- Kapitel 5 -

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Lukes Sicht

Abwartend saß ich auf meinem Platz, starrte an Mom vorbei, aus dem Fenster nach draußen, wo es mittlerweile regnete und knibbelte an meinen Fingernägeln.

»Ich wollte euch was fragen. Insbesondere dich Luke«, fing Mom an zu reden an. Bei der Erwägung meines Namens fing mein Herz noch schneller an zu schlagen an. »Mir ist aufgefallen, dass du in den letzten Tagen nicht viel gegessen hast. Das macht mir Sorgen. Außerdem bist du die meiste Zeit immer etwas blass und die Nase. Deshalb wollten wir dich fragen, ob es okay ist, wenn Jules dich einmal anschaut, um sicherzugehen, dass da nichts hinter steckt. Und um es dir mit deiner Angst etwas angenehmer zu machen haben wir uns gedacht, dass Akira dabei ist und Jules sie auch Mal Durchchecken kann. Das letzte Mal ist bei euch beiden ja eine Weile her«, erläuterte sie ihr Anliegen.

Mir wurde kalt und heiß zur selben Zeit und ich hatte das Gefühl, dass die Luft im Raum immer dicker wurde und drohte mich zu erdrücken.

»Das könnt ihr nicht ernst meinen«, hörte ich Akira sagen. »Doch. Das meinen wir ernst. Wir machen uns Sorgen. Besonders um Luke«, war es Mom die redete.

»Raus. Atmen. Weg«, huschte es mir durch den Kopf. Hektisch sprang ich auf und stolperte Richtung Flur.

»Nein Luke. Nicht schon wieder weglaufen«, rief jemand hinter mir.

Wie in Trance lief ich auf die Haustür zu. Schwankte mehr als das ich lief. Zitternd öffnete ich die Haustür und trat nach draußen.

»Luke, Stopp«, ertönte es hinter mir wieder. Ich ignorierte es, lief einfach weiter.
Regen prasselte mir ins Gesicht. Haare, und Kleidung blieben nicht lange trocken. Den Socken war es egal, die waren bereits nach meinen ersten Schritten nass.

Vor meinen Augen schwankte die Straße, was meine Koordination erheblich beeinflusste. So kam es, dass ich über meine eigenen Füße stolperte und ungewollt dem Boden näher kam. Irgendjemand bekam mich in letzter Sekunde zu fassen. Den Sturz konnte die Person zwar nicht verhindern, aber abgebremst wurde er.

Jemand drehte mich auf den Rücken. Hektisch versuchte ich die Hände abzuwehren. »Ich bin es nur Luke«. War das Akira? Meine Augen lieferten mir kein klares Bild und das Rauschen in meinen Ohren verhinderte, dass ich die Stimme eindeutig entziffern konnte.

Jemand zog mich mit dem Rücken an sich. »Du musst dich beruhigen«, hörte ich dieselbe Stimme wieder. Das musste Akira sein.

Inzwischen begannen meine Hände und Füße unangenehm zu kribbeln.

»Nickt erschrecken. Dir wird jetzt was auf Mund und Nase gelegt, damit du besser Luft bekommst«, warnte mich eine andere stimme vor. Wie angekündigt wurde mir was auf Mund und Nase gelegt. Es knisterte leicht und roch nach Plastik.

Im ersten Moment kam es mir so vor, als würde es meine Atemnot verschlimmern, doch bereits nach ein paar Atemzügen würde das Kribbeln in meinen Gliedmaßen weniger und ich begann besser Luft zu bekommen. »Genau so. Du machst das gut«, wurde ich gelobt.

»Achtung. Ich nehme dich jetzt hoch. Wir sollten langsam wieder rein«, wurde ich ein weiteres Mal vorgewarnt. Eine männliche Stimme. Zuordnen konnte ich sie nicht. Es hätte Jules sein können oder Dad. Egal wer es war, nach der Panikattacke war ich erledigt und nicht in der Lage mich großartig zu wehren. Die Person konnte mich ganz einfach hochnehmen und ins Haus tragen.

