken geweckt. Blinzelnd öffnete sie die Augen und suchte nach der Quelle dieses Duftes.

Sie erkannte Vincent am Esstisch sitzen, die Zeitung lesend und langsam essend. Als er bemerkte, dass sie wach war, stahl sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht.

"Es gibt Frühstück.", meinte er vielsagend und zeigte auf ein riesiges Buffet. Offenbar war Vincent mal wieder über die Stränge geschlagen. Schwerfällig schlug Eliza die Decke weg und kämpfte sich aus dem Bett.

"Wie spät ist es?", fragte sie und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. Heißhungrig legte sie sich viele verschiedene Nahrungsmittel auf den Teller. Pancakes, Eierspeis, Speck und vieles Mehr. Ihr Magen knurrte laut und ungehalten.

"Etwa zwölf.", antwortete Vincent mit vollem Mund. Erschrocken starrte sie ihn an.

"Das ist nicht dein Ernst?"

"Doch warum?" "Weil wir fast den ganzen Tag verschlafen haben. Wir hätten längst weiter suchen müssen." Vincent winkte ab.

"Ach, ein bisschen ausschlafen hat noch niemanden geschadet. Außerdem bin ich sicher, dass du die guten Pavlovics mit deinem Supercomputer gleich finden wirst." Schnaubend holte Eliza ihren Laptop und begann neben dem Essen die neuen Daten einzugeben und ihren Rechner arbeiten zu lassen. Vincent schien viel mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu haben als sie selbst und das störte sie.

Er war viel zu gelassen. Sangai würde nicht ewig auf ein Resultat warten und Eliza hatte nicht vor ihr Leben auf der Flucht zu verbringen nur weil Vincent länger schlafen wollte. Ein enttäuschtes biepen bestätigte ihre Ängste.

"Er findet nichts mit den angegebenen Suchkriterien. Keine Pavlovic oder Pavlov. Nicht mit den Vornamen, Geburtsdaten, nichts. Die Spur ist tot." Verärgert ließ sie das Stück Speck, das sie gerade essen hatte wollen, zurück auf den Teller fallen.

"Das ist schlecht."

"Meinst du.", fuhr sie ihn an und stand auf, "und was machen wir jetzt?", ihre Verzweiflung wuchs mit jeder Sekunde. Sie konnte spüren wie ihre Muskeln verkrampften und ihre Herz unregelmäßig schlug. Vincent stand auf und packte sie an den Schultern.

"Wir werden nicht in Panik verfallen. Noch ist nicht alles verloren. Wir haben immer noch diese Schachtel mit ihren Habseligkeiten. Vielleicht finden wir dort etwas."

Nickend ließ Eliza sich von ihm beruhigen, doch ihre Wut über seine Gedankenlosigkeit würde sie trotzdem nicht vergessen.

"Aber zuerst, essen wir auf. Wir haben einen langen Tag vor uns. Wir sollten genügend essen." Eliza brummte zornig, doch ihr immer noch knurrender Magen machte ihr einen Strich durch die Rechnung. So aß sie auf und zwar so viel sie konnte und in einer vielleicht nicht so idealen hastigen Geschwindigkeit.

Mit vollen Mägen und wachen Augen durchsuchten sie die Schachtel noch einmal. Sie machten eine große Fläche frei am Boden und setzten sich zusammen mit allen Gegenständen auf den flauschigen Teppich. Eliza öffnete die Briefe und Postkarten. Sie sortierten sie und erkannten schnell, dass einige davon alt waren, sehr alt. Einige wenige, schienen in ihren Händen zu zerbröseln.

"Ich glaube das hier ist das jüngste Schriftstück und das hier das älteste.", meinte Vincent und zeigte auf eine Postkarte aus Sofia, Bulgarien und einem pergamentartigen Brief mit einem wachssiegel. Er war in einer Sprache verfasst, die weder Eliza noch Vincent entziffern konnten. Die Postkarte war leicht mit Google Übersetzer übersetzt. Vorsichtig hielt Eliza sie in den Händen.

Die Suche nach Unsterblichkeit #Wattys20Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt