4.2 - Slash

4K 267 40
                                    

Die Sonne blinzelte zaghaft durch die Fenster, genau auf sein Gesicht. Normalerweise hätte ihn das gestört und er wäre genervt aufgesprungen, um den Vorhang zuzuziehen. Aber heute ärgerte es ihn nicht sonderlich, worüber er selbst erstaunt war. Außerdem konnte er sowieso nicht mehr schlafen; er war viel zu aufgekratzt dafür. Auch am Abend hatte er lange nicht einschlafen können, da seine Gedanken immer wieder zu Loreen gewandert waren, obwohl er versucht hatte sich abzulenken. Er konnte sie noch immer sehen - wie sie zerbrechlich und doch wunderschön vor ihm im Gras gelegen und ihre Augen voller Leben gesprüht hatten. In dem Moment war es um ihn geschehen, egal, wie sehr er versucht hatte, nie wieder jemanden an sich heran zu lassen.

Ungeduldig sprang er aus dem Bett, zog zum letzten Mal für längere Zeit die komischen Menschenklamotten, bestehend aus Jeans und Sweater, über und machte in der Küche Frühstück mit Eiern und Speck. Immerhin wollte er gestärkt in den heutigen Tag gehen, der mit Sicherheit für alle anstrengend werden würde. Aber er freute sich auch auf seine Heimat, auf das Lager und darauf, Loreen alles zu zeigen. Womöglich konnte er dabei noch einmal das Feuer in ihren Augen sehen, das sein Herz schneller zum Schlagen brachte. Auch wenn sie nur Freunde sein durften, da er ›Bell-Par‹ mit Pure war. Oder aber, er könnte mit Elderly reden - vielleicht gab es eine Möglichkeit, das zu ändern.

***

Nachdem er gegessen hatte und auch Pure und Sky in die Küche gekommen waren, wurde Slash immer unruhiger. Warum ist sie noch nicht aufgestanden? Mit einem seltsamen Gefühl in der Magengegend, ging er zu ihrem Zimmer und klopfte vorsichtig an. Da sich keiner meldete, öffnete er langsam die Tür und trat ein. »Loreen?«

Sein Herz fing an, wild zu klopfen bis zum Hals und drückte ihm die Kehle zu, als er in das leere Zimmer trat. Sicher, das Mobiliar war noch an Ort und Stelle, doch alle persönlichen Dinge von Loreen, sowie sie selbst, waren verschwunden. Mit großen Schritten eilte er durch das Zimmer, suchte nach irgendeiner Nachricht oder einer Erklärung, aber er konnte nichts finden. Wütend und verletzt ging er auf das Fenster zu, öffnete es und ließ den frischen Wind seine Gefühlsregungen dämpfen. So stand er einige Minuten da ... aber es half nichts. Also schlug er mit der Faust gegen die Wand und später auf die Matratze, um sich die Hand nicht vollständig zu ruinieren. Ihr Heiler zu Hause würde ihn nur unnötig fragen, was passiert war. Außerdem brauchte er seine Finger noch, um Waffen halten und kämpfen zu können oder um auf seiner Gitarre zu spielen.

Die Freude an dem Instrument vertrug sich nicht mit seiner lodernden Wut, die ihn immer wieder dazu trieb seine Fäuste gegen etwas zu rammen. Meist gegen Baumstämme, Wände oder Türen, was ihm schon viele ungläubige Blicke eingebracht hatte.

Als er sich wieder in den Griff bekommen hatte, wischte er fahrig über sein Gesicht, drehte sich um und verließ das Zimmer. Dabei schwor er sich, Loreen Earnest für immer aus seinen Gedanken zu verbannen. Die Tür fiel mit einem lauten Knall und all seinen Gefühlen ins Schloss.

***


Essenz der Götter I - XXL Leseprobe Where stories live. Discover now