Als der Regen aufhörte mir ins Gesicht zu prasseln, wusste ich, dass wir drinnen waren. »Bring ihn ins Bad oben. Ich hole trockene Kleidung«. Das war Moms Stimme. Es ging die Treppe nach oben und ins Bad. Dort wurde ich abgesetzt.

Vor Kälte und Angst klapperten meine Zähne aufeinander. »Du bekommst gleich was Trockenes an, dann wird dir wieder wärmer«. Mit einer Hand rieb ich mir über die Augen. Langsam begann ich wieder klarer zu sehen, wodurch ich erkennen konnte, dass es Das war, der bei mir war.

Er war es auch der mir half mich umzuziehen und mich abzutrocknen.

»Wie geht's dir?«, fragte er mich. »Müde«, antwortete ich kurz. »Tut dir was weh?«. Verneinend schüttelte ich den Kopf. »Kannst du aufstehen?«.

»Zu viele Fragen«, beschwerte ich mich innerlich, auch wenn er es nicht böse meinte. Auf seine Frage hin versuchte ich aus der Dusche raus zu krabbeln und mich an Dad hochzuziehen. Dabei kam ich mir vor wie ein Kleinkind, dass seine ersten Stehversuche unternahm.

Kaum stand ich auf meinen Beinen bemerkte ich, wie sehr diese am Zittern waren. An laufen war nicht zu denken.

Kapitulierend setzte ich mich wieder auf den Boden. »Dann trage ich dich runter. Kannst ja schlecht da sitzen bleiben«. Mit den Worten nahm er mich bereits hoch.

»Runter? Warte. Da ist Jules«, erkannte ich die Bedeutung hinter seiner Aussage. Ihm und vielen anderen mag das unwichtig vorkommen. Mir war das ganz und gar nicht unwichtig. »Ich will in mein Zimmer«, protestierte ich. »Nicht nach den was gerade war«. Scheiße.

Ohne eine Chance zu entkommen wurde ich mit nach unten ins Wohnzimmer genommen und dort auf dem Sofa abgesetzt. Sofort durchsuchte ich den Raum nach Jules. Er saß am anderen Ende vom Sofa. Akira gesellte sich dazu. Sie setzte sich zwischen Jules und mich.

Erschöpft ließ ich mich gegen die Lehne sinken.
Ich konnte Mom und Dad leise miteinander reden hören. Was sie sagten Verstand ich nicht. Wollte ich auch nicht.

»Okay. Wir wollen die Situation ungerne ein weiteres Mal eskalieren lassen. Trotzdem kommt es nicht infrage es einfach so stehenzulassen«, wandte Mom sich, nach ihrem Gespräch mit Dad, an uns. »Wieso nicht?«, hakte Akira nach. »Schau dir Luke an. Er ist vollkommen fertig und blass ist er auch. Er war bereits vor der Panikattacke blass. Natürlich kann es vom Stress kommen, trotzdem wäre es mir lieber, wenn Jules ihn sich einmal ansieht«. »Damit er die nächste Panikattacke bekommt?«. »So weit soll es dieses Mal nicht kommen«. »Und wie wollt ihr das sicherstellen?«. Auf diese Frage von Akira war es still. Akira wollte bereits zum Reden ansetzen, doch Jules legte ihr eine Hand auf die Schulter und kam ihr zuvor: »Das führt so zu nichts außer Streit«.

»Ich habe einen Vorschlag. Lasst mich mit Luke reden. Ihr beiden ...«. Er deutete auf Mom und Dad. »... verlasst diesen Raum. Akira darf bleiben. Als Unterstützung für Luke«, forderte Jules.

Mom und Dad überlegten, nickten und verließen den Raum. Damit war ich mit Akira und Jules alleine im Wohnzimmer.
Ohne irgendeine Ahnung zu haben, was mich erwartete, eine wirklich unschöne Situation. Flucht war meine liebste Option, für diese hatte ich allerdings nicht mehr genug Energie. Leider.

WKM - Angst vor ihnen Where stories live. Discover now