03 - Zuhause

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Alle wollen die Welt verändern,aber keiner sich selbst

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Alle wollen die Welt verändern,
aber keiner sich selbst.
- Leo Tolstoi -

ZUHAUSE IST FÜR MICH immer ein Rückzugsort, weil meine Familie mir an solch bitterkalten Tagen auf eine Weise Wärme spendet, wie nur sie es vermögen

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ZUHAUSE IST FÜR MICH immer ein Rückzugsort, weil meine Familie mir an solch bitterkalten Tagen auf eine Weise Wärme spendet, wie nur sie es vermögen. Das Messer in meiner rechten Hand durchschneidet die Zwiebel mühelos, ich blinzle gegen die aufkommenden Tränen an und wische sie mir hektisch aus dem Gesicht. Die Tür schwingt auf und meine große Schwester, Theodosia, kommt hineingetänzelt. Mit der Grazie eines Schwanes schwebt sie auf mich zu und begutachtet mein Werk.

Ihr Körper hat einen geraden, aufrechten Gang, und sogar, wenn sie steht, sieht sie elegant dabei aus. »Hmm, machst du belegte Baguettes für uns?«, fragt sie lächelnd und umarmt mich herzlich. Ihr Duft, eine Mischung aus Kokoskuss und ihrem körpereigenen Geruch, steigt mir in die Nase. Ich erwidere die tröstliche Umarmung. Dann lösen wir uns voneinander, ich wende mich dem Essen wieder zu und heize den Ofen vor.

Theodosia mustert den Schmand, den ich neben die restlichen Zutaten wie Reibekäse, den wir für die Nudeln letzte Woche gebraucht haben, gestellt habe und sagt: »Für mich bitte ohne Schmand, du weißt schon, meine nächste Aufführung rückt immer näher und ich muss fit sein«

Du lächelst gequält und ich sehe die Traurigkeit in deinen Augen, Theo, wie du wie jedes Mal in deinen Magerwahn verfällst, wie du Angst hast, dicker als die anderen Tänzerinnen zu werden. Ach Theo. Warum erkennst du nicht, wie wunderschön du schon jetzt bist? Warum erkennst du nicht, dass du so, wie du bist, genug bist?

»Manchmal verstehe ich nicht, wie Leute sagen können, dass du schwach bist«, murmelt sie leise, starrt auf ihre kleinen Hände und die schmalen Handgelenke.

Ich belege die Baguettes und schneide noch schnell eine Tomate auf. Bis Theo mir direkt in die Augen sieht, ich lasse von den Tomaten ab und sehe sie ebenso an.

Wir sehen uns eigentlich sogar ziemlich ähnlich; die gleichen honigblonden Haare, die gleichen Gesichtszüge und die gleiche große, drahtige Gestalt. Wenn auch Theo wesentlich schmaler ist als ich und auch ihre Haare etwa zehn Zentimeter länger sind. Der einzige wirklich große Unterschied ist die Augen, Ihre haben einen wilden Mix aus grün und blau, sind fast schon türkis und erinnern an das Wasser in der Karibik.

LOVE LETTERS TO A STRANGERWhere stories live. Discover now