5 | Der erste Eindruck

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Als ich am nächsten Morgen müde die Augen öffne, möchte ich sie am liebsten direkt wieder schließen und für den Rest des Tages im Bett liegen bleiben. Denn der Gedanke daran, gleich in diese scheiß Schule zu müssen, macht nun schon meinen Kopf auf eine Art und Weise kaputt, die ganz sicher nicht gesund ist.

Und das schon garnicht am frühen Morgen.

Doch ich schätze, ich habe keine andere Wahl. Und das sehe ich auch ein, als ich mich aus dem Bett schleppe und unter die kalte Dusche springe. Direkt am ersten Tag schon nicht in der Schule zu erscheinen, würde sicher keinen guten Eindruck machen, und ich darf nicht vergessen, dass das nun mein Abschlussjahr ist. Na gut, dass wird mich zwar dennoch nicht vom Schwänzen abhalten, aber ganz sicher davor, direkt am ersten Tag schon blau zu machen.

Denn so dumm bin selbst ich nicht.

»Guten Morgen«, kommt es von Delia, als ich fünfzehn Minuten später die Treppen runter in die Küche schlurfe. Sie schenkt mir ein Lächeln und deutet auf den Tisch, an dem bereits Rico und Nolan sitzen und etwas frühstücken. »Setz dich und iss was. Falls du irgendetwas spezielles brauchst oder willst, sag mir einfach Bescheid.«

»Danke.« Ich schenke ihr ein halbes Lächeln, ehe ich mich neben Rico setze, der mir mit einem Grinsen entgegenblickt, bevor er sich dann wieder seinem Videospiel widmet.

»Und? Hast du schon Bock auf die neue Schule?«, fragt Nolan, als er sieht, wie unmotiviert ich bin, während ich zu essen beginne.

Ich brumme. »Ja, und wie.«

»Dann warte erstmal ab, denn diese Schule ist sicher ganz anders als deine alte«, besagt Nolan, als er sich den Rest seines Toasts in den Mund schiebt und ich seufze. Ja, ich kann mir schon gut vorstellen, wie die Schule sein wird. Schließlich gibt es in dieser Stadt vielleicht gerade mal zwei davon, so klein ist es hier.

»Das einzig gute ist, dass ich mich nicht verirren kann«, murmle ich, und bringe Nolan damit zum Lachen.

Das Frühstück dauert nicht besonders lange, und als ich nach meinem Rucksack greife, tut es mir Nolan nach. »Du fährst Rico heute in die Schule, oder Mum?«, fragt er an Delia gewandt, die nur nickt und uns dann viel Spaß in der Schule wünscht, ehe sie uns gehen lässt.

Viel Spaß in der Schule...

Den Satz habe ich wirklich lange nicht mehr gehört. Um genau zu sein schon seit Jahren nicht mehr. Umso weniger kann ich ihn ernst nehmen und muss beinahe schon lachen, wenn ich daran denke, dass ich jetzt tatsächlich ein Jahr hier verbringen muss.

Ich meine, hätte sich Großvater nicht etwas anderes ausdenken können?

Eine andere Art von Bestrafung?

Etwas effektiveres?

Dann hätte ich nämlich nicht alles zurücklassen müssen und wäre jetzt auch nicht so sauer auf ihn...

»Kommst du?«, fragt Nolan und deutet auf ein Auto, welches wahrscheinlich seines ist. Ich setzte mich auf den Beifahrersitz und ziehe die Tür hinter mir zu. Im selben Moment startet Nolan den Motor.

»Wir nehmen einen kleinen Umweg, ich muss noch meinen Kumpel Owen abholen«, sagt Nolan und ich erinnere mich an den Kerl vom Boxstudio zurück.

»Ja, ich hab ihn gestern schon kennengelernt«, bemerke ich, während ich aus dem Fenster schaue und mir die vorbeiziehende Landschaft und die ganzen kleinen Familienhäuser ansehe. Hier sieht es echt anders aus als in Manhattan.

»Umso besser.« Nolan deutet mit einem Nicken nach vorne und als ich seinen Blick folge, erkenne ich auch schon Owen. Nolan hält den Wagen an und Owen setzt sich hinten rein und ich bin ehrlich erstaunt darüber, was für gute Laune der Junge an einem Montagmorgen hat.

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