1 | Bedingungen

4.5K 233 121
                                    



L e a n o

Gereizt überfliege ich den Zettel in meinen Händen, den mir mein Großvater vor einer guten Minute überreicht hat und lasse nach dem dritten Mal lesen ungläubig davon ab. Mein Blick schnellt zu dem Mann, - dem letzten Teil, der von meiner Familie übrig geblieben ist, - und ich kann nicht glauben, was ich soeben erfahren habe.

»Du meinst das doch nicht ernst, oder?«, rufe ich nach einigen weiteren Sekunden der Stille ungläubig, und schaffe es endlich, Großvater dazu zubringen, wieder zu mir zu sehen. Auf seinem Gesicht macht sich ein scheinbar Zufriedener Ausdruck breit, als er meinen Unglauben erkennt, was mich nur noch unruhiger macht.

Nein, dass kann er nicht ernst meinen... Das muss ein schlechter Witz sein. Ein ganz ganz schlechter Witz. Alles andere wäre vollkommen unmöglich.

Meinem qualvollen Warten wird ein Ende gesetzt, als sich Großvater doch noch dazu entscheidet, mir zu antworten: »Natürlich meine ich das ernst. Oder denkst du, ich lasse aus Spaß einen Vertrag aufstellen? Ich habe dich gewarnt, dass ich dir nicht weiterhin alles durchgehen lasse, mein Junge. Und wie du siehst, halte ich mein Wort.«

Ich muss wahrscheinlich schauen wie ein Gestörter, denn ich glaube einfach nicht, dass er diese Scheiße wirklich ernst meint. Nein verdammt, lieber schmeiße ich mich vor nen fahrenden Zug!

»Glaubst du wirklich, ich mache bei dieser Scheiße mit!? Wenn ja, dann kennst du mich garnicht«, knurre ich verärgert und zerknülle den lächerlichen Vertrag in meinen Händen, um ihn dann unachtsam in eine Ecke zu schmeißen.

Was soll das überhaupt?

Was versucht er zu bezwecken?

»Leano, wenn du das Geld von mir erben möchtest, wirst du die Bedingungen erfüllen müssen. Sonst gehst du mit leeren Händen aus, und da ich dich so gut kenne, weiß ich, dass dies das Letzte ist, was du willst«, kommt es keine Sekunde später von meinem Alten zurück und ich kann die Wut nicht mehr zurückhalten, die sich in meinem Inneren anstaut und droht, wie bei einem Vulkan aus mir zu speien.

»Scheiße nein! Ich gehe sicherlich nicht auf eine staatliche Schule, irgendwo am Arsch der Welt. Du weißt wie sehr ich diese Stadt liebe und auch, dass ich es in Kleinstädten, oder wohl eher Dörfern, nicht aushalten kann! Das ist kein Leben für mich. Das kannst du nicht verlangen...«, beginne ich aufgelöst, werde jedoch abermals unterbrochen.

»Und ob ich das kann! Du wirst tun was ich von dir verlange und endlich anfangen, Verantwortung zu übernehmen und ein erwachsener Mann zu werden. Du bist gestern verdammt nochmal achtzehn geworden, doch bessern tust du dich immer noch nicht. Nein, stattdessen feierst du die ganze Nacht durch und vergnügst dich mit irgendwelchen Mädchen.« Großvater mustert mich unzufrieden. »Nicht einmal deinen Dreck kannst du wegräumen.«

Ich schnaube geladen. »Das brauche ich auch nicht, wir haben ja nicht umsonst 3 Dienstmädchen hier. Und Fuck, soll das jetzt ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk werden oder was?«

Ich kneife meine Augen zusammen und versuche mich irgendwie zusammenzureißen, doch das nützt nichts, denn umso mehr ich über seine Worte nachdenke, umso bewusster wird mir, was mir bevorsteht. Er möchte wirklich, dass ich die Stadt für ein ganzes Jahr verlasse, um in irgendeine Kleinstadt zu ziehen und dort meinen Abschluss auf einer normalen, staatlichen Schule zu machen.

Er hat sie wirklich nicht mehr alle.

»Pass auf wie du mit mir sprichst, junger Mann. Ein einziger weiterer Widerspruch und das wars endgültig mit dem Erbe. Dann heißt es für dich arbeiten. Wer weiß, vielleicht wäre das sogar das beste für dich...«

Things we share Where stories live. Discover now