16. Gefunden

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Hastig drehte sie sich um rannte nach links in eine enge Zwischengasse, die hinter einem Karton versteckt gewesen war. Vincent und Eliza sahen sich unschlüssig an, dann warfen sie einen Blick hinter sich.

Ihre Verfolger kamen immer näher und viele Optionen blieben ihnen nicht. Sangai durfte sie einfach nicht kriegen. Entschlossen zog Vincent sie der Unbekannten nach. Eliza hatte ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache und wollte einen anderen Weg einschlagen, doch Vincent zog sie immer weiter.

"Hier entlang. Wir sind fast da!", rief die Fremde ihnen nach hinten als sie die beiden über eine schmale Treppe zum Hafen führte. Im strömenden Regen und dem Halbdunkel des leuchtenden Mondes erreichten sie die Anlegestelle für die Schiffe.

In mehreren Reihen lagen glänzende, weiße Jachten nebeneinander. Die Reichen von Singapur hatten hier ihre Kostbarkeiten geankert. Diese wären jedoch viel zu langsam um sie in Sicherheit zu bringen.

Keuchend wollte Eliza ihren Freund wegziehen, nach einem anderen Ausweg suchen, doch schon hatten sie eine weitere Jacht umrundet und fanden sich vor einem kleinen Segelboot. Es hatte sicherlich schon bessere Tage gesehen, der Rost und die vergilbten Segel zeugten von einigen rauen Jahren auf hoher See.

Die Fremde sprang auf das Boot und setzte sich sofort ans Steuer. Es schien zusätzlich einen starken Motor eingebaut zu haben.

"Kommt schon. Keine Sorge. Die Amar Prem ist schnell und sicher." Unsicher warf Eliza Vincent einen Blick zu.

"Bist du dir sicher?"

"Uns bleibt wohl keine andere Wahl.", meinte Vincent mit Blick hinter sich. Ihre Verfolger hatten den Pier erreicht. Sie erkannten was ihre Beute im Begriff war zu tun und erhöhten das Tempo. Ihnen blieben Minuten bis Sangais Männer sie umzingelt hätten.

Zittrig atmete Eliza tief durch und sprang. Sie landete unsanft auf dem Deck und keine Sekunde nach ihr folgte Vincent. Die Fremde startete den Motor und fuhr los. Die Geschwindigkeit war beeindruckend. Die Meerluft rauschte über ihnen hinweg und Eliza band sich schnell die Haare zusammen.

Sonst würde sie am Ende dieser Nacht ein Vogelnest auf dem Kopf mit sich herumtragen. Die Amar Prem legte ein ganz schönes Tempo vor und ließ Sangais Männer hinter ihnen zurück.

Die Fremde legte die Kapuze ab und lächelte sie freundlich an. Im Licht der Schiffslaterne konnte Eliza ihre Retterin genauer betrachten. Ihre Wurzeln schienen indisch zu sein. Die Haut war dunkel und die Haare schulterlang und rabenschwarz. Die Augen hatten die Farbe von flüssigem Karamell und waren mit dickem Kajal umrandet.

"Wer bist du?", fragte Eliza energischer als sie vorgehabt hatte. Die Fremde hob beruhigend die Hände. Sie waren mit Henna bemalt.

"Wie wäre es wenn du erst mal unter Deck gehst und dich umziehst. Ich habe trockene Kleidung in den Kästen. Für euch beide. Danach können wir reden."

"Ich werde nichts machen bevor du mir keine Antwort auf meine Frage gegeben hast." Sich geschlagen gebend nickte die Fremde.

"Na gut. Wie du willst. Wir sind.. Familie. Ein besseres Wort fällt mir dafür nicht ein. Zufrieden?" Die Arme verschränkend zitterte Eliza.

"Nein. Du hast eine Menge zu erklären. Aber mir ist scheiße kalt, also nehme ich dein Angebot an."

Sie stapfte mit den Zähnen klappernd unter Deck und fand ein überraschend schön eingerichtetes Zimmer vor. Eine kleine Küche, Schränke, eine Coach und ein gut ausgestattetes Badezimmer. Es wirkte wie eine kleine Wohnung. Überall hingen Fotos von ihrer Retterin. Malereien von der See zierten die Decke.

Unsicher suchte sie in den Schränken nach trockener Kleidung und wurde fündig. Eine Jeanhose und ein langes Shirt auf dem eine Meeresschildkröte zu sehen war, schienen ihr zu passen. Zumindest war es besser als das nasse Cocktailkleid. Vincent kam ein paar Minuten nach ihr unter Deck und sah sich genauso staunend um wie zuvor sie.

Die Suche nach Unsterblichkeit #Wattys20Where stories live. Discover now