19 "Aufmerksamkeitsspanne einer Amöbe?"

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"Hab Licht bei dir gesehen, nachdem ich mir noch was aus der Küche geklaut hab", gab ihr Gegenüber mit einem Schulterzucken bekannt, "aber eigentlich hab ich keinen Grund". Maila legte zum Überlegen den Kopf schief. Das einzige Licht, das den dunklen Flur erleuchtete, flutete aus ihrer Zimmertüre auf den dunklen Holzboden. Ihre Schatten fielen darüber, einer klein und einer groß.

"Wenn du mir von deinem Diebstahl was abgibst, darfst du reinkommen"

Ein Lächeln, vom matten Schimmer der Lampe perfekt ausgeleuchtet, erschien auf seinem Gesicht. Hell und dunkel spielte über seiner Mimik, und sie war fasziniert. Mal wieder, schlich sich in ihre Gedanken.

"oh", sie erkannte, dass sie ihm im Weg herumstand und trat hastig zur Seite, um die Tür freizugeben. Der eigentlich gute Plan scheiterte, als sich ihr Fuß in irgendeinem Ärmel oder Hosenbein ihrer Kleiderwiese auf dem Fußboden verfing und sie gehörig ins Straucheln kam. Der Boden schien ihr immer näher zu kommen, immerhin gut gepolstert mit ihrem Verhängnis. In dem Moment, als sie damit rechnete, der Länge nach aufzuschlagen, schlangen sich Arme um ihre Taille, die sie wieder in die Vertikale beförderten.

"zu Füßen liegen musst du mir aber nicht", lachte er amüsiert vor sich hin. Maila verdrehte die Augen und fragte sich, warum ihr das immer in seiner Gegenwart passierte, dass sie sich wie der letzte Volltrottel benahm.

Immer noch glucksend stellte er sie auf ihre Füße zurück, bevor er sanft die Tür hinter sich ins Schloss zog.

"Was hast du jetzt eigentlich geklaut?", fiel es ihr plötzlich wieder ein.

"Schokokekse", mit einem fiesen Grinsen im Gesicht hielt er sie gerade außerhalb ihrer Reichweite über ihren Kopf. Wie ein verzweifelter Hundewelpe nach dem Ball versuchte sie, zwei, drei Mal danach zu springen, bevor sie schmollend aufgab. Andrés raschelte unverschämt provozierend mit der Kekstüte. "Triple Chocolate", las er dann vor, was das Fass zum Überlaufen brachte.

"Gibst du auf?", stichelte er weiter, als sie zwei Schritte zurücktrat.

"Nö", verkündete sie grinsend, was ihn dazu brachte, sie misstrauisch zu beäugen.

Sich einen Kriegsschrei verkneifend, warf sie sich mit allem was sie hatte gegen ihn. Lachend landete er auf dem Bett, doch seine Versuche die Kekse zu beschützen, brachten ihm auch nichts mehr.

Triumphierend saß Maila an das Kopfende gelehnt da, und futterte Kekse, während er schließlich alle viere kapitulierend von sich streckte, es sich wie ein Seestern in ihrem Bett breit machend.

"Weißt du, wenn du mich in deinem Bett haben willst, hättest du nur etwas sagen müssen", er lachte dreckig.

Maila bewarf ihn als Antwort mit einem Keks, den er tatsächlich aus der Luft fing. Zufrieden kauend kam von ihm nur ein vergnügtes "Danke"

Sie sparte sich jeglichen Kommentar, als er es sich auch noch richtig gemütlich machte und fordernd die Hand nach weiteren Keksen ausstreckte.

"Krümel wenigstens nicht", rügte sie ihn dann.

Als Antwort landete sein Kopf auf ihren Beinen und ein treudoofer Blick schaute zu ihr hoch, "würde ich doch nie machen"

Die Augen rollend konnte sie sich ein Grinsen aber auch nicht unterdrücken, "jaja"

Gefräßige Stille, unterbrochen vom Geraschel der Tüte und gelegentlichen Streifen der Hände beim Angeln nach Keksen, die Maila mit einer gewissen Zufriedenheit erfüllte.

"Manchmal denke ich mir, das ganze Leben ist doch ein Widerspruch in sich. Jeder will individuell sein und gibt sich dann doch auf, sobald man in einer Beziehung ist. Jeder will etwas Besonderes sein, aber die 'Besonderen' werden wiederum von der Gesellschaft verachtet. Und ich muss das nicht mal so weit allgemein aufstellen, ich kann schon mit mir anfangen: ich wünsche mir in so vielen Momenten jemanden an meiner Seite, mit dem ich alle Erlebnisse, Gedanken teilen könnte. Anderseits denke ich mir, ich habe für mich allein noch so viel zu wachsen, so viele Dinge zu erleben, bevor ich überhaupt so teilen kann. Erinnerungen, die einfach nur mein sind, die mich gemacht haben. Ergibt das Sinn, mein Geschwafel am frühen Morgen?"

Hufspuren im SandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt