7. Schwierige Gefühle

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Blinzelnd öffnete Eliza die Augen und blickte in das grelle Sonnenlicht des nächsten Tages. Nur langsam realisierte sie wo sie war und wer da neben ihr lag. Vincent schnarchte leise. Sie lag halb auf seiner Brust und schien ihm in der Nacht mehr als die halbe Decke gestohlen zu haben.

Vorsichtig hob sie ihren Kopf und Oberkörper und versuchte so leise wie möglich aus Vincents Bett zu krabbeln. Seine Decke fiel dabei auf den Boden, doch weder ihr verschwinden, noch der Verlust seiner Decke schien den jungen Mann aufwecken zu können.

Mit klopfendem Herzen und wilden Gedanken starrte Eliza an die Decke von ihrem eigenen Bett aus. Es schien im Gegensatz zu Vincents warmen Nest kalt und verlassen. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Wie war sie auf den Gedanken gekommen, neben ihm schlafen zu wollen?

Mit Tageslicht und einer ordentlichen Portion Schlaf sah die Welt gleich ganz anders aus. Stöhnend dachte sie an ihren Kuss und an die folgenden Gefühle. Sie schämte sich für ihre eigene Schwäche.

Sie hätte Stärker sein sollen, hätte mehr Kontrolle über sich selbst zeigen müssen. Im selben Gedankengang erinnerte sie sich an Vincents feinfühliges Gespür für ihre Unsicherheit. Verlegen warf sie ihm einen Blick zu. Seine langen Wimpern warfen Schatten auf seine Wagen.

Bevor sie zu weit in eine selbsthassspirale abtauchen konnte, zwang sie sich das Positive zu sehen. Immerhin hatte er nicht bemerkt, dass sie bei ihm geschlafen hatte. Und er würde es auch nie herausfinden.

Ein schneller Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie noch gut eine halbe Stunde Zeit hatte bevor ihr Wecker klingen würde. So leise sie konnte, holte sie ihren Laptop und beschloss schlussendlich ein wenig World of Warcraft zu spielen. Sie war keine regelmäßige Zockerin, aber sie hatte einige Bekanntschaften in dem Spiel und wollte diese weiter pflegen.

Die Minuten verging wie im Flug, als der Wecker klingelte und sie daran erinnerte, dass es mehr gab als das nächste Wildschwein zu töten und die Quest zu beenden. Gähnend reckte sich nun auch ihr Begleiter.

"Guten Morgen.", meinte Eliza und packte ihren Laptop wieder ein. Vincent setzte sich streckend auf und peinlich berührt stellte Eliza fest, dass auf seiner nackten Brust ein roter Abdruck ihres Gesichts war.

Sie musste die ganze Nacht nur auf einer Stelle gelegen haben. Ihre Wangen wurden heiß und schockiert riss die die Augen auf. Vincent bemerkte es und sah sie verwirrt an.

"Was ist los?" Schnell schluckte sie und überspielte ihre Scham.

"Nichts, nichts...nur deine Haare. Die stehen echt wild zu allen seiten!"

"Echt? Na was solls. Ich mach mich mal fertig.", er stieg aus dem Bett und wollte ins Bad gehen. Hastig kam sie ihm zuvor und verstellte den Weg. Sie konnte ihn nicht ins Badezimmer lassen, nicht in diesem Moment, nicht solange ein Abdruck ihres Gesichts auf seiner Brust thronte. Es begann bereits zu verblassen. Sie musste nur ein wenig Zeit schinden.

"Ich muss vorher.", sprudelte sie hervor und schloss die Badezimmertür hinter sich. Tief durchatmend starrte sie ihr Spiegelbild vorwurfsvoll an. Wie hatte sie sich nur in so eine Situation bringen können? Nie wieder. Unsicher sah sie sich um und entdeckte eines der Stoffbänder aus der Schachtel ihrer Eltern. Fahrig bürstete sie sich die Haare und begann ungeschickt das Band in einen langen Zopf zu flechten.

Das Ergebnis war bei weitem nicht so gut, wie das von Judith, doch es war ertragbar. Zwanzig Minuten waren vergangen und sie hielt es für das beste nach Vincent zu sehen.

Ungeduldig wartete er bereits vor dem Badezimmer. Seine Brust hatte wieder die normale Farbe angenommen und mit einem verärgerten Gesichtsausdruck und einem "na endlich" schloss er sich im Badezimmer ein. Eliza atmete tief durch und begann sich umzuziehen.

Die Suche nach Unsterblichkeit #Wattys20Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt